Öffentliches Recht
Grundrechte
Allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG)
Recht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme 2: Schließung von Schutzlücken)
Recht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme 2: Schließung von Schutzlücken)
17. Februar 2025
9 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Eine gesetzliche Regelung erlaubt es den Behörden sog. Onlinedurchsuchungen durchzuführen. Dabei werden die PCs (sog. informationstechnische Systeme) straftatverdächtiger Personen mittels heimlich installierter Software ausgespäht. Betroffene B legt Verfassungsbeschwerde ein.
Diesen Fall lösen 66,5 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Recht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme 2: Schließung von Schutzlücken)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Telekommunikationsfreiheit gem. Art. 10 Abs. 1 GG schützt die B umfassend vor Online-Durchsuchungen.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Art. 13 Abs. 1 GG schützt die B umfassend vor Online-Durchsuchungen, sofern sich der infiltrierte PC in der Wohnung der B befindet.
Nein!
3. Der Schutz der Privatsphäre (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) gewährleistet der B umfassenden Schutz vor Online-Durchsuchungen.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) schützt die B umfassend vor Online-Durchsuchungen.
Nein, das trifft nicht zu!
5. Die Gewährleistungsgehalte des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) wurden abschließend durch die Rechtsprechung definiert.
Nein!
6. Die B ist durch die Onlinedurchsuchung in konstituierenden Elementen ihrer Persönlichkeit, welche durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützt sind, gefährdet.
Genau, so ist das!
7. Der B ist vor Online-Durchsuchungen durch das Recht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) geschützt.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Diaa
11.10.2023, 17:16:08
Das Argument, dass man freiwillig seine Daten während Nutzung eines Laptops bzw. um es überhaupt nutzen zu können, eingibt und dies deshalb nicht von APR umfasst wird, ist nicht überzeugend.
Diaa
11.10.2023, 17:16:29
Aber vielen Dank für die Aufarbeitung!!
Daniel
29.11.2024, 00:02:31
Hey Diaa, also ich arbeite hauptberuflich im Datenschutz und mich hat der Fall schon etwas geschockt. Ich kann mir aufgrund der DSGVO, die ja auf dem Recht der informationellen Selbstbestimmung fußt, nicht vorstellen, dass es gar keinen entsprechenden Grundrechtsschutz vor einer Online-Untersuchung gibt. Die Begründung sehe ich hier sehr strittig und fragwürdig. Man gibt ja bei der bloßen freiwilligen Nutzung niemals gleichzeitig die Einwilligung gegenüber Behörden zur Überwachung, wenn man beispielsweise die Bedingungen einer rechtswirksamen Einwilligung nach Art. 7 DSGVO berücksichtigt. Hier nur auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht und IT-Grundschutz abzustellen halte ich für nicht mehr zeitgemäß.
Daniel
29.11.2024, 00:08:27
Im Fall danach wird hier auch in der Vertiefung weiter begründet: Das könnte man mit entsprechender Argumentation auch anders sehen und insbesondere annehmen, dass hier dem V die eigene Entscheidung über die Preisgabe der Informationen genommen wird. Für die vorliegende Lösung spricht, dass sie den Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ernst nimmt und zugleich nicht über Gebühr ausdehnt.
Daniel
29.11.2024, 00:12:10
Damit kann man abschließend sagen, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht auf den ersten Blick keinen grundsätzlichen, vollumfassenden Schutz bietet, jedoch bei einer tiefergehenden Abwägung trotzdem der Schutz gegeben ist. Ich denke es soll vermittelt werden, dass das APR eben nicht
leichtfertigfür alle möglichen Anwendungsfälle gelten soll, sondern eine bewusste konkrete Abwägung jedes Mal stattfinden muss und deshalb auch das APR nie abschließend zu verstehen ist.
Schwanzanwaltschaft
29.1.2024, 15:57:27
Würden die anderen in der Aufgabe angesprochenen Grundrechte (z.B Art.10, Art. 13) dann im Rahmen der Subsidiarität zurücktreten ?
TubaTheo
14.2.2024, 11:14:00
Also wenn ich das richtig verstanden habe, sind die Schutzbereiche von Art. 10, 13 GG gar nicht eröffnet gewesen, weshalb hier auch kein Grundrecht hinter ein anderes zurücktreten muss.
Lea
20.11.2024, 13:20:34
Wie wäre der Fall zu be
urteilen, wenn jemand zur Infiltration des Laptops in die Wohnung einsteigt. Dann wäre doch der Schutzbereich des Art. 13 GG eröffnet oder?
Daniel
28.11.2024, 23:58:42
Seh ich auch so. Habe mal bei einem Nachbarn die Beschlagnahmung auch mitbekommen. Da wurden dann der PC und andere Geräte aus der Wohnung geschafft. Da ist der Fall etwas eindeutiger.