Zivilrecht
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Schadensrecht
Nutzungsausfallschaden bei gewerblich genutztem LKW
Nutzungsausfallschaden bei gewerblich genutztem LKW
22. Februar 2025
34 Kommentare
4,6 ★ (29.214 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
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Speditionsbetreiber A beauftragt B mit der Reparatur eines LKW. Durch Bs fehlerhafte Reparatur entsteht ein Motorschaden. A kann den LKW für 12 Monate nicht benutzen und muss Aufträge an Fremdfirmen vergeben. Nach der Reparatur fordert A Schadensersatz für den Nutzungsausfall des LKW, die Mehrkosten der Fremdaufträge und erhöhten Personalaufwand.
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Einordnung des Falls
Nutzungsausfallschaden bei gewerblich genutztem LKW
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A hat gegen B einen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1, 2, 286 BGB.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. A hat gegen B einen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB dem Grunde nach.
Ja!
3. Hinsichtlich des Geldaufwandes, der durch die Vergabe an Fremdfirmen entstanden ist, kann A Schadensersatz in Geld gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB verlangen.
Genau, so ist das!
4. A will ebenfalls den Nutzungsausfall des LKW von B ersetzt bekommen. Ist die Naturalherstellung hinsichtlich der Nutzung in natura noch möglich (§ 249 BGB)?
Nein, das trifft nicht zu!
5. Bei privat genutzten Fahrzeugen ist ein abstrakter Nutzungsausfallschaden unter bestimmten Voraussetzungen als Schaden im Sinne des § 251 BGB anerkannt.
Ja!
6. Auch für gewerblich genutzte Fahrzeuge kann der abstrakte Nutzungsausfallschaden pauschal gemäß § 251 BGB verlangt werden.
Nein, das ist nicht der Fall!
7. A kann die nutzlos aufgewendeten Vorhaltekosten für den LKW (Kfz-Steuer und Beiträge zur Haftpflichtversicherung) als Schaden liquidieren.
Nein, das trifft nicht zu!
8. Ein konkreter Nutzungsausfallschaden könnten die erhöhten Personalkosten sein.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
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LS2024
11.3.2024, 12:11:47
Ich finde die Frage nach dem Personalaufwand suggeriert, dass dieser gar nicht ersetz verlangt werden kann. Laut dem BGH
Urteilgeht dies allerdings nach § 252 1 BGB: "Dem hat der Kläger im Streitfall Rechnung getragen und dargestellt, dass sich der Entzug der Gebrauchsmöglichkeit gewinnmindernd ausgewirkt hat. Er hat als Schaden zum einen die Mehrkosten durch die Fremdvergabe von Transportleistungen und zum anderen - wenn auch, wie die Vorinstanzen an genommen haben, unschlüssig - die Kosten des Einsatzes der Arbeitskräfte zur Kompensation der fehlenden Kranunterstützung quantifiziert." Der Ersatz des Personalaufwands scheiterte also nur aufgrund von Beweisfragen.
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Tim Gottschalk
6.2.2025, 09:36:04
Hallo @[LS2024](144077), danke für deinen Hinweis. Wir haben den Fall nun etwas überarbeitet, um das besser darzustellen. Schau dir das doch gerne einmal an und sag uns Bescheid, ob das jetzt deutlicher wird. Du hast auch Recht, dass der BGH diese Fragen (auch nach dem Nutzungsausfall generell) nach § 252 BGB löst. Auch diese entgangenen Gewinne sind jedoch Schäden nach § 251 BGB. Insofern haben wir uns dafür entschieden, auf § 252 BGB nicht gesondert einzugehen, insbesondere da eine genaue Abgrenzung mit den Informationen im Fall schwierig ist. Viele Grüße, Tim - für das Jurafuchs-Team @[Wendelin Neubert](409)
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LS2024
11.3.2024, 12:15:04
Entgegen der Lösung können
Vorhaltekostengrundsätzlich ersetzt verlangt werden. So auch der BGH hier: "Verfügt der Geschädigte über ein Reserve
fahrzeugund kann er den Verlust durch Rückgriff auf diese Betriebsreserve auffangen, kann er in der Regel die
Vorhaltekostendes Reserve
fahrzeugs als Schadensersatz ersetzt verlangen" Dafür das der Schaden hier nicht kausal war bestehen mMn die Sachverhaltsangaben dazu, wann diese entstanden sind.
LaulauAC
15.4.2024, 16:26:25
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LS2024
15.4.2024, 17:05:13
LaulauAC
15.4.2024, 17:06:04
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LS2024
15.4.2024, 17:09:29
Doch: "A kann die nutzlos aufgewendeten
Vorhaltekostenfür den LKW (Kfz-Steuer und Beiträge zur Haftpflichtversicherung) als Schaden liquidieren." Wofür sollte auch sonst Kfz-Steuer angefallen sein?
LaulauAC
15.4.2024, 17:11:35
Ich nehme mal an für den LKW, der sich in der Reparatur befand. Ich lese hier nichts von einem Ersatz-LKW.
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LS2024
15.4.2024, 17:14:27
Dogu
7.6.2024, 16:06:30
Da steht aber nutzlose
Vorhaltekosten. Die Kosten wären nicht nutzlos, wenn es sich um einen tatsächlich genutztes Ersatz
fahrzeuggehandelt hätte. Im SV ist nur von einem LKW, dem geschädigten
Fahrzeug, die Rede.
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LS2024
8.6.2024, 10:13:48
Ah ja, jetzt verstehe ichs. Ihr habt Recht.
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LS2024
11.3.2024, 12:20:47
Entgegen der Lösung sind die Kosten für die Beauftragung der Fremdfirmen nicht im Rahmen der
Naturalrestitutionersetzbar. Stattdessen richtet sich der Ersatz laut BGH nach § 252 1 BGB.
Dogu
7.6.2024, 16:05:12
§ 252 S. 1 BGB ist doch die
Naturalrestitution? Das hat im Gegensatz zu S. 2 nur klarstellende Funktion.
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LS2024
8.6.2024, 10:31:01
Ah, das wusste ich nicht. Dann würde ich einfach in der Lösung den § 252 1 BGB noch erwähnen.
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Tim Gottschalk
6.2.2025, 10:10:36
Hallo @[LS2024](144077), tatsächlich ist § 252 S. 1 BGB keine eigene Grundlage für Schadensersatz, sondern hat deklaratorische Wirkung. Auch die Schäden, in deren Zusammenhang der BGH die Norm erwähnt, fallen daher unter § 249 oder § 251 BGB. Wie im anderen Thread erwähnt, gehen wir daher an dieser Stelle nicht auf § 252 BGB ein. Viele Grüße, Tim - für das Jurafuchs-Team @[Wendelin Neubert](409)
Diaa
8.9.2024, 18:16:05
Ich konnte nicht ganz verstehen, 1. was genau mit hohen Personalkosten gemeint war und 2. ob A diese verlangen kann. Die Antwort war leider, trotz
wiederholtem Durchlesen, nicht verständlich.
david1234
15.10.2024, 13:18:56
Dieser Fall ist leider schlecht aufgearbeitet und sollte nochmal überarbeitet werden. In der Frage steht was zu Nutzungen, in der Antwort zu Personalkosten. Auch der Abschnitt über 249 und 250, 251 ist nur verwirrend dargestellt.
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Nils
25.12.2024, 02:27:57
Sehe ich auch so.
unvorsätzlicher Totschläger
29.12.2024, 12:52:09
Finde die Aufgabe und v.a. den Sachverhalt auch etwas verwirrend, ist bestimmt auch dem ge
schuldetet, dass es ein doch eher komplizierter Fall ist... musse auch googeln, habe es mit den verlinkten Artikeln nen bisschen mehr verstanden :D da wird auch nochmal der Sachverhalt, bzgl. Personalkosten etc. erklärt.. für jeden, der nicht bis zur Antwort warten will vielleicht hilfreich https://blog.burhoff.de/2019/02/51302/ https://www.srf-hn.de/portfolio-items/keine-nutzungsausfallentschaedigung-bei-gewerblicher-nutzung/
unvorsätzlicher Totschläger
29.12.2024, 13:19:38
Vielleicht noch eine weitergehende Frage: Wieso sind denn die Personalkosten
unmöglichzu ersetzen? Eigentlich sind das doch ganz klassische Kosten, die über § 249 II ,,statt der Herstellung" durch den
Schuldner. Ganz ähnlich den Kosten für die Vergabe an die Fremdfirmen. Bildlich gesprochen ersetzen die Fremdvergabe den LKW und die Personalkosten doch den Kran auf dem LKW (im Originalfall)?
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Tim Gottschalk
6.2.2025, 10:15:37
Hallo @[Diaa](211889), @[david1234](229145), @[Nils](40945) und @[un
vorsätzlicher Totschläger](262504), wir haben den Fall nun etwas überarbeitet, damit er verständlicher wird. Schaut ihn euch gerne einmal an und meldet euch, wenn weiterhin Unklarheiten bestehen. Mit Personalkosten ist gemeint, dass der A mehr Personal gebraucht hat, um den Ausfall des LKW zu kompensieren. Das lag im Ausgangsfall daran, dass der LKW einen Kran hatte und dieser durch mehr Arbeit mit Muskelkraft ersetzt wurde. @[un
vorsätzlicher Totschläger](262504) zu deiner Frage hinsichtlich der
Unmöglichkeitder Wiederherstellung verweise ich auf meine Antwort im Parallelthread von Nani123. Viele Grüße, Tim - für das Jurafuchs-Team @[Wendelin Neubert](409)
Nani123
22.10.2024, 20:45:49
Warum sind die Kosten für Fremdfirmen ersetzbar, die erhöhten Personalkosten aber nicht? Bei den Personalkosten wird mit der
Differenzhypotheseargumentiert. Hätte das schädigende Ereignis, also die schlechte Reparatur nicht stattgefunden, hätte A nicht zusätzliche Personalkosten gehabt… Die Argumentation bzgl der Personalkosten sind jedoch völlig anders.. da wird auf § 250 abgeziehlt, obwohl es sich doch um das gleiche schädigende Ereignis handelt, also Schaden an einer Sache… weil die Herstellung
unmöglichist.. Warum war sie bei den Kosten für Fremdfirmen denn dann möglich? Die Aufgabe hat mich total verwirrt :(
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Tim Gottschalk
6.2.2025, 10:06:10
Hallo @[Nani123](82314), auch die Kosten für Personal sind im Grunde ersatzfähig. Du hast Recht, dass die Aufgabe vorher etwas verwirrend war. Wir haben sie jetzt etwas angepasst, um das zu verbessern. Schau dir die aktuelle Version gerne noch einmal an und sag uns Bescheid, ob sie für dich jetzt verständlicher ist. Hinsichtlich der
Unmöglichkeitder Wiederherstellung liegen zwischen den Fremdfirmen und der Personalkosten liegt tatsächlich ein Unterschied vor: Schwab formuliert es in seiner
Urteilsbesprechung so: "Daher konnte K gewiss Ersatz für die Kosten jener Transporte fordern, die er tatsächlich durch Drittunternehmen ausführen ließ: Diese Fremdleistungen stellten K so, wie er stünde, wenn er für die jeweiligen Transporte seinen eigenen Kipplader hätte nutzen können. Sie
waren daher als Naturalherstellung und die dafür aufgewendeten Kosten als der hierzu erforderliche Geldbetrag einzuordnen. Vorliegend stand allerdings eine andere Position im Streit: eine Geldzahlung dafür, dass K 14 Monate lang daran gehindert war, den Kipplader zu nutzen. Die Nutzung des Kippladers ist nicht nachholbar; insoweit ist die Herstellung
unmöglich." (JuS 2019, 484) Da es sich bei den Personalkosten um (konkreten) Nutzungsausfall handelt, liegt dahingehend ebenfalls die
Unmöglichkeitder Wiederherstellung in natura vor. Insofern hat der A auf andere Weise als durch Nutzung des LKW seine Geschäfte weiterbetrieben. Viele Grüße, Tim - für das Jurafuchs-Team @[Wendelin Neubert](409)
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Tim Gottschalk
6.2.2025, 10:19:15
PS: Dass der
Nutzungsausfallschadenauf § 251 Abs. 1 BGB gestützt wird, ist dabei keinesfalls unumstritten. Wenn dich das Gesagte also nicht überzeugt, kannst du wohl auch vertreten, dass es ein wiederherstellbarer Schaden ist, BeckOK BGB/Flume, 72. Ed. 1.5.2024, BGB § 249 Rn. 134.
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Artimes
14.11.2024, 10:55:18
Sollte das Problem des abstrakten Nutzungsausfalls schon bei der Anwendung der
Differenzhypothesedurch
normative Korrektur behandelt werden, oder erfolgt die Prüfung erst bei der Ersatzfähigkeit nach § 251 Abs. 1 BGB, um den Vermögensschaden zu begründen?
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Tim Gottschalk
6.2.2025, 09:46:58
Hallo @[Artimes](3106), ich würde den abstrakten Nutzungsausfall erst beim Vermögensschaden nach § 251 Abs. 1 BGB erörtern. Die
Differenzhypothesedürfte in Fällen wie diesem - jedenfalls hinsichtlich des Nutzungsausfalls - eher unproblematisch sein. Das Problem des abstrakten Nutzungsausfalls stellt sich dann erst im Nachgang, wenn man sich fragt, inwiefern der Entfall der Nutzungsmöglichkeit ersatzfähig nach § 251 Abs. 1 BGB ist. Viele Grüße, Tim - für das Jurafuchs-Team @[Wendelin Neubert](409)