Aufrechnung und Klagerücknahme
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K klagt gegen B auf Zahlung von €4.000. B erklärt nach Einreichung, aber vor Zustellung der Klage die Aufrechnung mit einer Forderung iHv. €2.000. Die Aufrechnungslage bestand bereits lange vor Erhebung der Klage. K nimmt die Klage daraufhin iHv. €2.000 zurück. Die Klage war bis zur Aufrechnung voll begründet.
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Einordnung des Falls
Aufrechnung und Klagerücknahme
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Kann K die Klage auch teilweise zurücknehmen?
Ja, in der Tat!
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2. Die Entscheidung in der Hauptsache ergeht nur noch über den nicht zurückgenommenen Teil der Klage.
Ja!
3. Ergeht hier ein gesonderter Kostenbeschluss hinsichtlich der Kosten, die auf den zurückgenommenen Teil entfallen (§ 269 Abs.4 ZPO)?
Nein, das ist nicht der Fall!
4. B hat den auf den zurückgenommenen Teil entfallenden Kostenteil gem. § 269 Abs.3 S.3 ZPO zu tragen, wenn er insoweit unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen unterlegen wäre.
Ja, in der Tat!
5. Durch die nach Einreichung der Klage erklärte Aufrechnung des B ist der Klageanlass in Höhe des zurückgenommenen Teils der Klage entfallen und die Klage insoweit unbegründet geworden.
Ja!
6. Die Aufrechnung bringt die Forderungen ex tunc zum Erlöschen (§ 389 BGB). Hier standen sich die Forderungen lange vor Klageeinreichung aufrechenbar gegenüber. Folgt aus der Rückwirkungsfiktion, dass die Klage von Anfang an unbegründet war, sodass nicht B, sondern K die Kosten zu tragen hat?
Nein, das ist nicht der Fall!
7. B hat die Kosten des Rechtsstreits vollumfänglich zu tragen.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
frausummer
6.9.2023, 14:48:44
Das „daher“ in der letzten Frage finde ich irreführend. Klar ist, dass B die Kosten zu tragen hat. Das „daher“ bezieht sich für mich aber auf die vorhergehende Frage und suggeriert, dass er aufgrund der erst nach Anhängigkeit erklärten Aufrechnung und eben nicht nach außergerichtlicher Aufforderung des Klägers gezahlt hat und deshalb die gesamten Kosten zu tragen hat.
Lukas_Mengestu
6.9.2023, 17:20:00
Hallo frausummer, zur Vermeidung von Unklarheiten haben wir das rausgenommen. Konkret bezog sich das „daher“ allerdings auf die Rückwirkungsfiktion. Weil diese nicht zur anfänglichen Unbegründetheit der Klage führt, muss B hier die Kosten der anfänglich begründeten und dann zurückgenommenen Klage tragen. Beste Grüße, Lukas
Hilfloser Melancholiker
19.4.2024, 15:49:09
Verstehe nicht ganz, warum hier § 269 III 3 ZPO einschlägig ist... Der Anlass zur Klage fällt ja eigentlich doch erst mir der Aufrechnungserklärung weg. Mir ist klar, dass die Aufrechnung materiell auf den Zeitpunkt der erstmaligen Aufrechenbarkeit zurückwirkt. Aber so lange die Aufrechnung noch nicht erklärt wurde, hatte der Kläger prozessual ja einen "Anlass", die Klage zu erheben...
Nocebo
22.5.2024, 19:31:18
Das ist ja genau der Fall, den § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO regelt :) Wegfall des Anlasses zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit. Deshalb muss B die Kosten tragen. Bei einer "normalen" Klagerücknahme müsste ja ansonsten K die Kosten tragen. Da wäre dann eine Erledigungserklärung vorzugswürdig.
nboss
16.5.2024, 18:35:38
Hallo, ich verstehe nicht warum es bei der Kostentragungspflicht nicht auf die Rechtshängigkeit der Klage ankommt? Die Aufrechnung wurde doch vor Zustellung an den Beklagten erklärt? Der Eingang bei Gericht spielt doch eigentlich im Zivilrecht keine Rolle oder?
Nocebo
22.5.2024, 19:32:45
Die Rechtshängigkeit ist für die Kostentragungspflicht bei einer Klagerücknahme entscheidend :) Bei einer Rücknahme NACH Rechtshängigkeit muss grds. immer der Kläger die Kosten tragen, egal ob seine Klage begründet war/ist. Falls der Anlass also nach Rechtshängigkeit weggefallen ist und die Klage davor begründet war (wie bei einer späteren Aufrechnung), ist eine Erledigungserklärung zweckmäßig. Dagegen besteht bei einer Rücknahme VOR Rechtshängigkeit gem. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO schon von sich heraus die Möglichkeit, dass der Beklagte die Kosten tragen muss.