Zivilrecht
Schuldrecht Allgemeiner Teil
Rücktritt
Vertragliches Rücktrittsrecht - richtige und rechtzeitige Selbstbelieferung vorbehalten
Vertragliches Rücktrittsrecht - richtige und rechtzeitige Selbstbelieferung vorbehalten
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Fahrradhändlerin F bestellt bei V 100 E-Bikes für die kommende Saison. V bestätigt dies, behält sich aber vor, nur bei richtiger und rechtzeitiger Lieferung des Lieferanten L zu leisten. F ist einverstanden. Da L insolvent wird, erklärt V, sie werde F nicht beliefern.
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Einordnung des Falls
Vertragliches Rücktrittsrecht - richtige und rechtzeitige Selbstbelieferung vorbehalten
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Durch den Abschluss des Kaufvertrags, hatte F einen Anspruch auf Lieferung von 100 E-Bikes erlangt.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Anspruch könnte durch Rücktritt des V erloschen sein.
Ja!
3. V hat den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt.
Genau, so ist das!
4. Da V kein gesetzliches Rücktrittsrecht zusteht, darf er nicht zurücktreten.
Nein, das trifft nicht zu!
5. Der Rücktritt war vorliegend ausgeschlossen.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Andeutungstheorie
21.2.2023, 12:42:49
Hier wurde doch das vertragliche
Rücktrittsrechtaufschiebend bedingt vereinbart oder ?
Nora Mommsen
21.2.2023, 17:38:13
Hallo
Andeutungstheorie, naheliegender ist es ein unbedingt vereinbartes
Rücktrittsrechtfür einen bestimmten Fall anzunehmen. V hatte ein
vertragliches Rücktrittsrechtfür den Fall, dass sie selber nicht beliefert wird. Dies ist quasi der Rücktrittsgrund, der den Rücktritt gemeinsam mit der Erklärung bei Vorliegen der Umstände wirksam werden lässt. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
aenksn
6.12.2023, 11:26:48
Hi! Wenn der Verkäufer einen solchen Vorbehalt der Selbstbelieferung in seinen AGBs genannt hat und sodann der Fall eintritt, dass der Lieferant die Ware bzw. die notwendigen Teile wegen höherer Gewalt (Pandemie, Krieg, was auch immer) für das nächste Jahr nicht liefern kann (vorübergehende Unmöglichkeit) und der Verkäufer trotzdem nicht von seinem vertraglichen
Rücktrittsrechtgebrauch machen will - hat der Käufer auf seiner Seite dann ein gesetzliches
Rücktrittsrecht? Angenommen es handelt sich nicht um ein
Fixgeschäft, er möchte aber einfach nicht noch so lange auf sein Endprodukt warten. Ich dachte das löst man ganz normal über § 323 BGB wegen nicht vertragsgemäß erfolgter Leistung des Verkäufers aber es wird argumentiert, dass der Verkäufer ja nichts dafür könne dass sich die Lieferung verzögere und der Käufer dann eben noch warten müsse. Rücktritt ist irgendwie nicht so meine Stärke, würde mich freuen wenn mir jemand kurz auf die Sprünge helfen könnte.
Lukas_Mengestu
20.12.2023, 12:07:38
Hallo aenksn, kein Problem, genau dafür ist das Forum ja da :-) Bei der Frage, ob ein Rücktritt möglich ist, musst Du immer prüfen, ob ein
Rücktrittsrechtbesteht. Dies kann entweder auf vertraglicher oder gesetzlicher Grundlage bestehen. Da K seinerseits alles richtig gemacht hat, konnte sich V hier nur auf den vertraglich vereinbarten Rücktrittsvorbehalt stützen. Umgekehrt gilt das nicht. K steht seinerseits zwar kein
vertragliches Rücktrittsrechtzu. Du hast aber völlig recht, dass in der von Dir gebildeten Abwandlung eine nicht vertragsgemäße Leistung des V vorliegt, wenn er nicht bei Fälligkeit der Leistung liefert. K könnte in diesem Fall die Lieferung anmahnen. Erbringt V weiterhin die Leistung nicht, so steht K ein gesetzliches (!)
Rücktrittsrechtnach § 323 BGB zu. Auf ein Verschulden des V kommt es beim Rücktritt - anders als bei der Frage des Schadensersatzes - nicht an. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
aenksn
6.1.2024, 10:28:13
@[Lukas_Mengestu](136780) vielen Dank für die ausführliche Antwort! :)