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Neues Kaufrecht 2022

Omi O bestellt bei Händler H einen E-Scooter. Schon nach einer Woche muss H im Rahmen der Nacherfüllung den Akku austauschen (Kosten: €100), denn dessen Kapazität reicht wegen eines Herstellungsfehlers nur für 100m Fahrtweg. H hatte den Scooter bei Lieferant L erworben, wobei im Kaufvertrag ein Ausschluss der §§ 445a, 445b BGB vereinbart worden war.

Einordnung des Falls

Zwingender Charakter § 478 II

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Bei dem Kaufvertrag zwischen O und H handelt es sich um einen Verbrauchsgüterkauf (§ 474 Abs. 1 S. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Verbrauchsgüterkäufe sind Verträge, durch die ein Verbraucher von einem Unternehmer eine Ware (§ 241a Abs. 1 BGB) kauft (§ 474 Abs. 1 S. 1 BGB).O hat als Verbraucherin (§ 13 BGB) von H als Unternehmer (§ 14 BGB) eine bewegliche Sache - und damit eine Ware nach § 241a Abs. 1 BGB - gekauft.

2. Der Händler kann grundsätzlich von seinem Lieferanten Ersatz für die Kosten der Nacherfüllung verlangen (§ 445a Abs. 1 BGB).

Ja!

Der Verkäufer kann vom Lieferanten Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Rahmen der Erfüllung des Nacherfüllungsanspruchs des Verbrauchers (§ 439 Abs. 2, 3 BGB, § 475 Abs. 4, 6 BGB) „zu tragen hatte“ (§ 445 Abs. 1 S. 1 BGB, selbständiger Lieferantenregress). Diese verschuldensunabhängige Anspruchsgrundlage setzt voraus, dass (1) es sich um eine neu hergestellte Sache handelt und (2) der relevante Mangel bereits bei Gefahrübergang auf den Verkäufer vorlag.

3. Die §§ 445a, 445b BGB sind grundsätzlich abdingbar.

Genau, so ist das!

Die §§ 445a, b sind grundsätzlich dispositives Recht. Lieferant und Verkäufer können deshalb die Haftung des Lieferanten im Rahmen der Privatautonomie beschränken oder ausschließen.

4. Die §§ 445a, 445b BGB sind hier wirksam zwischen H und L ausgeschlossen.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Vertragsfreiheit zwischen Verkäufer und Lieferant wird durch § 478 Abs. 2 BGB insoweit eingeschränkt, als eine vorherige Vereinbarung über die Einschränkung der Rechte des Verkäufers gegenüber seinem Lieferanten (einseitig) unwirksam ist, wenn der Endabnehmer ein Verbraucher ist. Eine Ausnahme gilt nur für den Fall, dass dem Unternehmer für die Einschränkung der Gewährleistungsrechte ein gleichwertiger Ausgleich eingeräumt wird. Dadurch soll gewährleistet werden, dass dem Verkäufer gegenüber dem Lieferanten potentiell die gleichen Rechte zustehen wie dem Verbraucher im Verhältnis zum Verkäufer (vgl. § 476 Abs. 1 BGB). Weil hier der letzte Vertrag in der Lieferkette ein Verbrauchsgüterkauf ist, sind die §§ 445a, 445b BGB nicht ausgeschlossen (§ 478 Abs. 2 BGB).

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PH

Philippe

23.8.2022, 21:22:31

Und der Gewährleistungsausschluss greift unabhängig davon, ob der Käufer seinerseits an einen Verbraucher verkauft, also zB auch zwischen Groß- und Zwischenhändler? Das scheint mir deswegen etwas merkwürdig zu sein, weil das erstens gar nicht vorhersehbar ist und zweitens ein solcher Haftungsausschluss zunächst immer wirksam wäre und erst in dem Moment, in dem der letzte Vertrag in der Kette mit dem Verbraucher geschlossen wird, alle Haftungsausschlüsse in der Kette unwirksam werden. Die ratio ist zwar klar, der Hersteller soll den Schaden tragen. An Kompliziertheit ist diese Regelung aber nicht zu überbieten.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

17.10.2022, 13:29:45

Hallo Philippe, die Regelung ist in der Tat nicht ganz unumstritten. Nicht zuletzt, da sie stark in die Privatautonomie eingreift und letztlich europarechtlich nicht zwingend vorgegeben war. Der Gewährleistungsausschluss ist in der Tat in der gesamten Lieferkette ausgeschlossen, wenn zuletzt an einen Verbraucher verkauft wird. Allerdings besteht die Möglichkeit, dass man als Ausgleich vereinbart, dass sich der Lieferant um die Mängelbeseitigung direkt kümmert und der Händler insofern nur an ihn verweist (MüKoBGB/Lorenz, 8. Aufl. 2019, BGB § 478 RdNr. 21). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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