Amtswiderspruch
19. Mai 2025
9 Kommentare
4,6 ★ (22.386 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
E lässt sein Grundstück an K auf. K stellt den Eintragungsantrag, irrtümlich wird jedoch X als neuer Eigentümer eingetragen. Dies bleibt von E und K unbemerkt. Der Grundbuchbeamte B trägt einen Amtswiderspruch ein. Danach lässt X das Grundstück an G auf, der von all dem nichts weiß.
Diesen Fall lösen 76,1 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Amtswiderspruch
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. K hat Eigentum an dem Grundstück nach §§ 873, 925 BGB erlangt.
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. X hat Eigentum an dem Grundstück nach §§ 873, 925 BGB erlangt.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. G hat Eigentum nach §§ 873, 925 BGB erlangt.
Nein, das trifft nicht zu!
4. Der Grundbuchbeamte B hat einen Widerspruch nach § 899 BGB eingetragen.
Nein!
5. Die Voraussetzungen zur Eintragung eines Amtswiderspruchs nach § 53 Abs. 1 S. 1 GBO lagen vor.
Genau, so ist das!
6. G hat Eigentum an dem Grundstück nach §§ 873, 925, 892 Abs. 1 BGB erlangt.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
evanici
17.9.2023, 19:51:58
Aus dem Reich der Ahnungslosen: Es liegt mit dem
Amtswiderspruchalso kein Widerspruch gem. § 899, aber jedenfalls einer im Sinne des
§ 892, der den gutgläubigen Erwerb sperrt?
anni0910
1.11.2023, 17:35:10
also so wie ich das verstanden habe, umfasst §
892 BGBbeide Arten des Widerspruchs - also der gute Glaube ist generell verwehrt, wenn ein Widerspruch eingetragen ist. Das könnte zum einen ein Widerspruch iSd. §899 BGB sein, unter den dortigen Voraussetzungen. Oder auch zum anderen eben ein Widerspruch von Amts wegen, aber dann ist nicht §899 BGB die richtige Norm, sondern eben
§53 GBOBlotgrim
13.4.2024, 11:43:36
So sehe ich das auch. Es geht ja letztlich darum, dass etwas ins Grundbuch eingetragen wird, was den öffentlichen Glauben des Grundbuchs stört, was in beiden Fällen der Fall ist.
Geldhatmanzuhaben
30.7.2024, 09:57:04
Es liegt schon nach dem Wortlaut beides mal ein Widerspruch nach
§ 892 BGBvor. Auch sind sie jeweils dazu geeignet den
Rechtsscheindes GB zu zerstören. Lediglich die Anspruchsvoraussetzungen sind andere und passen wechselseitig auch nicht aufeinander, weshalb es einer eigenständigen Regelung bedarf. Dies macht auch Sinn:
§ 899 BGBsoll dem materiellen Eigentümer sein Recht erhalten. § 53 l GBO soll die umfassende materielle Gewähr des formellen GB sicher stellen.

0815jurafuchs
11.7.2024, 20:48:15
Woraus ergibt sich bei
53 GBOdie TBV der Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs um einen
Amtswidersprucheintragen zu können? Ist dies nicht sowieso regelmäßig der Fall wenn eine falsche Person als Eigentümer eingetragen ist?
Quarklo
23.8.2024, 03:20:49
Ja das sehe ich genauso. In meinen Augen ist dieses Merkmal überflüssig und wird auch im Gesetz nicht angedeutet
benjaminmeister
5.3.2025, 21:03:32
Hat hierzu jemand mehr Infos? Ich bin im JF-Fall auch verdutzt auf diese Voraussetzung gestoßen, die sich so aus dem Wortlaut von §
53 GBOjedenfalls nicht unmittelbar herauslesen lässt.
Elee
2.5.2025, 02:07:18
Ich würde mir das wie folgt erklären: Das Grundbuch kann aus vielfachen Gründen unrichtig sein, die Eintragung eines Nichtberechtigten als Grundstückseigentümer ist nur eine davon. Der Widerspruch ist von Amts wegen einzutragen und stellt eine Ausnahme vom Antragsprinzip (§ 13 GBO) dar. Dies ist in Hinblick zur Vorbeugung etwaiger Amtshaftungsansprüchen gerechtfertigt. Die Verwaltungsträgerin des Grundbuchamtes ist aber nur dann potenziellen Amtshaftungsansprüchen ausgesetzt, wenn dem von der Falscheintragung Betroffenen infolgedessen ein Rechtsverlust droht. Würde man diese Eingrenzung nicht ziehen, müsste das Grundbuchamt auch in allen übrigen Fällen von Amts wegen tätig werden, was dessen ohnehin begrenzten (Personal)Kapazitäten nur zusätzlich belasten würde (Gedanke der Verfahrensökonomie).

Tim Gottschalk
14.5.2025, 13:44:37
Hallo @[0815jurafuchs](237790), @[Quarklo](252534) und @[benjaminmeister](216712), ich stimme @[Elee](134555) grundsätzlich zu, würde die Argumentation aber noch etwas anreichern: Der
Amtswiderspruchnach §
53 GBOist das Äquivalent zur Eintragung eines Widerspruchs nach
§ 899 BGB. Zweck des Widerspruchs ist es, die Gutglaubenswirkung des Grundbuches zu durchbrechen, was sich aus dem Wortlaut des
§ 892 BGBergibt ("es sei denn, dass ein Widerspruch gegen die Richtigkeit eingetragen [...] ist."). Insofern muss der Anwendungsbereich von
§ 899 BGBund §
53 GBOgleichlaufen und beschränkt sich auf solche
Tatsachen, bei denen eine
gutgläubiger Erwerbnach
§ 892 BGBüberhaupt möglich ist. Nicht umfasst sind daher unter anderem Widersprüche, Verfügungsbeschränkungen oder Nacherbenvermerke. Zur weiteren Vertiefung siehe BeckOK GBO/Holzer, 56. Ed. 1.3.2025, GBO § 53 Rn. 25-26. Wenn die falsche Person als Eigentümer eingetragen ist, wird das aber immer der Fall sein, das stimmt. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team