Rechtswegfremde Gegenforderung

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K klagt gegen B auf Zahlung von €10.000 beim Landgericht. B rechnet mit einer angeblichen, bestrittenen Forderung in Höhe von €3.000, für die die Arbeitsgerichtsbarkeit zuständig ist, auf.

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Einordnung des Falls

Rechtswegfremde Gegenforderung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Landgericht, bei dem K Klage erhoben hat, ist für eine Forderung über €3.000 sachlich grundsätzlich nicht zuständig (§71 Abs. 1, 23 Nr.1 GVG).

Ja, in der Tat!

Nach § 23 Nr.1 GVG ist das Amtsgericht für Streitigkeiten über Ansprüche, die €5.000 nicht übersteigen, grundsätzlich zuständig. Ausnahme: Das Landgericht ist nach § 71 Abs.2 GVG ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig. Da der Wert der Gegenforderung €3.000 ist und ein Fall des § 71 Abs.2 GVG nicht vorliegt, wäre grundsätzlich das Amtsgericht für die Gegenforderung sachlich zuständig.
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2. Die Aufrechnung mit einer Forderung, für die die Amtsgerichte sachlich zuständig sind, ist im Prozess vor dem Landgericht generell ausgeschlossen.

Nein!

Die örtliche und sachliche Zuständigkeit spielen bei der Aufrechnung keine Rolle. Das Gericht, bei dem die Klage erhoben wurde, ist auch dann für die Gegenforderung zuständig, wenn es im Fall einer aktiven Klage sachlich oder örtlich unzuständig wäre.

3. Der Zulässigkeit der Aufrechnung steht hier aber nach h.M. entgegen, dass die Gegenforderung einem anderen Rechtsweg (Arbeitsgerichtsbarkeit) angehört.

Genau, so ist das!

Es ist umstritten, ob das Gericht über eine Gegenforderung entscheiden darf, die einem anderen Rechtsweg (z.B. Arbeits-/Verwaltungsgerichtsbarkeit) angehört. Nach hM hindert die Unzulässigkeit des Rechtswegs eine Entscheidung der Gegenforderung. Dadurch werde der Zweck der Rechtswegaufteilung (Sachnähe, Fachkompetenz) gewahrt. Ausnahmsweise ist eine Entscheidung über eine rechtswegfremde Gegenforderung zulässig, wenn sie unstreitig oder rechtskräftig festgestellt ist.Nach a.A. erlaube § 17 Abs.2 GVG dem Gericht, einen Rechtsstreit unter allen rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden, insb. auch über rechtswegfremde Gegenforderungen.

4. Das Landgericht, bei dem K Klage eingereicht hat, muss aufgrund der rechtswegfremden Gegenforderung nun das Verfahren aussetzen (§ 148 ZPO) und eine Entscheidung des zuständigen Gerichts abwarten.

Ja, in der Tat!

Wenn die Gegenforderung in einen anderen Gerichtszweig gehört (rechtswegfremde Gegenforderung), ist die Aufrechnung nur zulässig, wenn (1) die Gegenforderung unbestritten ist oder über sie bereits rechtskräftig entschieden wurde. Ist dies nicht der Fall, muss das Gericht das Verfahren nach § 148 ZPO aussetzen und - sofern im anderen Gerichtszweig vom Beklagten noch keine Klage erhoben wurde - diesem eine Frist zur Klageerhebung zu setzen. Bei fruchtlosem Fristablauf ist über die Klage ohne Berücksichtigung der Aufrechnung zu entscheiden; der Aufrechnungseinwand ist zurückzuweisen (analog § 296 Abs.2 ZPO). Die rechtswegfremde Gegenforderung des B ist weder unbestritten noch rechtskräftig festgestellt. Das Landgericht muss daher das Verfahren nach § 148 ZPO aussetzen, damit B beim Arbeitsgericht Klage erheben kann.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

ALE

Aleks_is_Y

17.4.2024, 18:30:03

Aus den Erklärungen geht nicht hervor, dass herrschende Lehre auch der Praxis in der Rechtsprechung entspricht (was ich jetzt implizit annehme), dies sollte klargestellt werden.

nboss

nboss

13.5.2024, 13:58:04

Mich lässt die Frage jetzt auch ein bisschen ratlos da, welche Meinung denn jetzt die der Rspr. Ist.


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