Strafrecht
Strafprozessrecht
Das Erkenntnisverfahren
Rechtsprechungsänderung: Rechtsstaatswidrige Tatprovokation als Verfahrenshindernis
Rechtsprechungsänderung: Rechtsstaatswidrige Tatprovokation als Verfahrenshindernis
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Gegen A besteht Anfangsverdacht wegen BtMG-Straftaten. Observationen bleiben ohne Ergebnis. Der verdeckte Ermittler P täuscht A bewusst wahrheitswidrig vor, dass P sich in Lebensgefahr befände, wenn er Dritten kein Ecstasy liefere. A vermittelt den Kontakt zu X, von dem P Drogen in nicht geringer Menge erhält. A erhält keine Vergütung.
Diesen Fall lösen 66,2 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Rechtsprechungsänderung: Rechtsstaatswidrige Tatprovokation als Verfahrenshindernis
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Wenn P den A rechtswidrig zur Tat provoziert hat, ist dies im Rahmen der Strafzumessung bei A strafmildernd zu berücksichtigen.
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. Wenn P den A rechtswidrig zur Tat provoziert hat, folgt daraus ein umfassendes Beweisverwertungsverbot.
Nein, das trifft nicht zu!
3. P hat A rechtmäßig provoziert, weil der Anfangsverdacht gegen A stärker wog als die Einwirkungen des P auf den Tatentschluss des A.
Nein!
4. A hat den Tatbestand der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§§ 29 Abs. 1 S. Nr. 1 Var. 3 BtMG, 27 Abs. 1 StGB) erfüllt.
Genau, so ist das!
5. Eine rechtswidrige Provokation des A durch P liegt vor, wenn die Einwirkungen des P den Anfangsverdacht gegen A deutlich überwiegen.
Ja, in der Tat!
6. Wenn P den A rechtswidrig zur Tat provoziert hat, kann A nicht verurteilt werden. Das Verfahren wird dann eingestellt (Verfahrenshindernis nach § 206a, 260 Abs. 3 StPO).
Ja!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
AliDaei24
21.9.2021, 12:49:25
Zur ersten Frage: wie kann der Tatbestand der Beihilfe ohne Haupttat vorliegen? Handelt es sich hier nicht lediglich um einen Versuch?
Lukas_Mengestu
5.11.2021, 11:46:26
Hallo AliDaei24, wir haben den Sachverhalt nochmal ein wenig präzisiert. Vorliegend ging es um eine Dreierkonstellation: A vermittelt den Kontakt zwischen dem Ermittler P und einem Dealer. Insofern liegt eine vollendete Beihilfe im Hinblick auf das Handeltreiben des Dealers vor und nicht bloß ein Versuch. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
janaro
12.4.2022, 09:48:25
Es kann doch auch vollendete Beihilfe zur versuchten Haupttat vorliegen. Das ist sogar möglich, wenn vom Versuch strafbefreiend zurückgetreten worden ist.
Lukas_Mengestu
13.4.2022, 16:25:42
Hallo janaro, vielen Dank für deine Anmerkung. Zwar kann auch Beihilfe zu einer versuchten Haupttat vorliegen, aber auch in diesem Fall liegt ja eine (versuchte) vorsätzliche, rechtswidrige Tat vor. Wurde die Haupttat noch nicht einmal versucht, so liegt lediglich eine straflose versuchte Beihilfe vor. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
asanzseg
28.9.2023, 10:59:26
Hi! Dieser Fall ist m.A.n. Ein überragend wichtiger Fall in der Straf
prozessgeschichteinsbesondere aufgrund der Entscheidung des EMGR. Ich würde mir wünschen dass es in „wichtigste Entscheidungen der mündlichen Prüfung“ mitaufgenommen wird. Liebe grüße