Zivilrechtliche Nebengebiete

Erbrecht

Gewillkürte Erbfolge

Erbvertrag - Bindungswirkung/ Ausnahmeregelungen (Fall 3)

Erbvertrag - Bindungswirkung/ Ausnahmeregelungen (Fall 3)

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der tödlich verunglückte E hatte seinen Sohn S durch Erbvertrag als Vorerben eingesetzt. Mit späterem Testament ordnete er aufgrund der anhaltenden Überschuldung des S die Testamentsvollstreckung an. Später schrieb er wiederum ein neues Testament, indem er S als Vollerberben zu ½ einsetzte und das vorige Testament widerrief.

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Einordnung des Falls

Erbvertrag - Bindungswirkung/ Ausnahmeregelungen (Fall 3)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die spätere Anordnung der Testamentsvollstreckung stellt eine Beeinträchtigung des Bedachten S im Sinne des § 2289 Abs. 1 S. 1 BGB dar.

Ja, in der Tat!

Eine Beeinträchtigung liegt vor, wenn der Bedachte erbrechtlich zurückgesetzt, durch die Einsetzung eines Nacherben, die Ernennung eines Testamentsvollstreckers oder eine Teilungsanordnung beschränkt oder mit einem Vermächtnis oder einer Auflage beschwert wird. Die spätere Anordnung der Testamentsvollstreckung stellt daher eine Beeinträchtigung des S dar. Die bloße Auswechslung der Person eines Testamentsvollstreckers soll nach herrschender Literatur generell keine Beeinträchtigung des vertragsmäßig Bedachten darstellen. Der BGH will hingegen nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Vertragsinhalt entscheiden, ob durch Auswechslung des Testamentsvollstreckers die Rechtsstellung des Vertragserbens eingeschränkt wird.
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2. Die Anordnung der Testamentsvollstreckung war aufgrund des Erbvertrags unwirksam.

Nein!

Spätere Verfügungen von Todes wegen sind nach §§ 2289 Abs. 1 Satz 2, 2338 BGB unwirksam, soweit sie das Recht des vertragsmäßig Bedachten beeinträchtigen. Eine Ausnahme besteht jedoch für den Fall, dass der Erblasser einen pflichtteilsberechtigten Abkömmling vertragsmäßig bedacht hat, der äußerst verschwenderisch oder derart überschuldet ist, dass der spätere Erwerb erheblich gefährdet ist (§§ 2289 Abs. 2, 2338 Abs. 1 S. 1 BGB). Eine Beschränkung in guter Absicht ist durch den Erblasser dann möglich. Da S ein pflichtteilsberechtigter Abkömmling des E und zudem überschuldet ist, ist die Anordnung der Testamentsvollstreckung trotz des Erbvertrags wirksam.

3. Die Einsetzung des S als Vollerbe ist aufgrund des Erbvertrags unwirksam.

Genau, so ist das!

Spätere Verfügungen von Todes wegen sind nach §§ 2289 Abs. 1 Satz 2, 2338 BGB unwirksam, soweit sie das Recht des vertragsmäßig Bedachten beeinträchtigen. Wann eine Beeinträchtigung vorliegt, ist nach rechtlichen und nicht nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bestimmen. Auch wenn die Vollerbenstellung wirtschaftlich möglicherweise günstiger für S sein könnte, liegt in der Einsetzung als Vollerbe zu ½ eine Beeinträchtigung seiner vorigen vollständigen Vorerbenstellung. Die Einsetzung des S als Vollerbe ist daher unwirksam. Allerdings bedarf der Vertragspartner keines Schutzes, wenn er durch eine spätere Verfügung von Todes wegen ausschließlich besser gestellt wird, beispielsweise wenn ihm statt eines Nießbrauchrechts ein Vermächtnis eingeräumt wird. Eine solche spätere Verfügung ist uneingeschränkt zulässig.

4. Kann S durch formlose Zustimmung doch Vollerbe zu ½ werden?

Nein, das trifft nicht zu!

Durch formlose Zustimmung des vertragsmäßig Bedachten oder des Vertragspartners ändert sich an der aus § 2289 Abs. 1 Satz 2 BGB ergebenden Unwirksamkeit nichts. Für die Aufhebung des Erbvertrags schreibt das Gesetz einen notariellen Aufhebungsvertrag vor. Nach dem Tod des Erblassers kann die Zustimmung daher nicht mehr erklärt werden. S kann durch formlose Zustimmung die Unwirksamkeit der Einsetzung als Vollerbe nicht mehr beseitigen.
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