Umfang der Schadensersatzpflicht bei Rentenneurose
19. Mai 2025
8 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

A erleidet bei einem durch B verschuldeten Auffahrunfall diverse Prellungen. Obwohl die Prellungen unproblematisch verheilen, meint A, er leide fortwährend an Schmerzen und könne deshalb keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen und habe deshalb einen Verdienstausfallschaden. Gutachter G stellt fest, dass die Arbeitsunfähigkeit nicht auf der Körperverletzung beruht, sondern auf einer mangelhaften Verarbeitung des Unfallereignisses durch A.
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Einordnung des Falls
Umfang der Schadensersatzpflicht bei Rentenneurose
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Verdienstausfall ist ein durch die Körperverletzung adäquat kausal entstandener Schaden.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Verdienstausfallschaden ist vom Schutzzweck der Norm umfasst.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Orfeas
18.3.2021, 16:04:37
“
Rentenneurose” 😅 Kam der Begriff vom BGH oder von dem behandelnden Arzt als Gutachter?

Speetzchen
18.3.2021, 23:20:41
ist tatsächlich ein medizinischer Begriff ✌😅

Orfeas
19.3.2021, 01:17:38
Heftig! Erinnert mich bisschen an die “Schulitis” als Krankheitsbild 😁
Ryd
4.10.2024, 15:30:18
Ich finde die Darstellung recht fragwürdig, die Frage nach dem
Schutzzweck der Normaufzuwerfen, ohne überhaupt einen konkreten Normbezug herzustellen. Mir ist durchaus bewusst, dass die Wertung infolge einer
Rentenneurosetrotzdem durchaus lehrreich ist, aber eine Darstellung mit Normbezug wäre mMn schlüssiger.
Leo Lee
6.10.2024, 06:42:38
Hallo Ryd, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! Wir haben den Normbezug hier in der Tat weggelassen; allerdings haben wir dies getan, weil der
Schutzzweck der Normeine allgemeine Erwägung ist und auch an verschiedenen Stellen relevant werden kann. Etwa bei 249 aber auch bei 823 (hier dann i.R.d. ausfüllenden Kausalität). Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-BGB 9. Auflage, Oetker § 249 Rn. 120 ff. sehr empfehlen und bitte insoweit um Verständnis :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
annsophie.mzkw
14.4.2025, 09:15:09
Beim Lesen des Sachverhalts bin ich eher von einer Posttraumatischen Belastungsstörung o.ä. ausgegangen. Eine „mangelhafte Verarbeitung“ des Unfallgeschehens kann sich doch auf ganz verschiedene Arten und Symptome äußern? Und psychische Folgeschäden sind ja grds. sehr wohl - sogar ggf. wenn es sich um Dritte handelt (Stichwort
Schockschaden) - ersatzfähig. In einer Klausur würde da aber vermutlich mehr zu stehen, damit man als Bearbeiter erkennt, was im konkreten Fall einschlägig ist.
Lt. Maverick
1.5.2025, 15:31:35
Im konkreten Fall lag eben keine gesicherte posttraumatische Belastungsstörung vor, sondern lediglich die Schwierigkeit den Unfall zu verarbeiten. Das wäre sonst Sachverhaltsquetsche. Das Problem der Verarbeitung bzw. Aufarbeitung entspringt nicht allein dem Unfall, sondern ist meist auf weitere Ursachen zurückzuführen (z.B. bereits bestehende generelle Angststörung usw.). Probleme bei der Verarbeitung negativer Ereignisse betreffen im Grunde das allgemeine Lebensrisiko. Manch einer kommt damit besser zurecht als ein anderer. Wer bereits „vorbelastet“ ist, trägt zwar ein höheres Risiko dafür in sich, aber dieses kann nicht gänzlich auf Dritte abgewälzt werden, wenn kein unmittelbarer Sachzusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und dem
Schadenselbst besteht. Genau diesen Sachenzusammenhang setzt aber der
Schutzzweck der Normvoraus. Jedes schädigende Ereignis kann insoweit einen Schock oder psychische Leiden verursachen, die es gilt zu verarbeiten. Wer jetzt aber einer Verarbeitung ausweicht, um so eine Versorgung durch den Schädiger sichern zu können, der macht das nicht, weil die psychischen Leiden infolge des schädigenden Ereignisses so groß sind, sondern weil die Versorgung die Lebensumstände milder gestaltet als eine dauerhafte Erwerbstätigkeit.