Zivilrecht

Sonstige vertragliche Schuldverhältnisse

Dienstvertrag, §§ 611ff. BGB

Behandlungsvertrag nach §§ 630a ff. BGB als besondere Form des Dienstvertrags

Behandlungsvertrag nach §§ 630a ff. BGB als besondere Form des Dienstvertrags

8. Juli 2025

7 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

D hat furchtbare Zahnschmerzen und sucht daraufhin Zahnärztin Z auf. Z erklärt ihr, dass sie im Rahmen eines Behandlungseingriffs die Weisheitszähne der D ziehen müsse. D ist gesetzlich krankenversichert und schließt mit Z einen entsprechenden Vertrag.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Behandlungsvertrag nach §§ 630a ff. BGB als besondere Form des Dienstvertrags

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. D und Z haben einen Behandlungsvertrag (§ 630a BGB) zur Vornahme einer Ziehung der Weisheitszähne geschlossen.

Ja, in der Tat!

Der Behandlungsvertrag (§ 630a BGB) ist ein gegenseitiger Vertrag, bei dem sich der Behandelnde zur Vornahme einer medizinischen Behandlung verpflichtet. Der Patient ist zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet, soweit nicht ein Dritter zur Zahlung verpflichtet ist. Dies stellt klar, dass auch ein Kassenpatient einen Behandlungsvertrag mit dem Behandelnden abschließt, obwohl die gesetzliche Krankenkasse die Vergütungspflicht trifft.Z verpflichtet sich durch den Vertrag zur Entfernung der Weisheitszähne und somit zur Vornahme einer medizinischen Behandlung, sodass Z und D einen Behandlungsvertrag (§ 630a BGB) geschlossen haben. Dem steht nicht entgegen, dass nicht D, sondern ihre gesetzliche Krankenkasse zur Vergütung verpflichtet ist (§ 630a Abs. 1 Hs. 2 BGB).
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2. Z schuldet D einen Behandlungserfolg.

Nein!

Der Behandlungsvertrag ist ein qualifizierter Dienstvertrag. Der Behandelnde schuldet daher keinen Behandlungserfolg, sondern lediglich die ordnungsgemäße Leistungserbringung im Rahmen der ärztlichen Bemühenspflicht. Die Behandlung hat nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen, soweit nicht etwas anders vereinbart ist (§ 630a Abs. 2 BGB).Gegenstand des Behandlungsvertrags zwischen D und Z ist lediglich die Vornahme des medizinischen Behandlungseingriffs, also die Erbringung einer Dienstleistung. Z schuldet daher D keinen Behandlungserfolg.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

RAP

Raphaeljura

25.7.2023, 10:56:01

Könnte man hier auch einen Werkvertrag vereinbaren, gerade dann wenn mit herausragenden Behandlungserfolgen geworben wird?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

1.8.2023, 16:56:45

Hallo Raphaeljura, grundsätzlich gilt im Zivilrechtsverkehr Privatautonomie, d.h. selbstverständlich können die Parteien auch vereinbaren, dass sie - abweichend von der gesetzlichen Konzeption - einen Werkvertrag vereinbaren. Das muss sich aber auch aus der Parteivereinbarung geben. Wegen der Komplexität der Vorgänge im menschlichen Körper und ihrer teilweisen Unbeherrschbarkeit durch den Menschen und auch durch die moderne Medizin dürfte der Arzt regelmäßig gerade nicht dafür einstehen wollen, ein bestimmtes "Werk" oder einen Erfolg zu

schuld

en, sondern eben nur eine Behandlung nach den anerkannten Regeln der ärztlichen Heilkunst. Allein aus dem Verweis auf vergangene Erfolge kann man insoweit nicht bereits schließen, dass er sich zur Leistung eines Erfolges verpflichten wollte. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

LAURA

Laura

17.3.2024, 18:30:09

Könnte man hier nicht aber den Erfolg dahingehend annehmen, dass die Weisheitszähne auch tatsächlich entfernt werden sollen?

PAUHE

Paul Hendewerk

11.4.2025, 16:40:42

Grundsätzlich werden sich Ärzte nicht dazu verpflichten wollen, einen konkreten Behandlungserfolg herbeizuführen. Wenn es aber um einen standartisierten ärztlichen Eingriff - wie die Entfernung von Weisheitszähnen - geht, liegt es meines Erachtens näher, einen Werkvertrag anzunehmen.

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

15.6.2025, 14:45:09

Hallo @Laura, hallo @[Paul Hendewerk](274540), selbst bei "Standard"-Eingriffen würde ich das aus den von meinem Kollegen oben genannten Gründen eher zurückhaltend sehen. Ärztliche Behandlungen sind immer fehleranfällig und selbst bei kleinen und routinemäßigen Eingriffen gibt es keine 100 %-ige Sicherheit und Beherrschbarkeit. Nach Staudinger/Gutmann, BGB, Neubearb 2021, § 630a Rn 3 mwN gilt jedenfalls selbst für "scheinbar 'erfolgsbezogene' [Behandlungs-]Verträge", zB mit dem Ziel der Sterilisation oder Schwangerschaftsabbruchs, nichts anderes, auch nicht nach der Rspr. Selbst dann soll es sich also nicht um Werk- sondern um Dienstverträge in der Form des Behandlungsvetrags nach § 630a BGB handeln. Davon nun gerade für die Weisheitszahnentfernung abzuweichen, wenn nicht besondere Umstände oder nähere Anhaltspunkte vorliegen, halte ich zumindest für zweifelhaft. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

Vincent

Vincent

26.5.2025, 15:46:03

Es erschließt sich mir nicht, wieso hier kein Werkvertrag vorliegt. Logischerweise handelt es sich bei einer Vorsorgeuntersuchung um einen Dienstvertrag (lediglich die Untersuchung ist ge

schuld

et, kein bestimmter Erfolg) allerdings möchte die D hier doch eindeutig, dass ein Erfolg, nämlich das Entfernen der Weißheitszähne erreicht wird.

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

15.6.2025, 14:32:52

Hallo @[Vincent](211990), es ist nicht vollkommen ausgeschlossen, dass eine medizinische Behandlung auch mal als Werkvertrag einzuordnen ist oder zumindest werkvertragliche Elemente hat. Dafür bräuchten wir aber besondere Anhaltspunkte, anhand derer wir den Erklärungen beider (!) Vertragsparteien ein solches vereinbartes Ziel nach §§ 133,

157 BGB

entnehmen können (MüKoBGB/Busche, 9. Aufl 2023, § 631 Rn 125). Was der Patient will, kann nicht allein maßgeblich sein - er wird natürlich am liebsten die "Garantie" haben wollen, dass es ihm danach "besser geht", zB der Tumor entfernt wird oder die Weisheitszähne sämtlich und möglichst schmerz- und nebenwirkungsfrei gezogen sind. Es kommt aber auch darauf an, ob der behandelnde Arzt sich zu einem entsprechenden Behandlungserfolg verpflichten wollte bzw man das in seine Erklärung vernünftiger- und fairerweise hineinlesen kann. Das soll nach der recht hM in Rspr und Lit eben nur ausnahmsweise der Fall sein, selbst bei "scheinbar 'erfolgsbezogene[n]' Verträge[n]" wie Sterilisation oder Schwangerschaftsabbruch (so explizit Staudinger/Gutmann, BGB, Neubearb 2021, § 630a Rn 3 mwN). Grund dafür ist derselbe wie bei nicht-zahnärztlichen Behandlungen: Der menschliche Körper ist keine Maschine (ja ja, Markus Rühl natürlich ausgenommen ;) ) und die Zusammenhänge und Wechselwirkungen sind komplex, deswegen sind Behandlungsmaßnahmen nie 100 %-ig beherrschbar und Behandlungsergebnisse nie garantiert (Staudinger aaO; instruktiv auch MüKoBGB/Wagner, 9. Aufl 2023, § 630a Rn 4). Für die zahnärztliche Behandlung gilt, jedenfalls nach der Rspr, insoweit nichts grundlegend anderes als für die nicht-zahnärztliche Behandlung (MüKoBGB/Wagner, 9. Aufl 2023, § 630a Rn 6 mwN). Diese Grundsätze dürften auch für eine vereinbarte Weisheitszahnentfernung gelten, sodass wir ohne nähere Absprachen oder besondere Umstände einen (besonderen) Dienstvertrag in Form eines Behandlungsvertrags nach § 630a BGB annehmen müssen. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team


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