Anfänglicher Mangel vor Übergabe
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V vermietet Ärztin A Räume zum Betrieb einer Praxis. Zwei Wochen nach Vertragsschluss und noch vor der Schlüsselübergabe erfahren sie, dass in dem Gebäude keine Praxis betrieben werden darf, weil es unter Denkmalschutz steht. V konnte das nicht wissen. A muss neue Räume suchen und verlangt von V Schadensersatz, weil sie durch die Öffnungsverzögerung einen Verdienstausfall erlitten hat.
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Einordnung des Falls
Anfänglicher Mangel vor Übergabe
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A hat einen (verschuldensunabhängigen) Schadensersatzanspruch gegen V gem. § 536a Abs. 1 BGB, denn es liegt ein anfänglicher Mangel vor.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. A hat gegen V einen Anspruch auf Schadensersatz gem. § 311a Abs. 2 BGB wegen anfänglicher Unmöglichkeit.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
notwesanderson
17.12.2021, 17:11:18
536a I BGB ist doch verschuldensabhängig?
Lukas_Mengestu
17.12.2021, 19:25:38
Hallo Kelly, bei § 536a Abs. 1 BGB musst Du zwischen anfänglichen Mängeln und nachträglichen Mängeln differenzieren. Für anfängliche Mängel haftet der Vermieter verschuldensunabhängig nach § 536a Abs. 1 Alt. 1 BGB. Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team
chuck lawris
13.2.2022, 13:32:44
War es nicht im Aufgabenkomplex vorher so, dass ein Kommentator darauf hinwies, dass es bei rechtlichen Mängeln auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses ankommt, sodass hier ein verschuldensunabhängiger SE-Anspruch aus 536a I Alt 1 entsteht?
Lukas_Mengestu
14.2.2022, 18:55:30
Hallo chuck lawris, in der Tat entspricht dies der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH NJW-RR 2005, 958). Allerdings stellt eine öffentlich-rechtliche Beschränkung, wie hier der Denkmalschutz, keinen "
Rechtsmangel" iSv § 536 Abs. 3 BGB dar. Hiervon umfasst sind vielmehr ausschließlich Privatrechte. Insofern kommt hier das allgemeine
Leistungsstörungsrechtzum Tragen :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
chuck lawris
14.2.2022, 19:14:52
Lukas, bester Mann. Danke 👌
Lukas_Mengestu
14.2.2022, 22:11:27
😀
Timurso
9.2.2023, 17:40:16
Ist das wirklich ein Fall der anfänglichen Unmöglichkeit? Die Übergabe der
Mietsacheist ja möglich, nur die Nutzung durch die Mieterin nicht.
Nora Mommsen
11.2.2023, 12:43:00
Hallo Timurso, das kommt immer drauf an. Vorliegend wurden die Räume "zum Betrieb einer Praxis" vermietet. Da dies nicht möglich ist, scheitert die geschuldete Leistung. Daher liegt
anfängliche Unmöglichkeitvor. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
evanici
3.9.2023, 17:19:15
Sprich: Die Schlüsselübergabe ändert alles und § 536a I F. 1 wäre anwendbar?
StellaChiara
8.9.2023, 13:39:57
handelt es sich hier nicht um einen
rechtsmangel? dann wären die §§ 536 ff. BGB ab Vertragsschluss bereits anwendbar
Vanilla Latte
1.10.2023, 23:44:50
Hätte ich auch gedacht..
Dave K. 🦊
21.3.2024, 19:47:53
Wäre schön, wenn Jura Fuchs mal dazu Stellung beziehen würde!
jeci
9.4.2024, 16:34:18
Dazu findet sich unter einer älteren Frage die Antwort. Der Denkmalschutz scheint kein
Rechtsmangelzu sein, weil es sich um eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit handelt.
Jannik Domnick
1.2.2024, 15:40:43
Also im Rep haben wir gelernt, dass es mittlerweile h.M., ist dass §536a I auch dann anwendbar ist, wenn noch keine Gebrauchsüberlassung stattgefunden hat, da es letztlich für einen anfänglichen Mangel keinen Unterschied macht, ob die Gebrauchsüberlassung schon stattgefunden hat
Nora Mommsen
23.4.2024, 12:22:28
Hallo Janine Domnick, danke für deine Anmerkung! Diese Frage ist in der Rechtswissenschaft durchaus heiß umstritten. Es gibt durch eine starke Meinung, die vertritt, dass der §
536a BGBauch schon vor Überlassung der
MietsacheAnwendung findet. Der BGH erzielt aber die Abgrenzung zum allgemeinen
Leistungsstörungsrechtdurch die Überlassung der
Mietsache. Dies ist auch eine in der Literatur durchaus stark vertretene Ansicht. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
HockHex
13.10.2024, 23:59:42
Könntet ihr den Streit vielleicht ergänzen oder in die Fragen einbauen? So war ich (ohne mich genau zu erinnern welche die hM und aM sind) etwa aufgeschmissen…
Amelie7
6.11.2024, 11:50:25
Eine Ergänzung fände ich ebenfalls gut!
An
21.4.2024, 12:53:12
wenn die Mieterin das so leicht rausfinden kann, müsste ein Vermieter, der gewerblich zu einem bestimmten zweck vermietet das doch jedenfalls wissen müssen oder? wieso wird das hier verneint?
Nora Mommsen
23.4.2024, 12:11:52
Hallo An, woher ergibt sich für dich, dass die Mieterin das leicht rausfinden kann? :) Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Lorenz
30.9.2024, 18:26:53
Ja, lebensnah/im Prozess wäre das wohl so. Aber pass auf, dass du den SV nicht änderst/interpretierst. Wenn das da so drin steht, ist das so.