Alleingänge von Bandenmitgliedern

25. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A, B und C brechen öfters gemeinsam in die Filialen einer Restaurantkette ein und stehlen Geld. Um mehr von der Beute zu haben, wagen A und B eines Tages einen Alleingang ohne Wissen des C. Sie dringen gewaltsam in das B-Restaurant ein, öffnen den Tresor und stecken das Geld ein.

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Einordnung des Falls

Alleingänge von Bandenmitgliedern

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A und B haben sich wegen Diebstahls (§ 242 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht, indem sie das Geld aus dem Tresor des B-Restaurants mitnahmen.

Ja, in der Tat!

Der Tatbestand des Diebstahls (§ 242 Abs. 1 StGB) setzt objektiv (1) die Wegnahme einer (2) fremden beweglichen Sache und subjektiv (1) Vorsatz und (2) die Absicht rechtswidriger Zueignung voraus. A und B haben die Geldscheine und somit eine fremde bewegliche Sache weggenommen, d.h. fremden Gewahrsam gebrochen und eigenen Gewahrsam begründet. A und B handelten vorsätzlich und mit Zueignungsabsicht. Es bestehen keine Rechtfertigungsgründe und sie handelten schuldhaft. Wenn alle Tatbestandsmerkmale so unproblematisch vorliegen, kann man sich mit den Ausführungen kurz halten.
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2. A und B sind in einen umschlossenen Raum eingebrochen (§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB).

Ja!

Ein umschlossener Raum ist nach h.M. jedes Raumgebilde, das dazu bestimmt ist, von Menschen betreten zu werden und das mit Vorrichtungen umgeben ist, die das Eindringen von Unbefugten abwehren sollen.Einbrechen ist das gewaltsame - mit nicht ganz unerheblicher Kraftentfaltung verbundene - nicht notwendigerweise substanzverletzende - Öffnen oder Erweitern einer dem Zutritt entgegenstehenden Umschließung durch Schaffung eines Zugangs oder einer Zugriffsmöglichkeiten von außen. A und B haben sich gewaltsam Zutritt zur Restaurantfiliale verschafft und sind damit in einen umschlossen Raum eingebrochen.

3. Der Tresor stellt ein verschlossenes Behältnis dar (§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB).

Genau, so ist das!

Ein Behältnis ist ein zur Aufnahme von Sachen dienendes und sich umschließendes Raumgebilde, das nicht dazu bestimmt ist, von Menschen betreten zu werden.Verschlossen ist ein Behältnis, wenn sich sein Inhalt durch ein Schloss, eine andere technische Schließvorrichtung oder in sonstiger Weise gegen den ordnungswidrigen Zugriff von außen besonders gesichert ist. Eine besondere Sicherung fehlt, wenn die Vorrichtung die Wegnahme nicht wesentlich erschwert (h.M.). Der Tresor soll die Einnahmen und das Wechselgeld vor der Wegnahme schützen. Ein verschlossenes Behältnis i.S.d. § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB liegt vor. Bei Tresoren und Containern kann unter Umständen auch Nr. 1 erfüllt sein. Dies ist der Fall, wenn sie so groß sind, dass sie auch von Menschen betreten werden können und sollen (z.B. der Haupttresor einer Bank).

4. A und B könnten durch ihre Handlungen die Qualifikation des schweren Bandendiebstahls (§ 244a StGB) erfüllt haben.

Ja, in der Tat!

Der schwere Bandendiebstahlt (§ 244a StGB) stellt eine weitere Qualifikation zur Qualifikation des einfachen Bandendiebstahls (§ 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB) dar. Er setzt objektiv sämtliche Merkmale des § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB voraus. Zusätzlich müssen die Täter entweder eines der in § 243 Abs. 1 S. 2 StGB genannten Regelbeispiele oder den Tatbestand des § 244 Abs. 1 Nr. 1 StGB oder § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB erfüllen. Der Täter muss Vorsatz bezüglich sämtlicher Umstände aufweisen.

5. A, B und C sind eine Bande im strafrechtlichen Sinne.

Ja!

Unter eine Bande versteht die h.M. den Zusammenschluss von mindestens drei Personen, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbstständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Deliktstyps zu begehen. A, B und C haben sich zusammengetan, um mehrfach nachts Geld aus den Filialen einer Restaurantkette zu stehlen. Sie sind somit als Diebesbande zu klassifizieren.

6. Ein Bandendiebstahl scheidet bei einer „Dreierbande“ stets aus, wenn nur zwei Bandenmitglieder an der konkreten Tatausführung mitwirken.

Nein, das ist nicht der Fall!

Zwar setzt die h.M. für eine Bande voraus, dass ihr mindestens 3 Personen angehören. Nicht erforderlich ist aber, dass die gesamte Bande die konkrete Tat begeht. Es genügt, wenn ein Bandenmitglied als Täter und ein anderes Bandenmitglied beim Diebstahl in irgendeiner Weise zusammenwirken. Ein mittäterschaftliches Zusammenwirken ist nicht erforderlich. Nach dem BGH braucht weder der Täter selbst noch ein anderes Bandenmitglied am Tatort zu sein, es genüge sogar, wenn ein Dritter, der kein Bandenmitglied ist, die Wegnahmehandlung vornimmt.

7. Handelten A und B bei dem Diebstahl im B-Restaurant als “Mitglied einer Bande”.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Bandenmitgliedschaft und die Mitwirkung an einer Bandentat müssen getrennt voneinander beurteilt werden. Der Täter handelt als Mitglied einer Bande, wenn der Diebstahl einen Bandenbezug aufweist und Ausfluss der Bandenabrede ist. Daher begeht derjenige keinen Bandendiebstahl, der bei der Tatbegehung allein bandenfremde Zwecke verfolgt und außerhalb der Bandenabrede agiert. BGH: Zwar entspreche der Alleingang von A und B dem von der Bandenabrede vorgesehenen Tatbild, jedoch haben A und B die Tat absichtlich vor C geheim gehalten und aus eigennützigen Motiven (mehr Beuteanteil) begangen. Der Diebstahl ist daher kein Ausfluss der Bandenabrede. A und B haben weder die Qualifikation des einfachen, noch des schweren Bandendiebstahls erfüllt.Der mitverwirklichte Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) wird im Falle des §§ 242, 243 Abs. 1 Nr. 1 StGB auf Konkurrenzebene verdrängt (Konsumtion). Sofern ebenfalls eine Sachbeschädigung verwirklicht wurde, so steht diese in Tateinheit (§ 52 StGB).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

MAX

Maxi97

19.8.2023, 04:29:21

Wenn man jetzt die Motive nicht wüsste, und nur der Fakt bekannt ist, dass A + B C nicht bescheid gesagt haben, dann wäre ja auch Bande (-) oder? Man muss ja zumindest wissentlich beteiligt sein oder?

LELEE

Leo Lee

25.8.2023, 11:39:16

Hallo Maxi97, so ist es! Da sich der

Vorsatz

des C hier auch auf die "Haupttat" beziehen muss, würde spätestens der

Vorsatz

in deinem Fall ausscheiden :). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo

SI

sina2211

29.8.2023, 19:52:54

Die Problematik bzgl. zwei Personen von einer Bande handeln ohne den Dritten kam heute im Examen in Köln dran.

Linne_Karlotta_

Linne_Karlotta_

28.10.2024, 10:00:06

Hallo sina2211, vielen Dank für Deinen Hinweis! Es ist großartig zu hören, dass einer unserer Fälle tatsächlich im Examen dran kam. Wir haben diese Information notiert und werden sie in unserer App entsprechend kennzeichnen, um die Examensrelevanz für die Community sichtbar zu machen. Deine Rückmeldung hilft uns, die Vorbereitung für alle Nutzer zielgerichteter zu gestalten und die Qualität unserer Inhalte stetig zu verbessern. Wir werden diesen Thread als erledigt markieren, sobald die Kennzeichnung in der App sichtbar ist. Beste Grüße, Linne_Karlotta_, für das Jurafuchs-Team

JO

Johannes

2.5.2024, 16:40:19

Als Merkhilfe für die Merkmale einer Bande finde ich die 3-2-1-0 Formel hilfreich: mindestens drei Mitglieder, mindestens zwei müssen bei der Tat zusammenwirken, mindestens einer davon als Täter, kein (=0) Bandenmitglied braucht am Tatort anwesend zu sein.

Lord Denning

Lord Denning

3.9.2024, 15:13:34

Rührt das Erfordernis, dass zusätzlich zu Nr. 2 noch ein schwerwiegenderer TB oder ein Regelbeispiel verwirklicht wurde, weil der Wortlaut Raub “oder” Diebstahl erfordert und Diebstahl vom Unrechtsgehalt unter dem Raub liegt?

LELEE

Leo Lee

9.9.2024, 09:57:02

Halo Lord Denning, vielen Dank für die sehr gute Frage! So ist es! 244a ist ein Qualifikation zur Qualifikation und nimmt bereits im Tatbestands Bezug auf das Rglbsp. bzw. Qualifikation des 244 (dann + Bande), weshalb man in der Tat sagen kann, dass gerade diese Tatbestände erforderlich sind, um die "schwere" Qualifikation der Qualifikation zu rechtfertigen/erfüllen! Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre Vom MüKo-StGB 4. Auflage, Schmitz § 244a Rn. 4 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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