Strafrecht

BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub u.a.

Raub (§ 249 StGB)

Wegnahme fremder beweglicher Sache – Abgrenzung § 255: Fall mit gleichen Ergebnissen

Wegnahme fremder beweglicher Sache – Abgrenzung § 255: Fall mit gleichen Ergebnissen

5. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

Die T überfällt eine Bank und bedroht den Kassierer K mit dem Tod. K händigt daraufhin der T Geldscheine aus dem für T sonst nicht zu öffnenden Tresor aus.

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Einordnung des Falls

Wegnahme fremder beweglicher Sache – Abgrenzung § 255: Fall mit gleichen Ergebnissen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der objektive Tatbestand des Raubes (§ 249 Abs. 1 StGB) setzt voraus, dass T die Geldscheine weggenommen hat.

Genau, so ist das!

Tathandlung des Raubes ist die Wegnahme des Tatobjekts. Wegnahme bedeutet den Bruch fremden und die Begründung neuen – nicht notwendigerweise tätereigenen – Gewahrsams. Gewahrsam ist die vom natürlichen Herrschaftswillen getragene tatsächliche Sachherrschaft, beurteilt nach der Verkehrsanschauung. Gewahrsam wird gebrochen, wenn er gegen oder ohne den Willen des Inhabers aufgehoben wird. Der K hatte die tatsächliche Sachherrschaft an den in der Glaskabine befindlichen Geldscheinen. Diesen hat T spätestens mit dem Verlassen der Bank aufgehoben und eigenen begründet. Fraglich ist allerdings, ob dies auch gegen den Willen des K geschah.
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2. Nach Ansicht der Rechtsprechung liegt ein tatbestandsausschließendes Einverständnis des K vor, sodass T die Geldscheine nicht weggenommen hat.

Ja, in der Tat!

Die Aufhebung des ursprünglichen Gewahrsams erfolgt dann nicht ohne bzw. gegen den Willen des Opfers, wenn ein tatbestandsausschließendes Einverständnis vorliegt. Wann das beim Raub der Fall ist, wird uneinheitlich beantwortet. Nach der Rechtsprechung handelt es sich dann um eine Wegnahme, wenn sich das Tatgeschehen nach dem äußeren Erscheinungsbild als ein "Nehmen" des Täters und nicht als ein "Geben" des Opfers darstellt. T bekommt die Geldscheine von K ausgehändigt. K hat sie also weggegeben.

3. Auch nach anderer Ansicht in der Literatur liegt ein tatbestandsausschließendes Einverständnis des K vor. Ein Streitentscheid ist damit entbehrlich.

Ja!

Nach anderer Ansicht in der Literatur ist die innere Willensrichtung des Opfers entscheidend. Glaubt das Opfer, eine Schlüsselposition innezuhaben, also einen unerlässlichen Mitwirkungsakt für den Gewahrsamswechsel leisten zu müssen, liegt bei Vorname dieses Mitwirkungsakts ein Einverständnis vor. Denn das Opfer verfügt dann mit einem sog. Rest an Freiwilligkeit über eigenes Vermögen. Das Geld war im Tresor verwahrt, zu dem T keinen Zutritt hatte. Für den Gewahrsamswechsel an den Geldscheinen musste K diese also herausgeben. Dem war er sich auch bewusst. Anschließend wären dann die §§ 253, 255 StGB zu prüfen und die Tatbestandsmäßigkeit übereinstimmend zu bejahen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

🦊²

🦊²

17.6.2022, 19:42:35

Hey, Inwiefern ist hier eine bewusste Verfügung noch freiwillig, wenn man

gegenwärtig

mit dem Leben/Tod bedroht wird? (im Rahmen der Literatur) Liebe Grüße 🦊 ²

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

20.6.2022, 12:54:10

Hallo Fuchs², der Begriff der Freiwilligkeit ist in diesem Kontext als Gegenbegriff zu

vis absoluta

zu verstehen. Es geht also primär um die Frage, ob es dem Opfer möglich ist, sich faktisch anders zu entscheiden (auch wenn dies mit erheblichen Konsequenzen einhergeht). Solange dies der Fall ist, liegt ein "Rest" an Freiwilligkeit vor, der nach der h.L. zu einem tatbestandsausschließenden Einverständnis führt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

🦊²

🦊²

20.6.2022, 19:00:04

Danke Dir! :-)

I-m-possible

I-m-possible

29.7.2022, 14:29:20

Die Frage ist hier m.E nach warum noch §§253/255 geprüft werden soll wenn die herrschende L

ehre

§249 und §§253/255 als in einem Exklusivverhältnis stehend betrachtet ? Danke vorab!

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

29.7.2022, 14:52:30

Hallo i-m-possible, die h.L grenzt die Normen nach der inneren Willensrichtung des Opfers ab. Sofern dieses die Sache "freiwillig" weggibt, scheidet der Raub bereits im objektiven Tatbestand aus und man muss nachfolgend die räuberische Erpressung prüfen. Handelt das Opfer dagegen unfreiwillig, so liegt der obj. Tatbestand des Raubes vor, sodass die räuberische Erpressung nach h.L nicht mehr zu prüfen wäre (anders der BGH, der sie auf Ebene der Konkurrenz zurücktreten lässt). Relevant ist dies primär in dem Fall, in dem der Täter zwar den obj. TB des Raubes erfüllt, ihm aber subjektiv die Zueignumgsabsicht fehlt. Ein Rückgriff auf die räuberische Erpressung ist der hL hier versagt und Strafbarkeitslücken drohen (zB gewaltsames "Ausleihen" einer Sache). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

DO

Dominic

12.8.2024, 00:31:55

Ihr geht hier gar nicht darauf ein, warum der BGH hier kein

tatbestandsausschließendes Einverständnis

annimmt. Das liegt nämlich daran, dass er ein solches gar nicht für möglich hält bei 249, da er für das Merkmal der Wegnahme iSd 249 nicht auf denselben Begriff aus 242 abstellt, sondern den Begriff hier wie folgt definiert: "Eine Handlung ist (bei 249) als wegnahme anzusehen, wenn sie sich nach dem äußeren erscheinungsbild als ein Nehmen darstellt"

Lord Denning

Lord Denning

5.9.2024, 21:38:07

Deine Definition ist am Ende nur eine Verknappung auf das Problem des tatbestandsausschließenden Einverständnisses. Im Prinzip sagt die Definition: Diese Handlung ist (wahrscheinlich bezogen auf den konkreten Fall) als Wegnahme zu sehen, wenn kein

tatbestandsausschließendes Einverständnis

vorliegt. Das der BGH sonst, würde er einen anderen Wegnahme-Begriff als den des § 242 I verwenden, nämlich implizit ausdrücken würde, dass der Raub kein zusammengesetztes Delikt aus Diebstahl und qualifizierter Nötigung ist, wäre mir neu.

Juliaaaaaaaaaaaa

Juliaaaaaaaaaaaa

14.8.2024, 22:27:27

Muss man § 249 überhaupt anprüfen, wenn es nach der h.L direkt tatbestandlich ausgeschlossen wird und nach der Rspr. ein auch Geben vorliegt?


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