Bereicherungsabsicht beim Betrug: Vermögensvorteil als notwendiges Zwischenziel genügt


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Um D zu ärgern, bestellt T 50 Pizzen im Namen des D bei P. T selbst ist weder willens, noch fähig diese zu bezahlen. D verweigert bei Lieferung die Annahme, weil er nichts bestellt habe.

Einordnung des Falls

Bereicherungsabsicht beim Betrug: Vermögensvorteil als notwendiges Zwischenziel genügt

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat P durch Täuschung zu einer Vermögensverfügung bewegt, § 263 StGB.

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Genau, so ist das!

Eine Vermögensverfügung ist jedes Handeln, Dulden oder Unterlassen, das sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt . T täuschte über die Identität des Bestellers und erregte bei P den Irrtum, dass der Auftraggeber eine zahlungswillige und zahlungsfähige Person namens D sei. Zu einer Vermögensverfügung kam es dadurch, dass sich P zur Erbringung der Leistungen verpflichtet fühlte und die Pizzen herstellte.

2. P erlitt einen Vermögensschaden.

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Ja, in der Tat!

Ein Vermögensschaden ist ein negativer Saldo, welches im Wege einer Gesamtbetrachtung aller Zu- und Abflüsse im Zusammenhang mit der Vermögensverfügung ermittelt wird.. Bleibt die in Aussicht stehende Gegenleistung hinter der versprochenen Leistung des Opfers zurück, so ist dessen Vermögensbestand gemindert, also auf seiner Seite ein Schaden eingetreten. Zwischen D und P wurde kein Vertragsverhältnis begründet, so dass ein gegen P gerichteter Zahlungsanspruch als gleichwertiges Äquivalent ausscheidet. Der Anspruch gegen T als Vertreter ohne Vertretungsmacht gem. § 179 BGB war wirtschaftlich wertlos, weil die P seine Identität nicht kannte und weil T nicht zahlen konnte.

3. Weil es T nur darauf ankam, den D zu ärgern, handelte er ohne Bereichungsabsicht.

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Nein!

Die Bereichungsabsicht ist die Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. (dolus directus 1. Grades). Dabei ist ein Vermögensvorteil jede wirtschaftliche Besserstellung des Täters oder des Dritten. Es genügt, wenn der Vermögensvorteils neben anderen Zielen oder als Mittel für einen anderen Zweck angestrebt wird, d.h. der Vermögensvorteil kann als End- oder nur als notwendiges Zwischenziel von dem Täter erstrebt werden. Der Bereicherungsgegenstand liegt in der von P zugesagten Gegenleistung, die T in Stand setzte, über die Waren zu verfügen, wobei der Getäuschte in Erfüllung seiner Verpflichtungen den Weisungen des T unterlag. In dieser Dispositionsbefugnis des T liegt ein unmittelbarer Vermögensvorteil zulasten des Pizzalieferanten P. Es kann keinen Unterschied machen, ob der Täuschende die Ware zur eigenen Verfügung herausschwindelt oder ob er sie an eine andere Person liefern lässt. Aus der Anforderung es dolus directus 1. Grades, lässt sich nicht entnehmen, dass das als notwendige Zwischenziel erreichte auch wirtschaftlich ausgenutzt werden muss. Es kam dem T gerade darauf an, dass der Pizzalieferant seine Arbeitsleistung der Erstellung und Lieferung der Pizza erbrachte. Er wollte die Pizza nur nicht entgegen nehmen. T musste nach seinem Plan zwingend die wirtschaftliche Leistung des P in Anspruch nehmen, um D zu ärgern.

4. Es liegt auch Stoffgleichheit vor.

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Ja!

Stoffgleichheit liegt vor, wenn Vorteil und Schaden auf derselben Vermögensverfügung beruhen. Der von dem T erstrebte Vermögensvorteil, die Erschleichung einer Arbeits- oder Dienstleistung der Unternehmen, beruhte auf Eingehung einer vermeintlichen Verbindlichkeit seitens P. Der Schaden des P beruhte ebenfalls auf der Eingehung einer vermeintlichen Verbindlichkeit. Somit beruhten der erstrebte Vermögensvorteil und der Schaden auf derselben Vermögensverfügung. Der von dem T erstrebte Vorteil bildete die Kehrseite des Schadens der Unternehmen. Stoffgleichheit liegt damit vor.

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