Strafrecht
BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub u.a.
Raub (§ 249 StGB)
Wegnahme fremder beweglicher Sache – Abgrenzung § 255: Fall mit privilegierter Gebrauchsanmaßung
Wegnahme fremder beweglicher Sache – Abgrenzung § 255: Fall mit privilegierter Gebrauchsanmaßung
21. Mai 2025
25 Kommentare
4,8 ★ (48.137 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Unter Anwendung von vis absoluta beschafft sich die T das in dessen Gewahrsam befindliche Auto des O, um damit eine Spritztour zu machen. Nachdem sie eine Stunde mit dem Auto durch die Stadt gefahren ist, gibt sie dem O das Auto zurück, so wie sie von Anfang an beabsichtigt hatte.
Diesen Fall lösen 69,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
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Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Nach Ansicht der Rechtsprechung hat T den Gewahrsam des O an seinem Auto gebrochen und es damit weggenommen.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Auch nach Ansicht der Literatur hat T den Gewahrsam des O an seinem Auto gebrochen und es ihm damit weggenommen.
Ja, in der Tat!
3. T hat sich folglich nach beiden Ansichten wegen Raubes gem. § 249 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.
Nein!
4. Nach Ansicht der Rechtsprechung liegt ein tauglicher Nötigungserfolg vor, sodass sich T wegen räuberischer Erpressung (§§ 253, 255 StGB) strafbar gemacht hat.
5. Auch nach Literaturansicht liegt auch ein tauglicher Nötigungserfolg vor, sodass sich T auch danach wegen räuberischer Erpressung (§§ 253, 255 StGB) strafbar gemacht hat.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

I-m-possible
29.7.2022, 14:39:23
Man gelangt also mit der Rspr. zur räuberischen Erpressung und mit der Lit. zum Raub. Richtig ?

Lukas_Mengestu
1.8.2022, 14:56:38
Hallo I-m-possible, nach beiden Ansichten prüft man den Raub und lehnt diesen im Ergebnis ab, da es hierfür an der
Zueignungsabsichtfehlt. Für die Rspr. ist dies kein großes Problem, da sie im Anschluss die räuberische Erpressung bejahen kann. Dieser Weg ist der hL versperrt, da für sie Raub und räuberische Erpressung in einem Exklusivitätsverhältnis stehen. Ist der objektive Tatbestand des Raubes erfüllt, kann somit nach hL nicht zugleich eine räuberische Erpressung vorliegen. Da es aber an der
Zueignungsabsichtfehlt, kann die hL auch nicht aus Raub bestrafen. Es verbleibt allein der Rückgriff auf den unbefugten Gebrauch eines Fahrzeugs (§ 248b Abs. 1 StGB). Dessen Strafrahmen (
Geldstrafe- drei Jahre Freiheitsstrafe) ist indes deutlich geringer, als der des Raubes bzw. der räuberischen Erpressung (mindestens 1 Jahr Freiheitsstrafe). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Yas
1.8.2022, 23:09:43
Aber vorliegend schließt die
Verwendungvon
vis absolutadoch eine
Vermögensverfügungaus oder nicht ?

Rüsselrecht 🐘
1.8.2022, 23:18:03
Jawohl, bei
vis absolutawird dem Opfer die freie Willensbetätigung oder Willensbildung absolut unmöglich gemacht; dem Opfer wird also schlechthin jede Möglichkeit zu handeln genommen. Und eine Verfügung setzt ein Bewusstsein zur Willensbildung voraus.

Yas
1.8.2022, 23:21:53
Das heißt §§253,255 wären nach Ansicht der Literatur nicht zu bejahen

Rüsselrecht 🐘
1.8.2022, 23:29:02
Nein. §
§ 253, 255 setzen (ungeschrieben) nach der Literatur eine
Vermögensverfügungvoraus. Bei
vis absolutaentfällt eine Strafbarkeit nach §
§ 253,255
Petrus
17.2.2023, 18:14:34
Wie sieht es bezüglich der Abgrenzung aus, wenn das Opfer genötigt wird einen PIN (den nur das Opfer kennt) für ein entferntes
Geldversteck herauszugeben und der Täter sich die Beute sodann selbst holt?

Edward Hopper
21.5.2023, 22:30:48
Rsp würde sagen
wegnahmeda äußeres Erscheinungsbild er holt es sich. Lit würde sagen selbstschadigung da bei pin weggabe eine vermogensverfugung stattfindet in Form von Gewinnaussicht (genau so wie auch bei 263).

Klima-Kleber
11.4.2023, 13:41:59
Wie sollte der Streit aus klausurtaktischer Sicht entschieden werden?

Lukas_Mengestu
11.4.2023, 17:51:51
Hallo Klima-Kleber, "klausurtaktisch" kannst Du zumindest im ersten Examen beide Ansichten gut vertreten, sodass Du hier die Auffassung wählen solltest, deren Argumente Dir mehr liegen (bzw. die Du Dir besser merken kannst). Egal wem Du folgst, Du schneidest Dir hier keine relevanten Prüfungspunkte ab und die unterschiedlichen Strafrahmen der Delikte spielen im ersten Examen keine Rolle. Im zweiten Examen solltest Du dagegen der Rechtsprechung des BGH folgen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Diaa
28.8.2023, 16:30:24
Wie kann sie sich ein Auto unter Anwendung
vis absolutabeschaffen, wenn es doch in ihrem Gewahrsam steht? Oder meint ihr mit "dass in dessen Gewahrsam steht" dass der Wagen im Gewahrsam des O steht?
Sofia
15.9.2023, 16:55:25
Es ist gemeint, dass das Auto im Gewahrsam des O steht. Daher wird der Gewahrsamsbruch angenommen :)
Raphaeljura
11.11.2023, 01:52:18
Ihr nehmt eine
Wegnahmean. Diese liegt aber nicht vor, da keine dauerhafte Enteignung beachsichtigt ist. Wenn nun eine
Wegnahmenicht erfolgt, dann kann schon deshalb kein Raub vorliegen, und es nur zu einer raueberischen Erpressung kommen. Richtig?
Leo Lee
12.11.2023, 10:10:55
Hallo Raphaeljura, genauso ist es! Bei diesem Problem ist es besonders wichtig – wie du es anmerkst – dass man zwischen der
Wegnahmeauf obj. Ebene und
Zueignungsabsichtauf subj. Ebene unterscheidet. Wenn die
Wegnahmegegeben ist (nach beiden Ansätzen) jedoch nicht die
Zueignungsabsicht, dann ist für die Literatur eben Schluss (also keine Erpressung mehr), weil die Erpressung eben auf obj. Ebene lt. Literatur eine Weggabe erfordert, die nicht gegeben ist bei einer
Wegnahme. Für die Rspr. Ist dies kein Problem, weil nicht explizit eine
Wegnahmefür die Erpressung nötig ist, da in jedem Raub (und damit Übertragung der Sache) auch eine Erpressung liegt. Also hat du völlig recht mit deiner Aussage. I.Ü. kann ich dir die Lektüre von Fischer StGB 70. Auflage
§ 253Rn. 14 f. empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

Sambajamba10
15.12.2023, 13:12:45
@[Raphaeljura](207944)
Wegnahmeist ein objektives TBM und hat zunächst nichts mit einer dauerhaften Enteignung zu tun. Du vermengst hier verschiedene Ebenen miteinander. Eine
Wegnahmelag vor, es lag nur keine
Zueignungsabsichtmangels
Enteignungsvorsatzes vor. Dein zweiter Satz hingegen ist völlig richtig.
Amelie7
12.1.2025, 16:02:28

Tim Gottschalk
30.1.2025, 21:33:27
Hallo @[Amelie7](262107), laut BGH stellt auch der Besitz an einer Sache einen Vermögensvorteil beim Täter dar, wenn er bei diesem zu Gebrauchsvorteilen führt, BGH, Beschl. v. 25.4.2018 – 4 StR 348/17. Insofern reicht bereits der Besitz des Täters am Auto und die Tatsache, dass er dieses nutzen möchte, als Vermögensvorteil bei ihm (und spiegelbildlich dann natürlich auch als
Vermögensnachteilbeim Opfer). Liebe Grüße, Tim - für das Jurafuchs-Team @[Wendelin Neubert](409)

Inkognito
7.5.2025, 12:00:40
Ich weiß, kleinlich, aber da ist ein "auch" zu viel im Text