Öffentliches Recht

Grundrechte

Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG)

Persönlicher Schutzbereich: Inländische juristische Personen des Privatrechts 2

Persönlicher Schutzbereich: Inländische juristische Personen des Privatrechts 2

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Die Y-OHG betreibt ein lukratives Import-Export-Geschäft. Die zuständige Steuerbehörde stellt massive Unregelmäßigkeiten fest und schließt kurzerhand den Betrieb der Y-OHG.

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Einordnung des Falls

Persönlicher Schutzbereich: Inländische juristische Personen des Privatrechts 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Inländische juristische Personen des Privatrechts können sich auf Grundrechte berufen, soweit diese ihrem Wesen nach auf sie anwendbar sind (Art. 19 Abs. 3 GG).

Ja, in der Tat!

Inländische juristische Personen können sich auf Grundrechte berufen, soweit diese "ihrem Wesen nach" auf sie anwendbar sind (Art. 19 Abs. 3 GG). Grundrechte sind ihrem Wesen nach auf juristische Personen anwendbar, wenn das Grundrecht kollektiv ausgeübt werden kann, d.h. wenn das Grundrecht nicht an natürliche Eigenschaften des Menschen anknüpft. Maßgeblich ist hierbei, welche Freiheitsräume die Grundrechte schaffen sollen und ob die juristische Person diese Freiheitsräume auch nutzen kann.
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2. Die Y-OHG ist eine Personenvereinigung und keine juristische Person im Sinne des Privatrechts. Ihr ist deshalb eine Berufung auf Art. 19 Abs. 3 GG versagt.

Nein!

Der Begriff "juristische Personen" im Sinne des Art. 19 Abs. 3 GG wird untechnisch verstanden und knüpft nicht an die Regelungen des einfachen Rechts an. Andernfalls könnte der Gesetzgeber die Schutzwirkungen der Grundrechte für Personenmehrheiten ausschließen und sich seiner Grundrechtsverpflichtung (Art. 1 Abs. 3 GG) entziehen. Deshalb sind von Art. 19 Abs. 3 GG nicht nur juristische Personen im (Zivil-)Rechtssinne erfasst, sondern auch (teil-)rechtsfähige Personenvereinigungen (etwa GbR (§ 705 Abs. 1 BGB), OHG (§ 105 Abs. 1 HGB), KG (§ 161 Abs.1 HGB), nicht eingetragener Verein) und sogar nicht rechtsfähige Personenmehrheiten. Die Y-OHG kann sich auf Art. 19 Abs. 3 GG berufen.

3. Die Berufsfreiheit kann kollektiv ausgeübt werden. Die Y-OHG kann sich daher auf die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG) berufen.

Genau, so ist das!

Inländische juristische Personen und Personenvereinigungen des Privatrechts sind Grundrechtsträger der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG). Die Berufsfreiheit ist "ihrem Wesen nach" auf sie anwendbar. Grund: Die Wahrnehmung der Berufsfreiheit knüpft nicht an natürliche Eigenschaften des Menschen an. Vielmehr wird die berufliche Tätigkeit oft und regelmäßig von und in juristischen Personen und Personenvereinigungen des Privatrechts ausgeübt. Der persönliche Schutzbereich ist für die Y-OHG eröffnet.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

JU.S

Ju.Swerve

22.10.2022, 16:16:56

Müsste da nicht das Stichwort der „grundrechtsspezifischen Gefahrenlage“ kommen?

Sambajamba10

Sambajamba10

1.7.2023, 13:29:05

Es gibt ja auch die

Lehre vom personalen Substrat

. Ich denke, dass das hier so unproblematisch ist, dass es keiner ausdrücklichen Erwähnung bedarf

Amelie

Amelie

11.7.2024, 16:06:43

Was wird unter “nicht rechtsfähige Personenmehrheiten” verstanden? Z.B. auch eine Gruppe KollegInnen?

Sassun

Sassun

7.10.2024, 17:14:49

Ich hätte primär an Kodifiziertes wie zB die Erbengemeinschaft nach §§ 2032 ff. BGB gedacht

Sassun

Sassun

9.10.2024, 11:37:55

Aus irgendwelchen Gründen kann ich meinen Kommentar nicht bearbeiten. Eine Gruppe von Kollegen wäre keine "nicht rechtsfähige Personenmehrheit". Es braucht eine gewisse Struktur und Dauerhaftigkeit. Paradebeispiele sind lang bestehende Bürgerinitiativen oder nicht rechtsfähige Vereinigungen. Mein Erbengemeinschaftsbeispiel dürfte etwas hinken, immerhin ist ihr Zweck die Auseinandersetzung.


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