Schutzdimension: APR als Abwehrrecht gegenüber unzureichendem zivilgerichtlichen Rechtsschutz


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Prinzessin P wird im Urlaub von Fotograf F fotografiert. P wehrt sich zivilrechtlich gegen die Veröffentlichung der Fotos. Das Gericht verneint Ansprüche der P mit der Begründung, "als Prinzessin müsse P schließlich sowas dulden".

Einordnung des Falls

Schutzdimension: APR als Abwehrrecht gegenüber unzureichendem zivilgerichtlichen Rechtsschutz

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die privaten Lebensvorgänge der P im Urlaub sind verfassungsrechtlich geschützt.

Ja, in der Tat!

Das Grundgesetz enthält ein allgemeines Persönlichkeitsrecht (APR). Dieses soll "die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen gewährleisten, die sich durch die traditionellen konkreten Freiheitsgarantien nicht abschließend erfassen lassen" (BVerfG, Beschl. v. 03.06.1980 - 1 BvR 185/77). Die Lebensvorgänge der P im Urlaub gehören zu deren enger persönlicher Lebenssphäre. Sie sind damit durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht verfassungsrechtlich geschützt.

2. F ist an Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG unmittelbar gebunden.

Nein!

Die Grundrechte sind in erster Linie Abwehrrechte des Bürgers gegenüber dem Staat. Nach h.M. binden sie Private nicht unmittelbar. F ist damit nicht unmittelbar an Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gebunden.

3. Die Grundrechte wirken aber mittelbar auch im Zivilrechtsverhältnis zwischen F und P.

Genau, so ist das!

Die Grundrechte sind zwar in erster Linie Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat. In den Grundrechten des GG verkörpert sich aber auch eine objektive Wertordnung, die als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts gilt (grundlegend BVerfG, Urt. v. 15.01.1958 - 1 BvR 400/51). Die Grundrechte binden daher Private mittelbar in ihrem Verhältnis zu anderen Privaten (mittelbare Drittwirkung).

4. Das Zivilgericht ist bei seiner zivilgerichtlichen Entscheidung zum Privatrechtsverhältnis von P und F an Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG unmittelbar gebunden.

Ja, in der Tat!

Das Zivilgericht ist als Teil der Judikative staatliche Gewalt und unmittelbar an die Grundrechte gebunden (Art. 1 Abs. 3 GG). Entscheidet es unter Verkennung der Einwirkung der Grundrechte auf das Zivilrecht gegen eine der Parteien des zivilrechtlichen Streits, verletzt es unmittelbar die Grundrechte dieses Grundrechtsträgers. In diesen mehrpoligen Rechtsverhältnissen zwischen mehreren Privaten sowie unter Einbeziehung des Staates - hier in Form des Zivilgerichts - ist es wichtig, die jeweiligen Bindungen und Wirkungen der Grundrechte sauber zu unterscheiden.

5. Das Gericht hat durch seine pauschalen Hinweise die Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der P und dessen Einwirkung in das Zivilrechtsverhältnis verkannt.

Ja!

Nach der Theorie der mittelbaren Drittwirkung binden die Grundrechte Private mittelbar im Privatrechtsverhältnis. Sie sind bei der Auslegung zivilrechtlicher Normen zu berücksichtigen. Insbesondere im Rahmen von Zivilklagen, die auf die Geltendmachung von Persönlichkeitsrechten abzielen, ist die Einwirkung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) auf das Zivilrechtsverhältnis zu berücksichtigen. An dem pauschalen Hinweis, "als Prinzessin müsse P schließlich sowas dulden", wird deutlich, dass das Gericht das allgemeine Persönlichkeitsrecht der P nicht in die Auslegung der zivilrechtlichen Normen einbezogen und seine Bedeutung verkannt hat.

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