Zivilrecht
Examensrelevante Rechtsprechung ZR
Entscheidungen von 2022
Konkludente Fortsetzung eines Mietverhältnisses?
Konkludente Fortsetzung eines Mietverhältnisses?
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Vermieterin V kündigt Gewerbemieter M fristlos, da M drei Monate keine Miete zahlt. Daraufhin zahlt M das Geld nach. Die Mietsache behält er, obwohl V diese mehrfach herausverlangt. M zahlt die bisherige Miete weiter. Ein Jahr später zieht M aus ohne V für die letzten zwei Monate bezahlt zu haben. § 545 BGB war vertraglich ausgeschlossen.
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Einordnung des Falls
Konkludente Fortsetzung eines Mietverhältnisses?
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. V könnte gegen M einen Anspruch auf Zahlung der ausstehenden Nutzungsentschädigung aus § 546a Abs. 1 BGB haben.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Mietverhältnisse sind nur ordentlich kündbar, weshalb die Kündigung der V unwirksam war.
Nein!
3. V konnte M zunächst wirksam außerordentlich fristlos kündigen, weil M mit der Miete in Verzug war (§ 543 BGB).
Genau, so ist das!
4. Durch die Nachzahlung der ausstehenden Miete durch M ist die Kündigung der V aber nachträglich unwirksam geworden, sodass das Mietverhältnis fortbesteht (§ 569 BGB).
Nein, das trifft nicht zu!
5. Das Mietverhältnis wurde aber aufgrund Ms fortgesetztem Verbleib in dem Gewerberaum auf unbestimmte Zeit verlängert (§ 545 BGB).
Nein!
6. Beendete Mietverhältnisse können grundsätzlich konkludent neu begründet werden.
Genau, so ist das!
7. V hat das Entgelt von M widerspruchslos entgegengenommen, sodass das Mietverhältnis konkludent neu begründet wurde.
Nein, das trifft nicht zu!
8. M hat gegen die bestehende Rückgabepflicht aus § 546 BGB verstoßen, sodass V ein Anspruch auf Zahlung der Nutzungsentschädigung zusteht.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Sambadi
19.10.2023, 18:13:47
Reicht die alleinige Aufforderung zur Herausgabe über einen so langen Zeitraum wirklich aus? Weil V hätte innerhalb des Jahres ja auch eine Räumungsklage einreichen können um Ihr Recht durchzusetzen. So aber ist V in einer bequemen Position, dass Sie über ein ihr beliebigen Zeitraum nur zu sagen braucht „ich will dich raus haben“, aber trotzdem die Miete entgegennehmen kann und faktisch nur die Vorzüge Ihrer Position als Vermieterin genießt, ohne an irgendwelche Pflichten gebunden zu sein. Zumal ja nach dieser Argumentation kein Mietverhältnis besteht und sie die „Miete“ als Nutzungsentschädigung behalten darf.
gottloser Vernunftsjurist
22.1.2024, 23:22:16
Das lässt sich auch hören. Irgendwo müsste es da ja auch eine Grenze geben, die hier in dem Urteil noch nicht ausgelotet wurde. Da das nicht geschehen ist, wird die Grenze, die dann ein neues, konkludent zustande gekommenes MV indiziert, noch weiter hinten liegen.
Timurso
26.8.2024, 12:33:34
Ich muss meinen beiden Vorrednern hier widersprechen. Ich finde es 1. absolut gerechtfertigt, dass V in einem solchen Fall besser gestellt ist, schließlich ist sie in der Nutzung ihres Eigentums erheblich eingeschränkt. Und 2. ist meiner Meinung nach auch für die Konstruktion eines konkludenten Vertrages kein Raum, wenn die V dem ausdrücklich widerspricht. Und zwar unabhängig davon, wie viel Zeit seit der Beendigung des Mietvertrags vergangen ist. Beides sehe ich auch nicht dadurch eingeschränkt, dass die V klagen könnte. Sie hat keine
Obliegenheit, ihre absoluten Rechte gerichtlich geltend zu machen. Es ist vielmehr das Problem des Mieters, wenn er gegen den Willen der V die Herausgabe verweigert und dadurch einen rechtswidrigen Zustand aufrechterhält.