Öffentliches Recht

Verwaltungsrecht AT

Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten

Rücknahme eines belastenden VAs: § 48 Abs. 1 VwVfG: Nichtigkeit der Ermächtigungsgrundlage

Rücknahme eines belastenden VAs: § 48 Abs. 1 VwVfG: Nichtigkeit der Ermächtigungsgrundlage

1. Juli 2025

7 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Ein neues Gesetz ermächtigt die Gemeinde G, einzelnen Hauseigentümern die Struktur der Außenfassade vorzugeben. G verfügt gegenüber E, dass er an seiner Außenfassade Kreuze anbringen muss. Noch bevor der Verwaltungsakt bestandskräftig ist, wird das Gesetz vom BVerfG für nichtig erklärt.

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Einordnung des Falls

Rücknahme eines belastenden VAs: § 48 Abs. 1 VwVfG: Nichtigkeit der Ermächtigungsgrundlage

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Verwaltungsakte können nur von Gerichten aufgehoben werden.

Nein!

Auch Behörden können Verwaltungsakte aufheben. Die behördliche Aufhebung richtet sich nach §§ 48-50 VwVfG, sofern keine Spezialvorschriften einschlägig sind. Spezieller sind z.B. die Aufhebung eines Verwaltungsakts im Vorverfahren (§§ 68ff. VwGO) oder die Aufhebung einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis (§ 15 GastG). Bei der Aufhebung nach §§ 48-50 VwVfG unterscheidet man zwischen der Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte (§ 48 VwVfG) und dem Widerruf rechtmäßiger Verwaltungsakte (§ 49 VwVfG). Außerdem ist es entscheidend, ob der aufgehobene Verwaltungsakt begünstigend (§ 48 Abs. 1 S. 1, Abs. 2-4 VwVfG, § 49 Abs. 2, 3, 6 VwVfG) oder belastend (§ 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG, § 49 Abs. 1 VwVfG) ist.
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2. Maßgeblich für die Frage, ob ein Verwaltungsakt rechtmäßig oder rechtswidrig ist, ist grundsätzlich der Zeitpunkt des Erlasses.

Genau, so ist das!

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob ein Verwaltungsakt rechtmäßig oder rechtswidrig ist, ist grundsätzlich der Erlass des Verwaltungsakts. Ist ein Verwaltungsakt im Zeitpunkt seines Erlasses rechtmäßig, bleibt er es grundsätzlich auch dann, wenn sich die Sach- oder Rechtslage später ändert und die Behörde den Verwaltungsakt zukünftig so nicht mehr erlassen dürfte. Die Aufhebung des Verwaltungsakts richtet sich dann also nach § 49 VwVfG (Widerruf).

3. Weil die Ermächtigungsgrundlage nichtig ist, ist der an E gerichtete Verwaltungsakt rechtswidrig. G kann ihn nach § 48 VwVfG zurücknehmen.

Ja, in der Tat!

Ist ein Verwaltungsakt im Zeitpunkt seines Erlasses rechtmäßig, bleibt er es grundsätzlich auch dann, wenn sich die Sach- oder Rechtslage später ändert. Wird dagegen die gesetzliche Rechtsgrundlage, auf der der Erlass des Verwaltungsakts beruht, vom BVerfG für nichtig erklärt, ändert das nicht die Rechtslage, sondern stellt nur deklaratorisch fest, dass das Gesetz von Anfang an (ex tunc) rechtswidrig war. Deshalb war auch der auf dem rechtswidrigen Gesetz beruhende Verwaltungsakt bereits im Zeitpunkt des Erlasses rechtswidrig. Der gegenüber E erlassene Verwaltungsakts war wegen rechtswidriger Rechtsgrundlage von Anfang an rechtswidrig.

4. Dass E an seiner Außenfassade Kreuze anbringen soll, ist ein belastender Verwaltungsakt. Eine Rücknahme richtet sich deswegen nach § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG.

Ja!

Ein Verwaltungsakt ist belastend, wenn die Regelung nachteilig für den Adressaten ist. Ein belastender Verwaltungsakt kann, "auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden" (§ 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG). Der Verwaltungsakt verpflichtet E dazu, eine bestimmte Handlung vorzunehmen. Er ist damit zumindest in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) betroffen. Dazu kommt, dass die Verpflichtung zur Gestaltung der Außenfassade E's Eigentumsrecht (Art. 14 Abs. 1 GG) betrifft.
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