Öffentliches Recht
Examensrelevante Rechtsprechung ÖR
Entscheidungen von 2020
Corona: Verbot einer Dauermahnwache in Berlin
Corona: Verbot einer Dauermahnwache in Berlin
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Veranstalter V möchte ein Protestcamp in Berlin gegen die staatlichen Maßnahmen der Covid-19-Pandemie ausrichten. Die Versammlungsbehörde verbot diese Dauermahnwache. Bereits in der Vergangenheit, hatte V ähnliche Veranstaltungen organisiert, welche aufgrund zahlreicher Verstöße gegen Auflagen aufgelöst wurden. V wendet sich gegen dieses Verbot im Eilverfahren an das BVerfG.
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Einordnung des Falls
Corona: Verbot einer Dauermahnwache in Berlin
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 15 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Grundsatz der Subsidiarität gilt auch im verfassungsrechtlichen Eilrechtsschutzverfahren.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Das OVG lehnte V‘s Eilantrag ab. Seine Angaben genügten nicht um festzustellen, ob das Protestcamp eine Versammlung i.S.v. Art. 8 Abs. 1 GG ist. V konkretisierte seine Anmeldung. Er kann das BVerfG direkt anrufen.
Nein, das trifft nicht zu!
3. Das BVerfG hat abschließend geklärt, dass Art. 8 Abs. 1 GG die Einrichtung von Protestcamps schützt.
Nein!
4. Vorausgesetzt das Protestcamp ist von Art. 8 Abs. 1 GG geschützt. Das Recht für Versammlungen unter freiem Himmel kann beschränkt werden.
Genau, so ist das!
5. Ein Eingriff in die Versammlungsfreiheit zum Schutz des Grundrechts Dritter auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG kann gerechtfertigt werden.
Ja, in der Tat!
6. Im Eilverfahren vor dem BVerfG sind in der Begründetheit die Erfolgsaussichten in der Hauptsache grundsätzlich entscheidend.
Nein!
7. Vorliegend sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu prüfen.
Genau, so ist das!
8. Fraglich ist, ob die Verfassungsbeschwerde offensichtlich Erfolg hat, daher ob die Grundrechte des V offensichtlich verletzt sind. Es gibt eine mildere, ebenso geeignete Maßnahme wie ein Verbot.
Nein, das trifft nicht zu!
9. Die landesrechtliche InfektionsschutzVO schreibt nicht allgemein das Tragen einer Maske oder eine maximale Teilnehmerzahl bei Versammlungen vor. Die Versammlungsbehörde darf strengere Auflagen verfügen.
Ja!
10. Durch das Verbot sind Grundrechte von V offensichtlich verletzt, sodass eine einstweilige Anordnung ergehen muss.
Nein, das ist nicht der Fall!
11. Nachdem das BVerfG keine offensichtliche Grundrechtsverletzung festgestellt hat, nimmt es eine Folgenabwägung vor. Sind hierfür die Erfolgsaussichten in der Hauptsache entscheidend?
Nein, das trifft nicht zu!
12. Falls keine einstweilige Anordnung ergeht, aber sich das Verbot später als verfassungswidrig herausstellt, wäre V in seinem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit verletzt.
Ja!
13. Falls eine einstweilige Anordnung ergeht, aber sich das Verbot später als rechtmäßig herausstellt, sind ebenfalls Grundrechte von hohem Gewicht betroffen.
Genau, so ist das!
14. Die Abwägung geht zum Nachteil des V aus. Nur wenn V ein neues Hygienekonzept vorlegt, das hinreichend Schutz vor Infektionsgefahren sicherstellt, ginge die Abwägung zu seinen Gunsten aus.
Ja, in der Tat!
15. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, nimmt das BVerfG eine Folgenabwägung unter Zugrundelegung der sogenannten Doppelhypothese vor.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Philipp Paasch
8.6.2022, 23:37:30
Guter Fall. Könntet ihr bei der Gelegenheit vielleicht noch etwas zur Doppelhypothese sagen? :-)
Nora Mommsen
1.7.2022, 11:54:49
Hallo Philipp Paasch, ein Kapitel zur Doppelhypothese nehmen wir direkt mit auf unsere To-Do Liste. Hier müssen wir dich leider noch um etwas Geduld bitten. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Nora Mommsen
1.7.2022, 12:15:44
PS. Die Aufgabe selbst hat die Abwägung der Doppelhypothese bereits enthalten. Wir haben aber noch eine Frage ergänzt, um dies etwas deutlicher herauszuarbeiten. Ich hoffe dadurch, wird es klarer. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Philipp Paasch
15.2.2023, 11:17:04
Super, vielen Dank. :)
Eichhörnchen I
15.2.2023, 09:23:12
Hallo, eine Frage möchte wissen, ob mildere Maßnahmen als das Verbot besteht. Dies wird verneint mit der Begründung, dass vergleichbare Veranstaltungen von V wegen zahlreicher Verstöße bereits aufgelöst wurden. Dies ergibt sich aber nicht aus dem Sachverhalt. Beste Grüße
Nora Mommsen
16.2.2023, 11:07:01
Hallo Eichhörnchen I, danke für dein Feedback zur Aufgabe. In der Tat war der Sachverhalt dazu sehr kurz geraten. Wir haben ihn nun entsprechend ergänzt. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
meentangled
6.12.2023, 15:46:46
Hallo, danke für den Fall :) Eine Frage zu der Formulierung bei der Subsumtion der Doppelhypothese: im ersten Schritt wird gesagt, dass bei Nichtergehen des einstweiligen Rechtsschutzes, aber Erfolg der Hauptsache eine Grundrechtsverletzung vorläge. Kann ich für diese Erwägung auch den Ausdruck Grundrechtseingriff verwenden, oder muss es als Grundrechtsverletzung formuliert werden? Vielen Dank!
Linne_Karlotta_
22.11.2024, 16:51:27
Hallo @[meentangled](214066), danke für deine Frage. Der Unterschied zwischen den beiden Formulierungen besteht darin, dass eine Grundrechtsverletzung vorliegt, wenn (1) in ein Grundrecht eingegriffen wurde und dieser Eingriff (2) nicht gerechtfertigt ist. Ein Grundrechtseingriff hingegen muss nicht zwangsläufig auch zu einer Verletzung des Grundrechts führen, denn der Eingriff kann gerechtfertigt sein. Daher kannst du die Begriffe - hier und in anderen Fällen – nicht einfach austauschen. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team