Handlungen im Vorfeld der tatbestandlichen Ausführungshandlung / Banküberfall


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T will die Raiffeisenbank Gammesfeld, die mit einem Angestellten kleinste Bank Deutschlands, überfallen. Dafür plant er bei der täglichen Abholung der Bargeldreserven dem Angestellten das Geld noch in der Bank zu entreißen. In seinem Twingo hält er vor dem Eingang. Sodann will er aus einer Tasche die Waffe herausnehmen, sich maskieren und die Bank stürmen. Doch Polizist P nimmt T vorher fest.

Einordnung des Falls

Handlungen im Vorfeld der tatbestandlichen Ausführungshandlung / Banküberfall

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Versuch eines Raubes (§ 249 Abs. 1 StGB) ist strafbar.

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Genau, so ist das!

Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt (§ 23 Abs. 1 StGB). Der Raub ist ein Verbrechen und daher bereits im Versuch strafbar (§§ 249 Abs. 1, 12 Abs. 1 StGB). Die Regelung in § 249 Abs. 2 StGB stellt lediglich eine Strafzumessungsregelung dar und ändert nicht die Deliktsqualität des Raubes (§ 12 Abs. 3 StGB).

2. T hat „Tatentschluss“ bezüglich eines Raubes.

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Ja, in der Tat!

Tatentschluss ist der subjektive Tatbestand des Versuchs. Er umfasst den auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale gerichteten Vorsatz sowie sonstige subjektive Tatbestandsmerkmale. Der Täter hat Tatentschluss, wenn er endgültig entschlossen ist, den Deliktstatbestand zu verwirklichen. Dabei wird zur bloßen Tatgeneigtheit abgegrenzt. T ist fest entschlossen den Raub zu begehen.

3. T hat „unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt“.

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Nein!

Das objektive Tatbestandselement des Versuchs liegt im unmittelbaren Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung (§ 22 StGB). Das unmittelbare Ansetzen liegt vor, wenn der Täter subjektiv die Schwelle des „Jetzt-geht-es-los“ überschreitet und objektiv – unter Zugrundelegung seiner Vorstellung – Handlungen vornimmt, die bei ungestörtem Fortgang ohne wesentliche Zwischenschritte zur Tatbestandsverwirklichung führen oder mit ihr in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. Es kommt nach seiner Vorstellung bereits zur konkreten Gefährdung. Der BGH sieht in der Bewaffnung und Maskierung wesentliche Zwischenschritte. Eine Gefährdung lag nach der Vorstellung des Täters noch in der Zukunft. Ein unmittelbares Ansetzen ist damit nicht gegeben.

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Larzed

Larzed

23.5.2022, 17:37:41

Also hat vorliegend nur der Zufall über den Versuchsbeginn entschieden? Hätte P den T aufgehalten, wenn dieser seine Waffe auf den Angestellten gerichtet hätte, läge also ein unmittelbarer Ansetzen und damit eine Versuchsstrafbarkeit vor?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

24.5.2022, 19:30:45

Hallo Larzed, genau so ist es. Das Strafrecht ist sprichwörtlich das "schärfste Schwert" des Staates. Die daraus folgende restriktive Anwendung gebietet es, gerade in der Abgrenzung zwischen einer straflosen Vorbereitungshandlung und einem strafbaren Versuch genau zu prüfen, inwieweit bereits ein strafbares Verhalten vorliegt. Es soll gerade nicht zu einer allzu weiten Vorverlagerung der Strafbarkeit kommen. Deiner Frage entnehme ich allerdings ein gewisses Unwohlsein, dass T hier ungeschoren davon kommt. Allerdings muss man sich hier vergegenwärtigen, dass es faktisch noch zu keiner Rechtsgutsverletzung gekommen ist. Auch ist zu berücksichtigen, dass selbst bei Vorliegen eines strafbaren Versuchs dem Täter noch die Rücktrittsmöglichkeit eingeräumt wird (goldene Brücke ins Recht/ Opferschutz). Ob der Polizist allerdings damit warten muss, bis wirklich eine Gefährdung des Angestellten eintritt sei einmal dahingestellt. Hier würde man wohl bereits etwas früher das unmittelbare Ansetzen bejahen können. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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