Zivilrecht
BGB Allgemeiner Teil
Grundbegriffe der Rechtsgeschäftslehre
Bargeschäft des täglichen Lebens (Trennungs- und Abstraktionsprinzip)
Bargeschäft des täglichen Lebens (Trennungs- und Abstraktionsprinzip)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K geht zum Straßenkiosk des V und verlangt eine Tafel Vollmilchschokolade. Er bekommt sie ausgehändigt, legt passend 1 € Kaufpreis auf die Theke und geht nach Hause.
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Einordnung des Falls
Bargeschäft des täglichen Lebens (Trennungs- und Abstraktionsprinzip)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Verpflichtungsgeschäft (z.B. Kaufvertrag) und dazugehöriges Verfügungsgeschäft (z.B. Übereignung einer Sache) sind zwei verschiedene, voneinander zu trennende Rechtsgeschäfte.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. V und K haben während des Geschehens am Kiosk drei Rechtsgeschäfte miteinander abgeschlossen.
Ja, in der Tat!
3. Wäre der Kaufvertrag zwischen V und K aus irgendeinem Grund unwirksam, hätte dies keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der dinglichen Einigungen über die Schokolade und das Geld.
Ja!
4. Ist die Wirksamkeit des Verfügungsgeschäfts abhängig von der Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts?
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
VO 846/2007
20.11.2019, 15:44:08
Das stimmt so nicht. Es könnten sich Auswirkungen für das
Verfügungsgeschäftje nach Fallgestaltung ergeben. Stichwort
FehleridentitätEassy
5.12.2019, 20:45:44
Naja
Eassy
5.12.2019, 20:47:40
Meiner Meinung nach handelt es sich bei der
fehleridentitätnicht um eine Ausnahme der abstrakten Beurteilung. Der gleiche Fehler erfasst nur ausnahmsweise beide Geschäfte. Nichts desto trotz muss er getrennt geprüft werden. Somit wird das
trennungsprinzipdoch gerade umgesetzt
Jose
19.7.2021, 14:27:54
In der Fallfrage stand "grds.", was darauf hinweist, dass es Ausnahmen gibt. Außerdem wirkt sich nach mEn vorzugsweiser Ansicht der Fehler beim Verpflichtungsgeschäft tatsächlich nicht auf das
Verfügungsgeschäftaus, er "schlägt" NICHT "durch", sondern der selbe (identische) Fehler führt auch zur Unwirksamkeit des
Verfügungsgeschäfts. Gab da vor kurzem 1 guten Artikel in der JuS, aber weiß leider grad die Fundstelle nicht.
Lukas_Mengestu
23.10.2021, 18:03:24
@Jose: Du meintest vermutlich, Meier/Jocham, Die
Fehleridentitätals Verwirklichung des Abstraktionsprinzips, JuS 2021, 494. Kann das sein?
kleinerPadawan
14.3.2023, 09:52:39
Ich bin wegen der Formulierung der Frage auch etwas ins Straucheln gekommen. Präziser wäre es tatsächlich ein "grundsätzlich" einzubauen, um deutlich zu machen, dass die Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäft ausnahmsweise auch auf die
Verfügungsgeschäfte durchschlagen kann.
Nichtswisser
29.12.2019, 01:05:08
Bei den "drei Rechtsgeschäften" ist es etwas ungenau zu sagen, dass die
Übereignungdes Bargeldes nur ein Rechtsgeschäft darstelle. Schließlich hängt die Anzahl wegen des Spezialitätsgrundsatzes von der Anzahl der einzeln übertragenen Geldwertzeichen ab. Und gerade die wird hier offen gelassen (die Zeichnung mit m
ehreren Münzen mal unbeachtet gelassen :D)
Maus
2.1.2020, 21:26:20
Aber wäre es nicht etwas unzweckmäßig, wenn man für jedes einzelne Geldstück und für jeden einzelnen Schein je ein Rechtsgeschäft annimmt? Wir haben gelernt, dass es sich um ein Rechtsgeschäft handelt, sofern das Geld passend gegeben wird. Bekommt man allerdings Wechselgeld, so findet ein weiteres Rechtsgeschäft statt.
Christian Leupold-Wendling
22.1.2020, 14:16:48
Berechtigter Einwand! K zahlt jetzt passend 1€ :)
Whale
17.6.2024, 14:42:52
Weshalb kann man denn nicht, wie beim Verpflichtungsgeschäft, alle
Verfügungsgeschäfte in ein
Verfügungsgeschäftzusammenfassen? ich nehmen an, das würde bei der Rückabwicklung zu sehr unpraktischen Aufteilungen des einen Geschäfts führen, oder?
Harun
22.10.2021, 16:51:52
Lukas_Mengestu
23.10.2021, 18:01:06
Danke für den Hinweis, Harun. Wir haben hier jetzt deutlich gemacht, dass es eben nicht um ein "Durchschlagen" geht. Vielmehr führt der gleiche Fehler, unabhängig voneinander, zur Unwirksamkeit der beiden Geschäfte. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Law_yal_life
18.9.2023, 11:01:43
Also wenn das VERPFLG unwirksam ist, dann an §§ 985, 812 ff. denken? Was ist wenn das VERFÜGG unwirksam ist? Dann bestehen ja die ASe weiter fort.. aber die Übertragung des Eigentums hat nicht geklappt? Dann hat das ja nichts mit §§ 812 zu tun oder? Weil wir haben ja einen Rechtsgrund? Nach 985 können wir das aber wegen dem Vorliegen einer
Vindikationslageherausverlangen? Aber ist das nichts rechtsmissbräulich? Weil ja so oder so der eine die Pflicht hat, die Sache zu übereignen? Ist das dann nicht § 242 BGB? Oder sogar schon nicht dolo agit? So dass derjenige der die Sache hat, obwohl er nicht ETMER geblieben ist behalten darf?
Blotgrim
2.3.2024, 09:39:37
Wenn das Verpflichtungsgeschäft unwirksam ist haben wir nur 812 ff. sofern das
Verfügungsgeschäftwirksam ist . Das Herausverlangen nach 985 wenn das
Verfügungsgeschäftunwirksam ist würde ich nicht per se als rechtsmissbräuchlich betiteln. Bspw kann es ja sein, dass ich bei dem
Verfügungsgeschäftdarüber getäuscht wurde, dass mein Gegenüber seine Leistung erbracht hat obwohl das nicht der Fall ist. Jetzt meine Leistung zurück zu verlangen bis die Gegenleistung tatsächlich erbracht wurde ist ja nicht rechtsmissbräuchlich, sondern mein gutes Recht. Die Rückabwicklung kann oft vielleicht unnötig oder kleinlich wirken, rechtsmissbräuchlich Verhalten braucht aber ein bisschen mehr bspw. widersprüchliches Verhalten damit es überhaupt denkbar ist
Law_yal_life
18.9.2023, 11:05:09
Verstehe das mit der
Fehleridentitätan sich schon. Vielleicht zur Kontrolle: Ausnahmsweise sind beide RG aufgrund es gleichen Mangels unwirksam? Ist das jetzt ein Durchbruch vom Abstraktionsprinzip? Eigentlich ja oder? Es gibt doch so Fälle wo man von der
Fehleridentitätausgehen kann zb
Arglistige Täuschung- Könnt ihr mir vllt die anderen Fälle auch nennen? Das ich mir im groben das so merken kann? Und ich frage mich halt wie genau baue ich das in einem Gutachten ein? Wie leite ich das sauber ein? Wie formuliere ich das?
Blotgrim
2.3.2024, 09:25:06
Ich würde nicht sagen, dass eine Durchbrechung des Abstraktionsprinzips vorliegt es ist halt der selbe Fehler der die Geschäfte zu Fall bringt, aber theoretisch sind sie unabhängig voneinander. Aber um noch ein anderes Beispiel zu nennen, werfe ich die
Drohungin den Raum, also wenn ich dich zum Vertragsschluss und zur
Übereignungdurch bspw. willensbeugende Gewalt zwinge
Stella2244
14.8.2024, 14:52:20
@[Law_yal_life](210386) es ist gerade kein Durchbruch des Abstraktionsprinzip, beide Rechtsgeschäfte leiden einfach am gleichen Fehler.
Swiss
15.11.2023, 22:17:22
Ich halte es für angebracht , dass an dieser Steller der Bedeutungsgehalt des Abstraktionsprinzips noch deutlicher hervorgehoben wird , in dem die Leser darauf hingewiesen werden , dass die „Goldene Kuh „ NIEMALS geschlachtet werden darf, sonst fällt man GARANTIERT durch die Prüfung!
Leo Lee
18.11.2023, 18:43:03
Hallo Swiss, vielen Dank für diese sehr wichtige Anmerkung! Wir finden deine Aussage völlig richtig und wichtig. Mithin haben wir diese als Klausurhinweis ergänzt :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
GGL
9.7.2024, 13:11:47
Ich fände es an dieser Stelle angebracht, die Erklärung des Abstraktionsprinzips mit einem oder m
ehreren auf den vorhandenen Fall bezogenen Beispiel/Beispielen zu ergänzen. Etwa: "Obwohl das Verpflichtungsgeschäft zwischen K und V etwa wegen der Geschäftsunfähigkeit (usw.) von K gem. § 104 BGB unwirksam war, so bleibt...". Ich finde man würde das wichtige Konzept dadurch noch anschaulicher und zugänglicher für die Nutzer gestalten.
Stella2244
14.8.2024, 14:49:34
Bei Geschäftsunfähigkeit wäre sowohl das Verpflichtungsgeschäft als auch das
Verfügungsgeschäftnichtig, § 105 I BGB