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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K kauft von V einen Neuwagen zum Preis von 50.000 €. Bei Anlieferung hat dieses eine kleine Delle (Kosten: 200 €). V will nicht nachbessern. Stattdessen bietet er einen Reparaturzuschuss an. K weist das Auto zurück und verweigert die Zahlung. V holt das Auto ab und liefert es K nach erfolgter Reparatur erneut. V begehrt nun Schadensersatz wegen Lagerkosten und Verzugszinsen.

Einordnung des Falls

Leistungsverweigerungsrecht wegen Geringfügigkeit

Dieser Fall lief bereits im 1./2. Juristischen Staatsexamen in folgenden Kampagnen
Examenstreffer 2020

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 10 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. V hat einen Anspruch gegen K aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB, wenn K im Verzug war.

Genau, so ist das!

Der Anspruch auf Ersatz von Verzugszinsen folgt aus §§ 280 Abs. 1,2, 286, 288 BGB (beachte die Binnendifferenzierungen hinsichtlich der Zinshöhe in § 288 BGB). Für die Lagerkosten besteht ein solcher Anspruch aus Schuldnerverzug nur, wenn es sich bei der Annahme des Wagens um eine geschuldete Hauptleistung handelte (Auslegungsfrage), hier wohl zu bejahen.

2. Er geriet nicht mit der Kaufpreiszahlung in Verzug, wenn er sich auf die Einrede des § 320 BGB berufen konnte.

Ja, in der Tat!

Verzug setzt gemäß § 286 Abs. 1 BGB voraus, dass der Schuldner auf eine fällige und durchsetzbare Forderung trotz Mahnung nicht zahlt. Durchsetzbar bedeutet, dass die Forderung nicht einredbehaftet sein darf. Die Einrede des § 320 BGB schließt (ebenso wie die Einrede aus §§ 214, 379, 438 Abs. 4, 771, 821, 853, 2014f. BGB, vgl. Grüneberg, in: Palandt, 78. A., § 286 RdNr. 10) den Verzug aus, OHNE dass der Schuldner sich hierauf beruft! Anders bei der Einrede des § 273 BGB: Wegen der Abwendungsbefugnis des Gläubigers (§ 273 Abs. 3 BGB) hindert die Einrede den Verzug nur, wenn sie geltend gemacht wird.

3. Der PKW wies einen Sachmangel auf, sodass die Einrede des § 320 BGB hinsichtlich der Kaufpreiszahlung besteht.

Ja!

Nach § 433 Abs. 1 S. 2 hat der Schuldner die Sache frei von Sachmängeln zu verschaffen. Die Parteien hatten einen Kaufvertrag über einen Neuwagen geschlossen. Dabei handelt es sich um eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 1 BGB. K hatte daher einen Anspruch auf Lieferung eines einwandfrei lackierten Fahrzeugs. Hingegen wies das gelieferte Auto einen Lackschaden auf, sodass insofern ein Sachmangel vorlag. Dieser begründet ein die gesamte Forderung erfassendes Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 320 Abs. 1 BGB.

4. Der Einwand des § 320 BGB kann gemäß § 242 ausgeschlossen sein.

Genau, so ist das!

BGH: § 320 BGB verfolge den Zweck, den Gläubiger den Anspruch auf die Gegenleistung zu sichern und Druck auf den Schuldner auszuüben, um ihn zu vertragsgemäßer Leistung anzuhalten. Zwar könne der Käufer die Kaufpreiszahlung ausnahmsweise gemäß § 320 Abs. 1 BGB nicht oder nicht vollständig verweigern, wenn dies nach den Gesamtumständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit der Pflichtverletzung des Verkäufers gegen Treu und Glauben verstoße. Maßgebend seien die Umstände des Einzelfalls (BGH, RdNr. 23).

5. Der Einwand des § 320 BGB ist vorliegend nach diesen Grundsätzen ausgeschlossen.

Nein, das trifft nicht zu!

BGH: Vorliegend sei nicht auf die geringen Kosten der Nachbesserung abzustellen, sondern dass der V dem K zunächst nicht einmal angeboten habe, selbst für die Behebung des Schadens zu sorgen. Vielmehr habe V zunächst nur eine Zuzahlung hierzu angeboten. Die Reparatur habe jedoch hinsichtlich der Verantwortung und des Risikos dem V oblegen. Daneben indiziere auch der Verstoß gegen die vereinbarte Beschaffenheit (hier: Fabrikneuheit) regelmäßig die Erheblichkeit der Pflichtverletzung des Verkäufers. (BGH, RdNr. 24f).

6. Auch hinsichtlich des Standgeldes (Lagerkosten) schließt die Einrede des § 320 BGB den Verzug des K aus.

Nein!

BGH: Das Leistungsverweigerungsrecht (§ 320 Abs. 1 BGB) stand dem K gegenüber einem Anspruch auf Abnahme der Kaufsache (§ 433 Abs. 2 BGB) nicht zu. Die Pflicht auf Abnahme der Kaufsache stelle im Allgemeinen keine Gegenleistung für die Lieferung der Kaufsache dar und stehe daher nur in einem Ausnahmefall in einer synallagmatischen Verknüpfung zur Lieferung, wie es Voraussetzung des § 320 Abs. BGB wäre. Indes war K zur Verweigerung der Abnahme gemäß § 273 Abs. 1 BGB berechtigt, weil kein mangelfreies Auto angeboten wurde. Diese habe er stillschweigend durch Zurückweisung des gelieferten Autos geltend gemacht (BGH, RdNr. 27f.).

7. Das Zurückbehaltungsrecht aus § 273 Abs. 1 BGB ist ausgeschlossen, weil der Lackkratzer ein geringfügiger behebbarer Mangel ist.

Nein, das ist nicht der Fall!

BGH: § 433 Abs. 1 S. 2 BGB unterscheide nicht zwischen erheblichen und unerheblichen Pflichtverletzungen des Verkäufers. Anders als bei §§ 323 Abs. 5 S. 2, 281 Abs. 1 S. 3 gehe es darum, dem Käufer unter Hinweis auf einen behebbaren Mangel die Möglichkeit zu geben, die mangelhafte Sache zurückzuweisen. Dadurch erhalte der Käufer das erforderliche und nach der gesetzlichen Konzeption vorgesehene Druckmittel, um den Verkäufer zur ordnungsgemäßen Erfüllung des Kaufvertrags anzuhalten. Der Verkäufer könne nicht erwarten, dass der Käufer eine mangelhafte Sache annehme, um sodann Mängelrechte geltend zu machen. § 640 Abs. 1 S. 2 BGB sei nicht analog anwendbar, da es sich um ein Spezifikum des Werkvertragsrechts handele (BGH, RdNr. 32f.).

8. Auch das Zurückbehaltungsrecht des § 273 BGB steht unter dem Vorbehalt der unzulässigen Rechtsausübung.

Ja, in der Tat!

BGH: Das Zurückbehaltungsrecht des § 273 BGB dürfe nicht in einer gegen Treu und Glauben verstoßenden Weise ausgeübt werden. Besondere Umstände sind vorliegend aber nicht ersichtlich (BGH, RdNr. 37).

9. V hat gegen K aber zumindest einen Anspruch aus § 304 BGB auf Ersatz der Lagerkosten.

Nein!

Ein Anspruch auf Ersatz der Mehraufwendungen nach § 304 BGB setzt voraus, dass sich der Gläubiger im Annahmeverzug befindet. Gemäß § 294 BGB kommt der Gläubiger nur in Annahmeverzug, wenn ihm die Leistung so angeboten wurde, wie sie zu bewirken ist. Daran fehlt es vorliegend, weil das Auto nicht frei von Sachmängeln angeboten wurde. V kann die Lagerkosten somit auch nicht als Mehraufwendungen nach § 304 BGB ersetzt verlangen.

10. V hat gegen K einen Anspruch aus § 448 Abs. 1 Hs. 1 BGB.

Nein, das ist nicht der Fall!

Hätte der K das Fahrzeug abgenommen, stünde § 439 Abs. 2 BGB der Erstattung von Transportkosten und Standgeld entgegen. Die Norm soll die Unentgeltlichkeit der Nacherfüllung gewährleisten, weswegen der Verkäufer alle zum Zweck der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen zu tragen hat, sofern ein Mangel vorliegt. Sofern – wie vorliegend – erforderlich ist, dass der Verkäufer die Sache wieder an sich nimmt, hat er die Kosten zu tragen.

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