Zwingender Charakter § 478 II
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Omi O bestellt bei Händler H einen E-Scooter. Schon nach einer Woche muss H im Rahmen der Nacherfüllung den Akku austauschen (Kosten: €100), denn dessen Kapazität reicht wegen eines Herstellungsfehlers nur für 100m Fahrtweg. H hatte den Scooter bei Lieferant L erworben, wobei im Kaufvertrag ein Ausschluss der §§ 445a, 445b BGB vereinbart worden war.
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Einordnung des Falls
Zwingender Charakter § 478 II
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Bei dem Kaufvertrag zwischen O und H handelt es sich um einen Verbrauchsgüterkauf (§ 474 Abs. 1 S. 1 BGB).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Händler kann grundsätzlich von seinem Lieferanten Ersatz für die Kosten der Nacherfüllung verlangen (§ 445a Abs. 1 BGB).
Ja!
3. Die §§ 445a, 445b BGB sind grundsätzlich abdingbar.
Genau, so ist das!
4. Die §§ 445a, 445b BGB sind hier wirksam zwischen H und L ausgeschlossen.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Philippe
23.8.2022, 21:22:31
Und der Gewährleistungsausschluss greift unabhängig davon, ob der Käufer seinerseits an einen Verbraucher verkauft, also zB auch zwischen Groß- und Zwischenhändler? Das scheint mir deswegen etwas merkwürdig zu sein, weil das erstens gar nicht vorhersehbar ist und zweitens ein solcher Haftungsausschluss zunächst immer wirksam wäre und erst in dem Moment, in dem der letzte Vertrag in der Kette mit dem Verbraucher geschlossen wird, alle Haftungsausschlüsse in der Kette unwirksam werden. Die ratio ist zwar klar, der Hersteller soll den Schaden tragen. An Kompliziertheit ist diese Regelung aber nicht zu überbieten.
Lukas_Mengestu
17.10.2022, 13:29:45
Hallo Philippe, die Regelung ist in der Tat nicht ganz unumstritten. Nicht zuletzt, da sie stark in die Privatautonomie eingreift und letztlich europarechtlich nicht zwingend vorgegeben war. Der Gewährleistungsausschluss ist in der Tat in der gesamten Lieferkette ausgeschlossen, wenn zuletzt an einen Verbraucher verkauft wird. Allerdings besteht die Möglichkeit, dass man als Ausgleich vereinbart, dass sich der Lieferant um die Mängelbeseitigung direkt kümmert und der Händler insofern nur an ihn verweist (MüKoBGB/Lorenz, 8. Aufl. 2019, BGB § 478 RdNr. 21). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team