Öffentliches Recht
Grundrechte
Allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG)
Recht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme (Grundfall, Herleitung)
Recht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme (Grundfall, Herleitung)
7. April 2025
11 Kommentare
4,8 ★ (12.070 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Der deutsche Geheimdienst G hackt heimlich den in Berlin stehenden Computer der Terroristin T, auf dem sich unter anderem Bilder ihrer Familie befinden. Dafür spielt G über das Internet heimlich eine Spähsoftware auf Ts Computer.
Diesen Fall lösen 97,5 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Recht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme (Grundfall, Herleitung)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T ist vor staatlichen Ausforschungsmaßnahmen über seine Persönlichkeit verfassungsrechtlich geschützt.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Hackerangriff stellt eine staatliche Ausforschungsmaßnahme über die Persönlichkeit der T dar.
Genau, so ist das!
3. T darf gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG darauf vertrauen, dass ihr Computer nicht heimlich durch staatliche Stellen gehackt wird.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

lexfoxi🦊
14.8.2022, 21:22:22
Hier wäre es noch cool, wenn ihr ganz kurz war zur Beschwerdebefugnis im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde gem. Art. 93 I Nr. 4a GG in diesem speziellen Fall machen würdet. Dies ist ja nur ausnahmsweise bei *heimlichen
Eingriffen* oder angedrohter Strafe möglich. (Es eilt jedoch nicht. Mir war das jetzt nur spontan eingefallen und so unterstützt man „vernetztes Lernen“). 🧡

Nora Mommsen
16.8.2022, 17:44:14
Hallo lexfoxi, danke für die Idee! Das merken wir uns :) Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Vanilla Latte
18.2.2024, 03:16:45
Das Computer-Grundrecht ist meines Wissens nach aber ggü 10 und
13 GGsubsidiär. Vielleicht interessant zu ergänzen.
leon.
12.8.2024, 11:07:27
Bei der sog. "Online-Durchsuchung" (Spähsoftware) kommen in der Tat noch die Art. 10 I GG, Art.
13 GGin Betracht. Allerdings schützt das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses aus Art. 10 I GG den Kommunikationsvorgang (aufgrund der fehlenden Beherrschbarkeit und Überwachungsmöglichkeit des Übertragungsvorganges). Nicht erfasst ist jedoch abgeschlossene Kommunikation (durch
Zugang). Durch die Spähsoftware wird jedoch das System insgesamt infiltiriert. Der Kommunikationsvorgang ist abgeschlossen. Somit ist der SB nicht betroffen. Das Grundrecht aus Art.
13 GGschützt indes nur den Schutz der Wohnung und bietet keinen ausreichenden Schutz vor einer Online-Durchsuchung auf einem Computer o.Ä. Der SB ist ebenfalls nicht betroffen. Vielmehr ist das Recht auf die Gewährleistung der
Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systemeaus Art. 2 I i.V.m. Art 1 I GG betroffen. Aus klausurtaktischen Gründen würde ich mit Art. 10 I GG beginnen, dann Art.
13 GGprüfen und dann den Schwerpunkt auf Art. 2 I i.V.m. Art 1 I GG legen.
Vanilla Latte
12.8.2024, 14:44:53
Im Rep hatten wir einen ähnlichen Fall. Da hieß es aber, dass
13 GGhier anwendbar ist, weil es keinen Unterschied machen kann, ob man das System so ausspäht oder von aussen. Deswegen wurde das IT-GR nur subsidiär genannt aber dann abgelehnt. Das würde nur gelten, wenn das Gerät nicht in der Wohnung ist. Als Beispiel standen da "Smartphone, PDA,...". @[
Nora Mommsen](178057) könnt ihr lieben Füchse vielleicht weiterhelfen?

Eichhörnchen I
25.9.2024, 10:22:41
Hi, also leon. hat das mMn schon ganz gut ausgeführt. Grundsätzlich ist das
IT-Grundrechtggü den spezielleren Ausprägungen aus Art. 10 I GG und Art. 13 I GG subsidär. Art. 10 I GG ist hier aber nicht anwendbar, da sich die Software nicht bloß auf die Erhebung und Auswertung der Kommunikationsvorgänge beschränkt (also zB auch Zugriff auf (Foto)Dateien ermöglicht), vgl. BVerfGE 120, 274 (307)). Art.
13 GGsetzt zwar (wie du schon sagst) kein körperliches
Eindringenin die Wohnung voraus. Dennoch ist ein räumlicher Bezug erforderlich. Die Manipulation von IT-Geräten/ Systemen erfolgt aber nur zufällig in der Wohnung (wenn sich Laptop/ Smartphone dort befinden), sodass der Schutz über Art. 13 I GG hier nicht ausreichend/ einschlägig ist, vgl. BVerfGE 120, 274 (311). Um diese Lücke zu schließen, kommt dann das
IT-Grundrechtins Spiel. Das Urteil liest sich ganz gut und hat mir beim Verständnis geholfen. Viele Grüße