Zivilrecht
BGB Allgemeiner Teil
Tatbestand der Willenserklärung
Angebot zum Autokauf (Innerer Tatbestand)
Angebot zum Autokauf (Innerer Tatbestand)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A möchte dem Händler B anbieten, ihr Auto für €10.000 abzukaufen. Sie unterschreibt den Brief, der den Antrag zum Verkauf des Autos für €10.000 enthält, und schickt ihn B.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Der innere Tatbestand einer Willenserklärung bezieht sich auf die subjektive, innere Seite einer Willenserklärung, d.h. auf den tatsächlichen Willen der handelnden Person, eine rechtliche Wirkung zu erzielen. Man unterscheidet drei Elemente: den Handlungswillen, das Erklärungsbewusstsein und den Geschäftswillen.
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Antrag (§ 145 BGB) zum Abschluss eines Kaufvertrags (§ 433 BGB) ist eine Willenserklärung.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Hatte A beim Unterschreiben des Briefes den Willen und das Bewusstsein, zu handeln (Handlungswille)?
Ja!
3. Hatte A beim Unterschreiben des Briefes das Bewusstsein, eine rechtserhebliche Erklärung abzugeben (Erklärungsbewusstsein)?
Genau, so ist das!
4. Hatte A beim Unterschreiben des Briefes den Willen und das Bewusstsein, gegenüber B einen Antrag zum Abschluss eines Kaufvertrags über ihr Auto für €10.000 abzugeben (Geschäftswille)?
Ja, in der Tat!
Fundstellen
Prüfungsschema
Welche subjektiven und objektiven Elemente unterscheidet man beim Tatbestand einer Willenserklärung?
- Subjektiver (innerer) Tatbestand
- Subjektiver Handlungswille
- Erklärungsbewusstsein
- Subjektiver Geschäftswille
- Objektiver (äußerer) Tatbestand
- Objektiver Handlungswille
- Rechtsbindungswille
- Objektiver Geschäftswille
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Jean-Pierre
26.8.2020, 14:59:34
Wenn der Erklärungswille ein Tatbestandsmerkmal sein soll, dann muss er vorliegen, damit die Rechtsfolge der WE eintritt. Bei einem fehlenden Erklärungsbewusstsein wird viel mehr weiter differenziert, ob es aufgrund von Fahrlässigkeit nicht vorliegt (potentielle Erklärungsbewusstsein) und daher trotzdem angenommen werden kann.
Christian Leupold-Wendling
3.9.2020, 10:06:49
Hi, danke für den Beitrag! Korrekt, es ist umstritten, ob das Erklärungsbewusstsein „TATBESTANDSMERKMAL“ der Willenserklärung ist (oder ob eine Willenserklärung kein Erklärungsbewusstsein erfordert, dann aber anfechtbar ist, wenn es fehlt). Wir formulieren deshalb sehr vorsichtig („Beim inneren Tatbestand unterscheidet man drei KATEGORIEN: …“). Besten Gruß
Ulmenhorst
6.8.2022, 18:52:16
Es ist ein bisschen irritierend, dass zentral auf das Formulieren und Unterschreiben des Antrags abgestellt wird. In diesem Moment lag ja noch gar keine Abgabe der WE vor. Der innere Tatbestand einer WE müsste m.E. viel eher beim Verschicken der Briefes vorliegen.
Lukas_Mengestu
8.8.2022, 19:13:26
Hallo Ulmenhorst, bei WIllenserklärungen unterscheidet man normalerweise 4 Phasen: (1) das Erstellen der Erklärung, (2) die Abgabe, (3) den Zugang und (4) Kenntnisnahme. Gerade bei schriftlichen Erklärungen unter Abwesenden kann zwischen den einzelnen Phasen dabei ein deutlicher zeitlicher Abstand liegen. Der äußere und innere Tatbestand müssen zunächst bereits beim Formulieren der Erklärung vorliegen. Eine davon zu unterscheidende Frage ist dann, ob der Erklärende die Erklärung auch wirksam in den Verkehr gegeben hat (vgl. die Problematik um die "
abhanden gekommene Willenserklärung"). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Cosmonaut
22.8.2022, 19:15:15
Fyi: Schulfall zur zweiten Frage (Erklärungsbewusssein) ist jener der Trierer Weinauktion, soweit ich mich recht erinnere. Kann man mal lesen!
kleinerPadawan
14.3.2023, 11:15:44
Kommt noch in den folgenden Fällen ;)
Law_yal_life
18.9.2023, 13:05:00
Das heißt der
Geschäftswilleist nicht wirklich wichtig? Wenn der nicht vorliegt. dann haben wir trotzdem eine WE- Allerdings können wir anfechten, sofern kein unerhebliches Motiviirrtum vorliegt? Dahingehend vllt eine Frage, wie genau würde ein
Motivirrtumals Beispiel aussehen?
Blotgrim
6.1.2024, 10:51:56
Zum ersten Teil: Genau im Innern Tatbestand brauchen wir keinen
Geschäftswillen. Allerdings brauchen wir im äußeren Tatbestand zumindest den Anschein eines
Geschäftswillen. Zum
Motivirrtum: Hier muss man etwas differenzieren. Es gibt den beachtlichen
Motivirrtumin Form des
Eigenschaftsirrtums. Hier ihr der anfechtende über eine
verkehrswesentliche Eigenschaftund erklärt daher die WE, die er nicht/ nicht so erklärt hätte wenn er die
verkehrswesentliche Eigenschaftso gekannt hätte wie sie tatsächlich vorlag. Andere Formen des
Motivirrtums berechtigen nicht zurAnfechtung. Beispielsweise wenn du ein Geschenk für jemanden kaufst und ihr euch dann zerstreitet. Du kannst den Vertrag dann nicht anfechten weil dein Motiv (Geschenk für Freund) weggefallen ist.