Zivilrecht

Mietrecht

Mietverhältnisse über Wohnraum

Schutz des Mieters durch § 577 Abs. 5 BGB

Schutz des Mieters durch § 577 Abs. 5 BGB

24. November 2024

4,8(9.777 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

H wohnt in einem Mehrfamilienhaus, das Bauherrin B gebaut hat und an H vermietet. Im Mietvertrag zwischen H und B steht, dass ein Vorkaufsrecht zugunsten des H ausgeschlossen ist. Nachdem H eingezogen ist, teilt B das Mehrfamilienhaus in fünf Wohnungen und die Teilungserklärung wird ins Grundbuch eingetragen. Die Wohnung, in der H wohnt, verkauft B danach an C für €400.000. Der gutgläubige C wird auch ins Grundbuch eingetragen.

Diesen Fall lösen 69,4 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Schutz des Mieters durch § 577 Abs. 5 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Nach Überlassung der Wohnung an H wurde Wohnungseigentum an dieser begründet und danach ist ein Vorkaufsfall eingetreten.

Ja, in der Tat!

Nach § 577 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB muss für das Entstehen eines Vorkaufsrechts nach Überlassung der Wohnräume Wohnungseigentum an diesen begründet werden und dieses danach an einen Dritten verkauf werden. H wurde die gemietete Wohnung von B überlassen. Danach wurde durch Eintragung der Teilungserklärung im Grundbuch Wohnungseigentum an der Wohnung begründet. Anschließend wurde diese an C verkauft. Die Voraussetzungen von § 577 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB liegen also vor.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Die Begründung eines Vorkaufsrecht nach § 577 ist aber durch die Vereinbarung im Mietvertrag ausgeschlossen.

Nein!

Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung von § 577 BGB ist zu seinem Schutz nach Abs. 5 unwirksam. Dies bezieht sich auch auf die in § 577 Abs. 1 S. 2 BGB verwiesenden Vorschriften der §§ §§463 ff. BGB, sodass beispielsweise eine Verkürzung der Ausübungsfrist des Vorkaufsrechts ebenfalls unwirksam wäre. Die Vereinbarung zwischen H und B weicht zulasten des Mieters H von § 577 BGB ab und ist daher nach § 577 Abs. 5 BGB unwirksam.

3. H ist Inhaber eines Vorkaufsrechts.

Genau, so ist das!

Nach § 577 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB muss für das Entstehen eines Vorkaufsrechts nach Überlassung der Wohnräume Wohnungseigentum an diesen begründet werden und dieses danach an einen Dritten verkauf werden. Abweichende Vereinbarungen zulasten des Mieters sind nach § 577 Abs. 5 BGB unwirksam. Da die Voraussetzungen des § 577 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB vorliegen und die abweichende Vereinbarung zulasten H unwirksam ist, hat H ein Vorkaufsrecht erworben.

4. H kann von C nach Ausübung seines Vorkaufsrechts Berichtigung des Grundbuchs verlangen.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Ausübung des Vorkaufsrechts begründet nach § 577 Abs. 1 S. 1 BGB iVm. § 464 Abs. 2 BGB einen Kaufvertrag zwischen Berechtigtem und Verpflichteten unter denselben Bestimmungen, die mit dem Dritten vereinbart wurden. Der Vorkaufsberechtigte hat also lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Eigentumsübertragung und keinen dinglichen. C ist durch Eintragung Eigentümer der Wohnung geworden. H kann von C nicht Berichtigung des Grundbuchs verlangen. Er kann lediglich von B Schadensersatz wegen Unmöglichkeit der Leistung verlangen, wenn C nicht bereit ist zurück zu übereignen.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

EVA

evanici

3.9.2023, 19:40:43

Innerhalb welcher Frist müsste der Mieter sein Vorkaufsrecht ausüben?

BE

Bioshock Energy

24.1.2024, 12:08:44

Gute Frage. In § 577 BGB steht nichts von einer Frist, aber nach § 577 I 3 BGB finden auf das Vorkaufsrecht des § 577 BGB die Vorschriften über den Vorkauf Anwendung. Dort wiederum finde ich nur etwas in § 469 II BGB über eine Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts bei Grundstücken und anderen Gegenständen. Über Wohnräume findet sich auch dort nichts. Aber da Wohnräume keine Grundstücke sind kommen sie den "anderen Gegenständen" näher, daher würde ich persönlich auf die Wochenfrist ab Empfang der Mitteilung abstellen. Ich lasse mich aber gerne korrigieren. LG

VALA

Vanilla Latte

2.10.2023, 18:07:53

Woraus würde der Schadensersatzanspruch des Mieters folgen? Ich hätte eigentlich wegen der Unmöglichkeit der

Übereignung

an 283 gedacht. Oder an 281 wegen Nichtleistung?

LELEE

Leo Lee

7.10.2023, 17:46:33

Hallo Vanilla Latte, genauso ist es! Weil hier ein Fall der Unmöglichkeit vorliegt, wäre hier der § 283 BGB einschlägig. Beachte zudem, dass wenn ein Fall der Unmöglichkeit vorliegt, der § 283 den § 281 (beide regeln Fälle der Nichtleistung) als lex specialis verdrängt. Hierzu kann ich die Lektüre von MüKo-BGB 9. Auflage, Ernst § 281 Rn. 4 empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen