Zivilrecht

Sachenrecht

Sicherungsrechte an beweglichen Sachen

Vereitelung von Zwischenverfügungen - Gutgläubigkeit

Vereitelung von Zwischenverfügungen - Gutgläubigkeit

14. Juni 2025

4 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A kauft bei U am 12.03. eine Diamantkette, deren Eigentum bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung bei U verbleibt. Am 12.04. übereignet U unter Abtretung des Herausgabeanspruchs das Amulett an ihre Freundin F. F weiß nichts von dem Eigentumsvorbehalt. Am 25.05. bezahlt A den Kaufpreis.

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Einordnung des Falls

Vereitelung von Zwischenverfügungen - Gutgläubigkeit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Mit dem Eintritt der aufschiebenden Bedingung erstarkt das Anwartschaftsrecht beim vereinbarten Eigentumsvorbehalt zum Vollrecht (Eigentum).

Ja!

Beim Eigentumsvorbehalt steht der Erwerb des Eigentums durch den Erwerber unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung. Mit Kaufpreiszahlung geht das Eigentum automatisch auf den Erwerber über. Etwaige Zwischenverfügungen sind absolut unwirksam (§ 161 Abs. 1 S. 1 BGB).Mit Kaufpreiszahlung am 25.05. tritt die Bedingung ein. Dem Eigentumserwerb steht grundsätzlich auch eine Zwischenverfügung nicht entgegen.
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2. Da F von dem Eigentumsvorbehalt keine Kenntnis hatte, ist durch ihren zwischenzeitlichen Erwerb das Anwartschaftsrecht des A erloschen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach § 161 Abs. 3 BGB finden im Falle von Zwischenverfügungen die Vorschriften zum Rechtserwerb vom Nichtberechtigten entsprechende Anwendung. Demnach erlöschen grundsätzlich die Rechte Dritter an der Sache (gutgläubiger lastenfreier Erwerb, § 936 Abs. 1 S. 1 BGB). Dies gilt aber im Falle der Übereignung nach § 931 BGB nicht, wenn dem dritten Besitzer das Recht zusteht (§ 936 Abs. 3 BGB).A stand an der Kette ein Anwartschaftsrecht zu. Zwar hat F das Eigentum an der Kette vorübergehend nach § 929 S. 1, 931 BGB erworben, ohne dass sie wusste, dass daran ein Anwartschaftsrecht bestand. Da A aber im Besitz der Kette war, führt Fs Gutgläubigkeit nicht zum Untergang des Anwartschaftsrechts.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

suessmaus

suessmaus

23.8.2023, 21:57:19

Könntet ihr noch ein Beispiel zu dem "Standardfall" des § 161 III bringen? Also wenn der Gutgläubige nach § 936 I lastenfreies Eigentum erwirbt - sodass das AWR erlischt

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

24.8.2023, 12:54:10

Hallo suessmaus, der vermeintliche "Standardfall" des § 161 Abs. 3 BGB kommt tatsächlich im Hinblick auf das

Anwartschaftsrecht

in der Regel nicht zum tragen. Das

Anwartschaftsrecht

setzt ja voraus, das bei einem mehraktigen Erwerbstatbestand der Gläubiger (zB Käufer) so viele Erfordernisse erfüllt hat, dass der Eigentumserwerb vom

Schuld

ner (zB Verkäufer) nicht mehr einseitig verhindert werden kann. Im Mobiliarsachenrecht spielt das

Anwartschaftsrecht

beim Eigentumsvorbehalt und bei der

Sicherungsübereignung

eine Rolle. In beiden Fällen ist der Anwartschaftsberechtigte im Besitz der Sache. Eine Eigentumsübertragung an Dritte ist in diesen Fällen also stets nur nach §§ 929 S. 1, 931, (934) BGB möglich, sodass stets § 936 Abs. 3 BGB analog den lastenfreien Erwerb verhindert. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

HAGE

hagenhubl

24.11.2024, 11:33:58

Dies finde ich aber ein bisschen merkwürdig. Dann wird ja ein

Anwartschaftsberechtigter

stärker geschützt als ein Eigentümer. Der Eigentümer kann sein Eigentum an einen gutgläubigen Erwerber verlieren. Der Anwartschaftsberechtigte hingegen kann trotzdem Eigentümer werden.

G0d0fMischief

G0d0fMischief

13.1.2025, 11:36:33

@[hagenhubl](233869) §

936 III BGB

greift aber nur dann, wenn der Anwartschaftsberechtigte un

mittelbarer Besitz

er der Sache ist, insoweit kommt §

936 III BGB

eine ähnliche Wirkung wie § 935 BGB zu. Das der Anwartschaftsberechtigte insoweit besser geschützt ist als der Eigentümer würde ich nicht sagen. Denn der Eigentümer genießt den Schutz seines Eigentums vor gutgläubigen Erwerbern solange er den unmittelbaren Besitz nicht freiwillig „aufgibt“. Genauso ist es beim Anwartschaftsberechtigten, der solange nach §

936 III BGB

geschützt ist, wie er den unmittelbaren Besitz an der Sache hält.


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