Aufrechnung und Klagerücknahme

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K klagt gegen B auf Zahlung von €4.000. B erklärt nach Einreichung, aber vor Zustellung der Klage die Aufrechnung mit einer Forderung iHv. €2.000. Die Aufrechnungslage bestand bereits lange vor Erhebung der Klage. K nimmt die Klage daraufhin iHv. €2.000 zurück. Die Klage war bis zur Aufrechnung voll begründet.

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Einordnung des Falls

Aufrechnung und Klagerücknahme

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Kann K die Klage auch teilweise zurücknehmen?

Ja, in der Tat!

Dem Kläger steht es frei, seinen ursprünglichen Klageantrag in der Hauptsache zu beschränken (§ 264 Nr.2 ZPO). Da es sich dabei um einen Fall der „privilegierten“ Klageänderung handelt, müssen die Voraussetzungen des § 263 ZPO (Einwilligung/Sachdienlichkeit) nicht vorliegen. Sofern die mündliche Verhandlung noch nicht begonnen hat, ist die Einwilligung des Beklagten auch nicht nach § 269 Abs.1 ZPO erforderlich.
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2. Die Entscheidung in der Hauptsache ergeht nur noch über den nicht zurückgenommenen Teil der Klage.

Ja!

Der zurückgenommene Teil ist infolge der teilweisen Klagerücknahme nie anhängig geworden (§ 269 Abs.3 S.1 ZPO). Es ergeht darüber daher keine Hauptsacheentscheidung.Der zurückgenommene Teil ist allerdings bei den Kosten zu berücksichtigen!

3. Ergeht hier ein gesonderter Kostenbeschluss hinsichtlich der Kosten, die auf den zurückgenommenen Teil entfallen (§ 269 Abs.4 ZPO)?

Nein, das ist nicht der Fall!

Grundsätzlich ergeht im Fall der Klagerücknahme auf Antrag ein Kostenbeschluss nach § 269 Abs.4 ZPO. Allerdings ist bei einer nur teilweisen Klagerücknahme ein Teilkostenbeschluss unzulässig. Vielmehr ist über die Kosten des zurückgenommenen Teils im Urteil mitzuentscheiden. Es ergeht eine Kostenmischentscheidung, die teils auf § 269 Abs.3 ZPO und teils auf §§ 91, 92 ZPO beruht.

4. B hat den auf den zurückgenommenen Teil entfallenden Kostenteil gem. § 269 Abs.3 S.3 ZPO zu tragen, wenn er insoweit unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen unterlegen wäre.

Ja, in der Tat!

Wenn der Klageanlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen ist und die Klage daraufhin zurückgenommen wird, bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen (§ 269 Abs. 3 S.3 ZPO). B muss den auf den zurückgenommenen Teil entfallenden Kostenteil gem. § 269 Abs.3 S.3 ZPO also dann tragen, wenn er bei streitiger Entscheidung unterlegen wäre.

5. Durch die nach Einreichung der Klage erklärte Aufrechnung des B ist der Klageanlass in Höhe des zurückgenommenen Teils der Klage entfallen und die Klage insoweit unbegründet geworden.

Ja!

Durch die erklärte Aufrechnung erlöschen die Forderungen, soweit sie sich aufrechenbar gegenüberstehen, gem. § 389 BGB. Die zuvor begründete Klageforderung erlischt daher iHv. €2.000, sodass die Klage insoweit unbegründet geworden ist.

6. Die Aufrechnung bringt die Forderungen ex tunc zum Erlöschen (§ 389 BGB). Hier standen sich die Forderungen lange vor Klageeinreichung aufrechenbar gegenüber. Folgt aus der Rückwirkungsfiktion, dass die Klage von Anfang an unbegründet war, sodass nicht B, sondern K die Kosten zu tragen hat?

Nein, das ist nicht der Fall!

Aufgrund der gesetzlichen Fiktion der Rückwirkung der Aufrechnungserklärung ist die Erfüllung bereits in dem Zeitpunkt eingetreten, als sich die Forderungen erstmals aufrechenbar gegenüberstanden (§ 389 BGB). Nach der hM ist die Rückwirkung der Aufrechnung nach § 389 BGB aber als lediglich materiell-rechtliche Fiktion für die prozessuale Frage des Wegfalls des Klageanlasses bedeutungslos. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung und nicht der Zeitpunkt, in dem sich die Forderungen erstmals aufrechenbar gegenüberstanden.Argumente: (1) Es ist die Erklärung der Aufrechnung und nicht die Aufrechnungslage, die das Erlöschen der Forderungen „bewirkt“. (2) Es ist auch nicht unbillig, dem Beklagten mit den Kosten zu belasten. Denn er hätte sofort nach vorprozessualer Zahlungsaufforderung die Aufrechnung erklären und insoweit die Klage unbegründet machen können.

7. B hat die Kosten des Rechtsstreits vollumfänglich zu tragen.

Ja, in der Tat!

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 iVm. § 269 Abs.3 S.3 ZPO. Hinsichtlich der noch bestehenden Klageforderung folgt die Kostentragungspflicht aus dem Unterliegen des B (§ 91 Abs.1 ZPO), da die Klageforderung des K voll begründet ist. Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, hat der Beklagte auch den auf den zurückgenommenen Teil entfallenden Kostenteil gem. § 269 Abs.3 S.3 ZPO zu tragen. Ohne die Aufrechnung hätte er die Klage auch insoweit gewonnen.
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