Entführung
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Jurastudium und Referendariat.
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T entführt die O und fesselt sie an einen Stuhl. T droht O an, ihr die Finger zu brechen, wenn sie nicht still ist. O weint und zittert vor Angst.
Einordnung des Falls
Entführung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Indem T der O gedroht hat, ihr die Finger zu brechen, hat er sie "körperlich misshandelt" (§ 223 Abs. 1 Var. 1 StGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
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Tigerwitsch
15.4.2021, 23:15:43
Wenn O vor Angst zittert, dann machen sich doch psychische Auswirkungen auch körperlich bemerkbar. Insofern hätte ich - in Anlehnung an den vorherigen Brennspiritus-Fall - gedacht, dass § 223 Abs. 1 StGB erfüllt wäre. Denn O weint ja nicht „nur“, sondern es treten weitere Verhaltensweisen hinzu. Ausweislich des zitierten Beschlusses des BGH geht das Gericht zumindest von „unklaren“ Feststellungen im konkreten Fall aus, die die Vorinstanz nicht entsprechend erläutert habe.
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Tigerwitsch
15.4.2021, 23:21:38
Hier der entsprechende Auszug aus der o.g. Entscheidung: „Das körperliche Wohlempfinden kann nicht allein durch psychische Reaktionen beeinträchtigt werden (...), so dass das Hervorrufen von Angst nicht als Taterfolg im Sinne des § 223 Abs. 1 StGB ausreicht. Bedrohungs- oder Einschüchterungshandlungen dürfen sich hinsichtlich der Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens nicht nur auf das seelische Gleichgewicht auswirken, sondern sie müssen auch die körperliche Verfassung des Opfers betreffen (...). Ob dies hier der Fall war, bleibt nach den getroffenen Feststellungen zumindest unklar. Zudem muss der Körperverletzungserfolg vom Vorsatz des Täters umfasst sein. Dazu verhalten sich die Urteilsfeststellungen nicht. Eine Erläuterung der rechtlichen Bewertung fehlt.“
Henry Vetter
23.4.2021, 17:22:08
Schau dir dazu mal BGH, 18.07.2013 - 4 StR 168/13 an. Bei solchen emotionalen Reaktionen fehlt die Erheblichkeit für § 223 I.
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Lukas_Mengestu
11.5.2021, 14:28:43
Hallo ihr beiden, wie Henry schon eingewendet hat, ist es letztlich eine Entscheidung des Tatrichters, ob er eine erhebliche Beeinträchtigung feststellt oder die Reaktion noch unter die Bagatellgrenze fallen lässt. Allgemeingültige Maßstäbe lassen sich insoweit abstrakt nicht aufstellen, wobei im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut hier eher Zurückhaltung geboten ist. Beispielhaft zählt das OLG Köln (NJW 1997, 2191) u.a. Schweißausbruch, Herzklopfen oder verstärkte Verdauungstätigkeit (=Durchfall) noch als unerheblich bewertet, wogegen bei Magenschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Schlaflosigkeit oder Schwindelgefühl die Erheblichkeitsschwelle erreicht oder überschreiten wäre. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
n00b
5.8.2022, 13:28:23
Ich finde unkontrollierbares, ungewolltes Zittern ist mehr etwas körperliches als etwas seelisches. Brechemreitmz und Zitterreiz sind doch das gleiche?