+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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V lässt K sein Grundstück auf und bewilligt ihm eine Auflassungsvormerkung, die auch im Grundbuch eingetragen wird. Bevor K als neuer Eigentümer eingetragen wird, fällt V in die Insolvenz. Insolvenzverwalter I verwaltet nun Vs verbliebenes Vermögen.

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Einordnung des Falls

Vollwirkung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens verliert V seine Verfügungsbefugnis über das Grundstück.

Ja, in der Tat!

Nach § 80 Abs. 1 InsO verliert der Insolvenzschuldner mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens seine Verfügungsbefugnis. Diese geht auf den Insolvenzverwalter über. Zweck der Regelung: masseschmälernde Verfügungen des Insolvenzschuldners verhindern.
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2. K kann von V trotz Insolvenz weiterhin Eigentumsverschaffung fordern.

Nein, das ist nicht der Fall!

Zwar hat K einen Anspruch auf Eigentumsverschaffung gegen V aus dem Kaufvertrag (§ 433 Abs. 1 S. 1 BGB). V kann den Anspruch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens jedoch nicht mehr erfüllen. Er ist wegen § 80 Abs. 1 InsO nicht mehr verfügungsbefugt. Damit ist ihm die Erfüllung unmöglich (§ 275 Abs. 1 BGB).

3. K kann vom Insolvenzverwalter Eigentumsverschaffung fordern (§ 106 Abs. 1 InsO).

Ja, in der Tat!

Nach § 883 Abs. 2 S. 2 BGB ist die Vormerkung ausdrücklich auch gegenüber Verfügungen des Insolvenzverwalters beständig: War eine Vormerkung eingetragen, so schützt sie den Vormerkungsinhaber auch vor Verfügungen des Insolvenzverwalters, sofern die Verfügung den gesicherten Anspruch vereitelt oder beeinträchtigt. Die Verfügung des Insolvenzverwalters ist gegenüber dem Vormerkungsinhaber relativ unwirksam. Aus § 106 Abs. 1 InsO ist der Vormerkungsinhaber berechtigt, die Erfüllung des Anspruchs auf Eigentumsverschaffung vom Insolvenzverwalter zu fordern. Aufgrund dieses umfassenden Schutzes, den die Vormerkung gewährt, spricht man auch von der Vollwirkung der Vormerkung.

4. Hier kommt die sog. Vollwirkung der Vormerkung zum Tragen.

Ja!

Die Vormerkung hat drei unterschiedliche Wirkungen: (1) Rangwirkung (§ 883 Abs. 3 BGB), (2) Sicherungswirkung (relative Unwirksamkeit vormerkungswidriger Verfügungen), (3) in bestimmten Fällen Vollwirkung (§ 106 InsO; § 884 BGB; § 48 ZVG).Hier geht es um die Vollwirkung der Vormerkung.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Tigerwitsch

Tigerwitsch

22.2.2021, 18:21:19

Unterstellt, es hätte keine Vormerkung gegeben, sondern allein die Auflassung zwischen V und K. Dann müsste man doch zunächst differenzieren, ob die Auflassung verbindlich war (also notariell beurkundet). Falls nein: K hat „Pech“. G bleibt Eigentümer. Falls ja: K hätte zumindest Schadensersatzansprüche gegen den Insolvenzverwalter. G bleibt jedoch weiterhin Eigentümer. Ist das richtig?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

25.11.2021, 12:36:00

Hallo Tigerwitsch, ohne Vormerkung bliebe G tatsächlich Eigentümer. Für die Frage der Schadensersatzansprüche ist es aber egal, ob die Auflassung (dingliche Einigung) notariell beurkundet wurde. Maßgeblich ist hierfür, ob ein wirksamer schuldrechtlicher Grundstückskaufvertrag vorliegt, der aber auch der notariellen Beurkundung bedarf (

§ 311b Abs. 1 BGB

). Fehlt es an der Beurkundung, ist dieser formunwirksam und kann dann auch keine Schadensersatzansprüche begründen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

JO

Jose

12.8.2021, 12:06:07

Ist die Eigentumsübertragung an den K dem Insolvenzverwalter nicht unmöglich, weil der G Eigentümer geworden ist? Der Anspruch des K richtet sich wegen der lediglich relativen Unwirksamkeit doch dann gegen den G oder?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

11.1.2022, 19:46:14

Danke Jose, wir haben das im Sachverhalt angepasst. Sofern der Insolvenzverwalter das Grundstück veräußert hat und der Erwerber nicht zur Rückübertragung bereit ist, liegt in der Tat (subjektive) Unmöglichkeit vor (§ 275 Abs. 1 BGB). Dann kommt gegen den Verwalter und die Insolvenzmasse in der Tat nur ein Schadensersatzanspruch (§§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB) bzw. ein Anspruch auf Herausgabe des Erlöses (§ 285 BGB). in Betracht. Völlig richtig ist, dass sich K alternativ auch an den Erwerber halten kann. Aufgrund der Sicherungswirkung der Vormerkung ist er auch vor Verfügungen des Insolvenzverwalters geschützt. Die Verfügung wäre damit relativ unwirksam. Ein Anspruch gegen den Erwerber auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung (§ 888 I BGB) bestünde. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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