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Erbrecht
Gewillkürte Erbfolge
Erbvertrag - Bindungswirkung/ Ausnahmeregelungen (Fall 3)
Erbvertrag - Bindungswirkung/ Ausnahmeregelungen (Fall 3)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Der tödlich verunglückte E hatte seinen Sohn S durch Erbvertrag als Vorerben eingesetzt. Mit späterem Testament ordnete er aufgrund der anhaltenden Überschuldung des S die Testamentsvollstreckung an. Später schrieb er wiederum ein neues Testament, indem er S als Vollerberben zu ½ einsetzte und das vorige Testament widerrief.
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Einordnung des Falls
Erbvertrag - Bindungswirkung/ Ausnahmeregelungen (Fall 3)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die spätere Anordnung der Testamentsvollstreckung stellt eine Beeinträchtigung des Bedachten S dar.
Ja, in der Tat!
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2. Die Anordnung der Testamentsvollstreckung war aufgrund des Erbvertrags unwirksam.
Nein!
3. Die Einsetzung des S als Vollerbe ist aufgrund des Erbvertrags unwirksam.
Genau, so ist das!
4. Kann S durch formlose Zustimmung doch Vollerbe zu ½ werden?
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
CitiesOfJudah
4.8.2023, 13:56:55
Das Wort Vollerberbe musste ich dreimal lesen und hab ich mich dann gefragt, ob es das wirklich gibt. :D
Natze
19.8.2023, 21:23:09
Bei der Vorerbenstellung ist der Bedachte verfügungsbeschränkt. Ist dann nicht eine Vollerbenstellung eine rechtliche Besserstellung dar?
L.Goldstyn
8.8.2024, 19:46:04
Hallo Natze, genau den gleichen Gedanken hatte ich auch. Aus meiner Sicht ist es durchaus vertretbar, in der Klausur hier mit dieser Argumentation Deinen Ansatz zu vertreten. So ist es einhellig anerkannt, dass eine Herabstufung vom Voll- zum Vorerben aufgrund der
Verfügungsbeschränkungder §§ 2113, 2114 BGB eine rechtliche Beeinträchtigung darstellt. Wenn es gerade nicht auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ankommt, ist es m.E. zumindest begründungsbedürftig, warum der Wechsel von Vorerbenstellung bzgl. des gesamten Nachlasses zu Vollerbenstellung bzgl. 1/2 des Nachlasses eine rechtliche Schlechterstellung darstellt. Allerdings wird gerade das in der Literatur so vertreten: „Das Recht des vertragsmäßig Bedachten wird nicht beeinträchtigt, wenn der Erblasser in einer weiteren Verfügung von Todes wegen seine Rechtsstellung verbessert. [...] Die Beeinträchtigung des Bedachten wird nur durch Verbesserung seiner rechtlichen Stellung ausgeschlossen; seine wirtschaftliche Besserstellung steht der Beeinträchtigung nicht entgegen: Eine letztwillige Verfügung, die einer in einem Erbvertrag vertragsmäßig getroffenen widerspricht, beeinträchtigt das Recht des vertragsmäßig Bedachten auf jeden Fall. Sie kann nicht deswegen wirksam sein, weil sie, wirtschaftlich betrachtet, für den vertragsmäßig Bedachten günstiger ist als die erbvertragliche Regelung. Der Erblasser ist daher, wenn er sich nicht auf einen entsprechenden Vorbehalt im Erbvertrag berufen kann, nicht befugt, dem vertragsmäßig Bedachten das zugewandte Recht (Berufung zum alleinigen Vorerben) einseitig zu entziehen und ihm dafür ein Recht mit anderem Inhalt (Einsetzung zum Vollerben für einen Bruchteil der Erbschaft) zukommen zu lassen, mag dieses auch wirtschaftlich wertvoller sein.“ (Staudinger/Raff (2022) BGB § 2289, Rn. 25, 26) Meine Erklärung wäre dem folgend: (1.) Es gilt ein strenger Maßstab: Jede Veränderung der Rechtsstellung des Bedachten nimmt dem vertragsmäßig Bedachten zumindest genau diese rechtliche Stellung, mit der er sich im Vertrag einverstanden erklärt hat. Oftmals wird der Bedachte sich diese Rechtsstellung in schwierigen Verhandlungen und mit Zugeständnissen „erkämpft“ haben, sodass er mit einer Veränderung im Grundsatz nicht einverstanden ist. Damit liegt grds. eine rechtliche Beeinträchtigung vor. (2.) Eine Ausnahme davon (und damit keine Beeinträchtigung) liegt nur vor, wenn er tatsächlich eine (eindeutige/ausschließliche) bessere Rechtsstellung erlangt. Nur bei einer solchen kann man wertungsmäßig davon ausgehen, dass der Bedachte mit der Änderung einverstanden sein wird. (3.) Bei der Änderung von „Vorerben“ zu „Vollerbe bzgl. 1/2“ entfallen zwar die
Verfügungsbeschränkungen, was eine rechtliche Besserstellung bedeutet. Allerdings erstreckt sich das Vollerbe nur auf die Hälfte des Nachlasses, sodass gleichzeitig auch eine rechtliche Beeinträchtigung vorliegt. (4.) Damit liegt keine eindeutige/ausschließliche Besserstellung vor, sodass von einer rechtlichen Beeinträchtigung auszugehen ist. Die Erklärung ist sicherlich etwas plakativ und unsauber, aber vielleicht als Verständnishilfe geeignet.
Diaa
16.10.2023, 12:42:15
Was heißt Vollerbe zu ½?
Geithombre
20.11.2023, 17:45:15
Vollerbe liest man teilweise, das heißt nichts anderes als Erbe. Relevant ist die Terminologie, wenn es um die Frage geht, ob eine (Voll)Erbenstellung oder eine Vorerbenstellung verfügt wurde.
Joseph
7.3.2024, 14:29:15
Liebes Jurafuchs Team. Der Normbezug in diesem Themengebiet ist meines Erachtens nach gelinde gesagt eine absolute Katastrophe. Es ist echt schwer sich hier teilweise einen Reim drauf zu machen was ihr meint, weil einfach viel zu wenig Normbezug hergestellt wird. Bitte schaut doch da nochmal drüber! Danke!
Linne_Karlotta_
17.8.2024, 12:40:52
Hey Joseph, danke für dein wichtiges Feedback. Wir arbeiten aktuell mit Hochdruck daran, die Qualität unserer Kurse weiter zu verbessern. Unter anderem steht eine Überarbeitung des Erbrechtskurs ganz oben auf unserer Prioritätenliste. Wir bitten hier noch um ein wenig Geduld. Viele Grüße - Linne, für das Jurafuchs-Team
BrSa
18.8.2024, 13:18:42
Hi, als kleiner Input, was in der Aufgabe hier verbessert werden könnte: erklärt was ein Testamentsvollstrecker ist, es handelt sich um § 2289 II, nicht § 2289 I 2. Geht auf die Thematik, welche in den Kommentaren weiter unten, ob Vollerbe oder Vorrede vorteilhaft ist, ein. Und erklärt, was ein Vollerbe oder Vorerbe ist. Dies wurde vorher noch nicht besprochen.
Blotgrim
30.4.2024, 11:16:02
Liebes Jurafuchs-Team, woraus genau ergibt sich die Ausnahme für den Fall das es um einen verschwenderischen/ überschuldeten Pflichtteilberechtigten geht? Gibt es dafür ne Norm, hat der BGH das so entschieden (wenn ja warum) oder gibt es eine andere Herleitung? LG
Quarklo
12.7.2024, 02:27:34
Aus § 2289 II ergibt sich, dass die in § 2338 statuierten Anordnungen getroffen werden. Nach § 2338 I 2 kann ein Testamentsvollstrecker berufen werden