Öffentliches Recht

Grundrechte

Allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG)

Recht auf Selbstbestimmung: Recht des Straftäters auf Resozialisierung

Recht auf Selbstbestimmung: Recht des Straftäters auf Resozialisierung

[...Wird geladen]

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Strafgefangener S muss eine Freiheitsstrafe verbüßen. Ihm wird eine tägliche Pflichtarbeit als Reinigungskraft im Gefängnis zugewiesen. Diese Arbeit wird nicht vergütet.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen

Einordnung des Falls

Recht auf Selbstbestimmung: Recht des Straftäters auf Resozialisierung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S unterliegt als Strafgefangener einem besonderen Gewaltverhältnis. Er kann sich nicht auf die Grundrechte berufen.

Nein, das trifft nicht zu!

Die früher vertretene Auffassung, wonach bestimmte Personengruppen aufgrund einer bestimmten Beziehung zum Staat sich nicht auf die Grundrechte berufen können (sog. besonderes Gewaltverhältnis), ist seit der Strafgefangenen-Entscheidung des BVerfG überholt. S ist Grundrechtsträger und kann sich vollumfänglich auf die Grundrechte berufen. Neben Strafgefangenen unterliegen Schüler, Beamte, Soldate und andere einem besonderen Gewaltverhältnis. Sie können sich aber allesamt vollumfänglich auf die Grundrechte berufen. Du kannst die Thematik in der Klausur bei einer der genannten Personengruppen ansprechen, aber bitte nur einen Satz darauf verwenden!
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. S hat einen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass im Rahmen seiner Pflichtarbeit als Strafgefangener auch auf eine Resozialisierung des S hingewirkt wird.

Ja!

Die Menschenwürde sowie das Sozialstaatsprinzip gebieten es, dass einem Strafgefangenen Fähigkeit und Wille zu verantwortlicher Lebensführung vermittelt werden. Er soll in der freien Gesellschaft rechtsbruchfrei bestehen können. Die Verfassung gebietet es deshalb, den Strafvollzug auf das Ziel der Resozialisierung der Gefangenen hin auszurichten. Der einzelne Gefangene hat hierauf aus Art.2 Abs.1 i.V.m. Art.1 Abs.1 GG einen grundrechtlichen Anspruch (Recht auf Resozialisierung). Die Pflichtarbeit ist Teil des Strafvollzugs. Damit ist auch sie gemäß Art.2 Abs.1 i.V.m. Art.1 Abs.1 GG auf das Ziel der Resozialisierung des S auszurichten.

3. Das Recht auf Resozialisierung gebietet es, dass die Arbeit des S angemessene Anerkennung findet.

Genau, so ist das!

Pflichtarbeit im Gefängnis stellt nur dann ein wirksames Resozialisierungsmittel dar, wenn sie auch zur Verfolgung des Ziels der Resozialisierung geeignet ist. Dazu muss durch die Pflichtarbeit dem Gefangenen der Wert seiner Arbeit für eine verantwortliche Lebensführung vermittelt werden. Dem S wird der Wert seiner Arbeit für eine verantwortliche Lebensführung vermittelt, wenn ihm dieser Wert in Form eines greifbaren Vorteils vor Augen geführt wird. Hierzu muss die Arbeit angemessene Anerkennung finden.

4. Das Recht auf Resozialisierung gebietet es, dass S für seine Arbeit finanziell vergütet wird.

Nein, das trifft nicht zu!

Das Recht auf Resozialisierung fordert nur angemessene Anerkennung der Arbeit des Gefangenen. Angemessene Anerkennung muss nicht zwingend finanzieller Art sein. Der Gesetzgeber kann im Rahmen seines Einschätzungsspielraums auch andere Anerkennungskonzepte wie beispielsweise die Verkürzung der Haftstrafe vorsehen. S Arbeit muss somit nur angemessene Anerkennung erfahren. Diese kann aber auch auf andere Weise als in Form finanzieller Vergütung erfolgen. In seinem jüngsten Urteil zur Vergütung Strafgefangener hat das BVerfG entschieden, dass eine Vergütung von 2 € nicht ausreichend ist. Vielmehr könne es einen negativen Einfluss auf die Resozialisierung haben, wenn sich die Strafgefangenen durch eine zu geringe Vergütung nicht ausreichend wertgeschätzt fühlen. Das BVerfG begründete seine Entscheidung insbesondere mit dem besonderen Gewicht, das das Gebot der Resozialisierung bei Freiheitsstrafen erlangt. Hier werde die individuelle Lebensführung weitgehend durch den Staat bestimmt. Daher solle den Gefangenen die Fähigkeit und der Wille vermittelt werden, ihr Leben künftig wieder eigenverantwortlich zu führen.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

Jurafuchs kostenlos testen


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

© Jurafuchs 2024