+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Kind K wird immer noch vermisst. Nachbarin N erscheint auf die Vorladung der Polizei nicht.

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Einordnung des Falls

Vorführung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Vorladung kann zwangsweise durchgesetzt werden.

Genau, so ist das!

Leistet die vorgeladene Person der Anordnung ohne Grund nicht folge, kann die Vorladung im Wege der Vorführung (§ 50 Abs. 3 SOG MV, § 199 Abs. 3 LVwG, § 35 Abs. 3 SOG LSA) zwangsweise durchgesetzt werden. Allerdings ist die Vorführung nur zulässig, wenn sie zur Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist oder zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen. Strittig ist, ob darüber hinaus auch noch auf die allgemeinen Vollstreckungsregeln (§§ 44ff. SPolG, §§ 30 ff SächsPolG, Art. 70ff. BayPolG) zurückgegriffen werden kann. Überwiegend wird dies allerdings zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit bejaht. Beispielsweise ist ein milderes Mittel zur Durchsetzung der Vorladung die Festsetzung eines Zwangsgeldes, anstatt die Person direkt zwangsweise vorzuführen.
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2. Die Vorführung (§ 17 Abs. 3 PAG TH, § 50 Abs. 3 SOG MV, § 28 Abs. 3 PolG BW) ist ohne richterliche Anordnung zulässig?

Nein, das trifft nicht zu!

Im Gegensatz zur Vorladung (§ 11 Abs. 1 SOG HH, Art. 15 BayPAG Abs. 1, § 30 Abs. 1 BremPolG) bedarf die Vorführung (§ 17 Abs. 3 PAG TH, § 50 Abs. 3 SOG MV, § 28 Abs. 3 PolG BW) einer richterlichen Anordnung. Die richterliche Anordnung ist eine spezielle formelle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung. Teilweise wird das Erfordernis einfachgesetzlich in den Polizeigesetzen normiert. Ist das nicht der Fall wird die Notwendigkeit aus Art. 104 Abs. 2 S. 1 GG abgeleitet. Für eine Freiheitsentziehung ist im Gegensatz zur Freiheitsbeschränkung gemäß Art. 104 Abs. 2 S. 1 GG stets eine richterliche Anordnung erforderlich. Strittig ist, ob die Vorführung eine bloße Freiheitsbeschränkung oder gar eine Freiheitsentziehung darstellt. Eine Freiheitsbeschränkung liegt vor, wenn eine Person in irgendeiner Weise in der körperlichen Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird. Die Freiheitsentziehung setzt hingegen eine intensivere Beeinträchtigung der körperlichen Bewegungsfreiheit voraus bezogen auf Dauer und Intensität. Teilweise wird diese Intensitätsschwelle bei der Vorführung als überschritten angesehen. Einige Stimmen nehmen aufgrund der relativ geringen Dauer eine geringer Eingriffsintensität und damit eine Freiheitsbeschränkung an.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

VALA

Vanilla Latte

24.2.2024, 05:35:44

Also wie würde ich eine Vorführung prüfen? Quasi als Vollstreckung der Vorladung ganz normal nach den Vollstreckungsregeln eines unmittelbaren Zwangs, jedoch müsste ich in der materiellen RM auch die zusätzlichen Voraussetzungen der Vorführung in 10 III PolG Nrw prüfen?


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