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Klassisches Klausurproblem

Pilot P möchte Urlaub haben. Fluggesellschaft F lehnt seinen Antrag ab. F weist darauf hin, dass zur Sommerzeit hoher Reiseverkehr bestehe und es bereits Personalmangel geben. Zudem macht F klar, dass im Fall unberechtigten Urlaubsantritts arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen. Dennoch fährt P in Urlaub. F kündigt P.

Einordnung des Falls

Kündigung trotz fehlender Abmahnung wirksam

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Arbeitgeber muss bei verhaltensbedingten Beendigungskündigungen grundsätzlich zunächst abmahnen.

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Genau, so ist das!

Der Arbeitgeber muss vor Beendigungskündigungen grundsätzlich vorrangig abmahnen (ultima-ratio-Prinzip). Nicht nur im Leistungsbereich, sondern auch im Vertrauensbereich ist eine Abmahnung erforderlich, sofern es um ein steuerbares Verhalten des Arbeitnehmers geht und eine Wiederherstellung des Vertrauens erwartet werden kann. Denn Zweck der Abmahnung ist es, dem Arbeitnehmer die Gelegenheit zu geben, sich in Zukunft vertragsgerecht zu verhalten. Früher unterschied man, zwischen dem Leistungsbereich, in dem es einer Abmahnung bedurfte und dem Vertrauensbereich, wo eine Abmahnung entbehrlich sein sollte, da hier Beeinträchtigungen so schwerwiegend sein sollten, dass es einer Abmahnung nicht bedürfe. Diese Trennung wurde vom BAG mittlerweile aufgegeben.

2. Eine Abmahnung ist auch dann erforderlich, wenn der Arbeitnehmer zu erkennen gegeben hat, dass er nicht willens und nicht in der Lage ist, sich vertragsgerecht zu verhalten.

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Nein, das trifft nicht zu!

Eine Abmahnung ist ausnahmsweise entbehrlich, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung des Arbeitnehmers in Zukunft auch nach der Abmahnung nicht zu erwarten ist.

3. Eine Abmahnung ist auch bei schweren Pflichtverletzungen stets erforderlich.

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Nein!

Wenn es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich -auch für Arbeitnehmer erkennbar- ausgeschlossen ist, muss der Arbeitgeber nicht vorrangig abmahnen.

4. Die Kündigung des P ist aufgrund der fehlenden Abmahnung unwirksam.

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Nein, das ist nicht der Fall!

Der Arbeitgeber kann auch ohne vorherige Abmahnung kündigen, wenn es ihm aufgrund der Schwere der vertraglichen Pflichtverletzung durch den Arbeitnehmer nicht zumutbar ist, das Vertragsverhältnis fortzusetzen, und der Arbeitnehmer von vornherein nicht erwarten kann, dass der Arbeitgeber ein solches Verhalten duldet. P hat sich selbst beurlaubt und dadurch die vertraglichen Hauptleistungspflichten in erheblichem Maße verletzt. Zudem war ihm durch Äußerungen der F klar, dass F eine Selbstbeurlaubung nicht duldet und ihm arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen, wenn er sich selbst beurlaubt. Eine Abmahnung war mithin entbehrlich und die Kündigung somit wirksam.

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