Widerruf eines rechtmäßigen belastenden VAs: § 49 Abs. 1 VwVfG


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Behörde B spricht gegenüber Trunkenboldin T ein Waffenbesitzverbot für erlaubnisfreie Waffen (§ 41 WaffG) aus, weil T die persönlichen Voraussetzungen für den Waffenbesitz nicht erfüllt. Als T zwei Jahre trocken ist, hebt B das Verbot wieder auf.

Einordnung des Falls

Widerruf eines rechtmäßigen belastenden VAs: § 49 Abs. 1 VwVfG

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Bei der Aufhebung von Verwaltungsakten unterscheidet man zwischen Rücknahme und Widerruf.

Ja!

Bei einer behördlichen Aufhebung handelt es sich um eine Rücknahme, wenn der aufgehobenen Verwaltungsakt rechtswidrig ist. (§ 48 VwVfG). Dagegen liegt ein Widerruf vor, wenn der aufgehobenen Verwaltungsakt rechtmäßig ist (§ 49 VwVfG). Ein Verwaltungsakt ist rechtswidrig, wenn er gegen höherrangiges Recht verstößt.

2. Die Aufhebung des Waffenbesitzverbots ist ein Widerruf.

Genau, so ist das!

Ein Widerruf liegt vor, wenn die Behörde einen rechtmäßigen Verwaltungsakt aufhebt. Das kommt vor allem in Betracht, wenn sich die Sach- oder Rechtslage nach Erlass des Verwaltungsakts geändert hat und die Behörde den Verwaltungsakt jetzt nicht mehr in dieser Form erlassen dürfte. Der erlassene Verwaltungsakt bleibt dennoch rechtmäßig, weil es bei der Beurteilung seiner Rechtmäßigkeit auf den Zeitpunkt des Erlasses ankommt. Als T alkoholabhängig war und damit nicht die persönlichen Voraussetzungen für einen Waffenbesitz erfüllte, war der Erlass des Verbots rechtmäßig. Zwei Jahre später hat sich die Sachlage geändert.

3. Es ist unerheblich, ob der Widerruf einen belastenden oder einen begünstigenden Verwaltungsakt betrifft. Es gelten jeweils die gleichen Voraussetzungen.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Vorschriften über den Widerruf (§ 49 VwVfG) unterscheiden zwischen dem Widerruf eines belastenden und eines begünstigenden Verwaltungsakts - wie auch bei der Rücknahme (§ 48 VwVfG). Hebt die Behörde einen begünstigenden Verwaltungsakt auf, ist das für den Bürger grundsätzlich eine stärkere Belastung, als wenn die Behörde einen belastenden Verwaltungsakt aufhebt. Der Widerruf eines belastenden Verwaltungsakts richtet sich nach § 49 Abs. 1 VwVfG. Begünstigende Verwaltungsakte kann die Behörde nur nach Maßgabe der § 49 Abs. 2, 3, 6 VwVfG widerrufen.

4. Das Waffenverbot ist ein belastender Verwaltungsakt. Der Widerruf richtet sich nach § 49 Abs. 1 VwVfG.

Ja!

Ein belastender Verwaltungsakt liegt vor, wenn die Regelung nachteilig für den Adressaten ist. Das ist vor allem bei Ge- oder Verboten der Fall oder wenn Leistungen nicht gewährt werden. Die Behörde kann rechtmäßige belastende Verwaltungsakte nach § 49 Abs. 1 VwVfG ganz oder teilweise widerrufen. Der Widerruf liegt im Ermessen der Behörde. Die Behörde kann den Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Das Verbot belastet T. B konnte das Verbot nach § 49 Abs. 1 VwVfG mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Wenn eine erteilte Erlaubnis für erlaubnispflichtige Waffen widerrufen wird, sind die besonderen Aufhebungsvorschriften im Waffenrecht (§ 45f. WaffG) einschlägig.

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AL

AliDaei24

6.7.2023, 10:26:03

Vielleicht könntet Ihr hier gut die Abgrenzung zum Verwaltungsakt mit Dauerwirkung erklären.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

7.7.2023, 10:54:59

Hallo AliDaei24, handelt es sich deiner Meinung nach bei dem Waffenbesitzverbot nicht um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung? Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

AL

AliDaei24

7.7.2023, 18:37:44

Hi Nora, habe ich mich auch kurz gefragt, aber auch die Aufgabenstellung geht wohl davon aus, dass der VA keine Dauerwirkung hat. Sonst könnte er ja auch als rechtswidrig zurückgenommen werden und müsste nicht widerrufen werden, wenn ich es richtig sehe. Die Abgrenzung zu VAen mit Dauerwirkung dürfte wohl darin zu sehen sein, dass das Rechtsverhältnis beim Verbot einmal bis auf weiteres endgültig ausgestaltet wird. Vielleicht fällt Euch eine bessere Erklärung ein.

Dogu

Dogu

12.8.2023, 20:27:11

Wieso ist hier die Rechtmäßigkeit des VA anzunehmen? Es handelt sich bei einem Verbot doch um einen Dauer-VA (als negatives Gegenstück zu einer Genehmigung). Mithin wäre das Verbot also rechtswidrig, wenn die TBV wegfallen.

Denislav Tersiski

Denislav Tersiski

27.12.2023, 16:20:34

Ich hätte dieselbe Frage

Eileen 🦊

Eileen 🦊

14.2.2024, 14:14:50

Hier würde man mE. auf den Zeitpunkt des Erlasses abstellen.

PAUL21

Paul21

29.3.2024, 18:30:47

Liebe Eileen, das könnte man aber nach h. M. nur, soweit es sich eben nicht um einen

Dauerverwaltungsakt

handelt. Tut es das, käme es nicht auf den Zeitpunkt des Erlasses, sondern auf die der letzten mündlichen Verhandlung an.

BENED

Benedikt

16.8.2023, 13:41:13

Gibt es in solchen Fällen einen subjektiv öffentlich rechtlichen Anspruch auf Widerruf? Hier käme T mit Klagen bzw. Widerspruch wegen Fristablaufs nicht weiter, oder?

Eileen 🦊

Eileen 🦊

14.2.2024, 14:12:39

Ich würde meinen, aufgrund des Ermessens gibt es keinen Anspruch, außer dieses wäre auf Null reduziert 🤔 Bitte an das Team um Korrektur 😅


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