Zivilrecht
Examensrelevante Rechtsprechung ZR
Entscheidungen von 2016
Widerruf nach Einbau eines Katalysators
Widerruf nach Einbau eines Katalysators
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K bestellt im Internet bei Autoteile-Händler V einen Katalysator zum Preis von 300 €. Er baut den Katalysator in sein Kfz ein und führt eine Probefahrt durch. Dabei stellt er fest, dass der Katalysator die Leistung seines Wagens beeinträchtigt. Deswegen baut er den Katalysator wieder aus und widerruft den Vertrag mit V.
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Einordnung des Falls
Widerruf nach Einbau eines Katalysators
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. K hat gegen V einen Anspruch auf Rückgewähr des Kaufpreises aus §§ 355 Abs. 3 S. 1, 357 Abs. 1 BGB.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. V kann mit einem eigenen Anspruch aufrechnen, wenn ihm seinerseits ein Zahlungsanspruch gegenüber K zusteht.
Ja, in der Tat!
3. V hat gegen K einen Wertersatzanspruch aus § 357a BGB, wenn er den K auf diesen Anspruch hingewiesen hat (§ 357a Abs. 1 Nr. 2 BGB).
Ja!
4. Wenn der Verbraucher gleichzeitig vom Vertrag zurücktritt, entfällt (auch) für den Widerruf der Wertersatzanspruch wegen § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Hs. 2 BGB.
Nein, das ist nicht der Fall!
5. Die Kosten der anderweitigen Veräußerung sind vom Wertersatzanspruch des Unternehmers umfasst.
Nein, das trifft nicht zu!
6. Der Gewinnanteil des V ist aus dem Wertersatz herauszurechnen.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Im🍑nderabilie
10.11.2022, 10:13:54
Könntet ihr hier bitte die Normenlinks aktualisieren? :)
Nora Mommsen
10.11.2022, 10:59:24
Hallo Imponderabilie, danke für den Hinweis. Wir haben nun alle Normverlinkungen angepasst. :) Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Cillar
13.2.2023, 15:55:07
Eine habt ihr übersehen bzw. das klein a beim 357 vergessen. Bei der Frage nach dem Wertersatz zitiert ihr 357 Abs. 1 Nr. 2, hier müsste es 357a Abs. 1 Nr. 2 heißen.
Klima-Kleber
14.4.2023, 19:27:40
Ich verstehe nicht, weshalb aus einem Umkehrschluss zu § 357a II 2 BGB gefolgert werden kann, dass der objektive Wert maßgeblich ist, sodass der Gewinnanteil herauszurechnen wäre. In § 357a II 2 BGB steht doch ausdrücklich, dass der vereinbarte Gesamtpreis maßgeblich ist. Für dessen Berechnung wird doch in der Realität der Gewinnanteil berücksichtigt, oder irre ich mich?
Dogu
1.6.2023, 11:13:08
357a II 2 BGB gilt für Dienstleistungen, hier geht es aber um eine Warenlieferung nach § 357a I BGB. Die Regelung in II 2 ergibt nur Sinn, wenn für Fälle des Abs. 1 etwas anderes gilt.
QuiGonTim
10.3.2024, 15:29:45
@[Dogu](137074) Danke :)
Felix
1.11.2023, 14:10:54
Ersetzt nicht § 361 Abs. 2 S. 2 BGB den vom BGH herausgebildeten Vorrang des Widerrufsrechts gegenüber § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB?
Sebastian Schmitt
18.10.2024, 11:52:33
Hallo @Felix, § 361 II 2 BGB enthält ein klassisches Umgehungsverbot, das "anderweitige Gestaltungen" verhindert, mit denen die Vorschriften des Widerrufsrechts umgangen werden sollen. Andere gesetzliche Vorschriften sind grds keine "anderweitigen Gestaltungen" in diesem Sinne. Gemeint sind vielmehr Verhaltensweisen und (vertragliche) Absprachen zwischen Personen (s zB Fritsche MüKoBGB/Fritsche, 9. Aufl 2022, § 361 Rn 17; BeckOK-BGB/Müller-Christmann, 71. Ed, Stand 1.2.24, § 361 Rn 13). Der BGH will hier auch keinen (allgemeinen) "Vorrang des Widerrufsrecht" ausdrücken, wie Du es nennst. Er stellt lediglich klar, dass bestimmte Wertungen des
Rücktrittsrechts aus den genannten Gründen und in unserem Fall nicht einfach auf das Widerrufsrecht übertragbar sind. Rücktritt und Widerruf sind danach also schlicht getrennt zu betrachten, ein "Vorrangverhältnis" wird dadurch nicht begründet. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
QuiGonTim
10.3.2024, 15:29:04
Liebes Jurafuchs-Team, vielen Dank für die Aufbereitung des Urteils. Leider ist mir jedoch in den letzten Fragen nicht ganz klar, ob ihr gerade den Wertersatz bei Rücktritt oder bei Widerruf prüft. Im Übrigen ist mir - wie vielen anderen auch - nicht ganz klar, inwiefern man über einen Umkehrschluss aus § 357 Abs. 2 S 2 BGB zum objektiven Wert als Maßstab für den Wertersatz kommen soll. Ich bitte euch, den Fall diesbezüglich nochmals zu überarbeiten. :)
Sebastian Schmitt
18.10.2024, 11:43:23
Hallo @[QuiGonTim](133054), vielen Dank für Deinen Hinweis. Ich kann durchaus nachvollziehen, dass die Differenzierung hier nicht ganz klar ist. Wir prüfen das Widerrufsrecht, wie in der ersten Fallfrage vorgegeben. Die Argumentation dazu (auch die des BGH in seiner Enstcheidung) nimmt allerdings an vielen Stellen Bezug auf die Vorschriften zum Rücktritt, ua weil § 357 I 1 BGB aF (vor Mitte 2014) ausdrücklich auf "die Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt" verwies. Viele Wertungen aus der damaligen Zeit spielen auch heute noch eine Rolle – und sei es nur, um zu begründen, warum man es heutzutage wegen des nun fehlenden ausdrücklichen Verweises anders machen sollte. Wir haben jetzt versucht, das in der Aufgabe deutlicher herauszustellen. Zu § 357 II 2 BGB: Der stellt auf den vereinbarten Gesamtpreis ab (also inklusive evtl großzügigem Gewinnanteil), gilt allerdings nur für Dienstleistungen. Hier haben wir aber eine Ware nach I. Dort haben wir keine entsprechende Vorschrift, also: Umkehrschluss dahingehend, dass hier der objektive Wert zählt. Auch hier haben wir jetzt versucht, das in der Lösung der letzten Frage kurz näher zu erläutern. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team