§ 316 StGB – Motorisierter Krankenfahrstuhl ist ein „Fahrzeug“


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Trotz Fahruntüchtigkeit fährt T mit einem motorisierten Krankenfahrstuhl im öffentlichen Straßenverkehr.

Einordnung des Falls

§ 316 StGB – Motorisierter Krankenfahrstuhl ist ein „Fahrzeug“

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der objektive Tatbestand der Trunkenheit im Verkehr (§ 316 Abs. 1 StGB) wird durch das Führen eines Fahrzeugs im Verkehr trotz rauschmittelbedingter Fahruntüchtigkeit verwirklicht.

Genau, so ist das!

Die als Auffangtatbestand konzipierte Trunkenheit im Verkehr (§ 316 Abs. 1 StGB) schützt als abstraktes Gefährdungsdelikt die Sicherheit des öffentlichen Verkehrs. Der objektive Tatbestand setzt voraus das (1) Führen eines Fahrzeugs (2) im öffentlichen Verkehr (3) trotz alkohol- oder sonst rauschmittelbedingter Fahruntüchtigkeit. Da es sich um ein eigenhändiges Delikt des Fahrzeugführers handelt, ist eine mittelbare Täterschaft nicht möglich und Mittäterschaft nur bei Eigenhändigkeit. § 316 StGB ist ferner eine Dauerstraftat, die mit dem Fahrtbeginn vollendet und mit dem Fahrtabschluss beendet ist.

2. Der motorisierte Krankenfahrstuhl des T ist ein „Fahrzeug“ (§ 316 Abs. 1 StGB).

Ja, in der Tat!

Fahrzeuge sind nicht nur Kfz (§ 1 Abs. 2 StVG), sondern Fortbewegungsmittel jeglicher Art, die zur Beförderung von Personen oder Sachen bestimmt sind und am Straßenverkehr teilnehmen, also auch Fahrräder, Pferdefuhrwerke und Schienenfahrzeuge. Die in § 24 Abs. 1 StVO aufgeführten besonderen Fortbewegungsmittel werden nach h.M. ausgeklammert, da sie mit einem geringeren Gefährdungspotential behaftet sind. Dass für Krankenfahrstühle in § 24 Abs. 2 StVO eine Regelung getroffen wird, hindert die h.M. nicht, motorisierte Krankenfahrstühle den Kfz zuzuordnen. Die auf die erzielbaren Geschwindigkeiten abhebende Gegenansicht ist zu unbestimmt. Der motorisierte Krankenfahrstuhl des T ist damit ein Fahrzeug.

3. T hat den motorisierten Krankenfahrstuhl trotz Fahruntüchtigkeit im Verkehr geführt.

Ja!

Ein Fahrzeug führt, wer es unter Beherrschung seiner Antriebskräfte in Bewegung setzt oder das Fahrzeug unter Handhabung seiner technischen Vorrichtungen während der Fahrbewegung lenkt. § 316 StGB betrifft wegen des Klammerzusatzes neben dem öffentlichen Straßen- auch den Bahn-, Schiffs-, und Luftverkehr. Fahruntüchtigkeit liegt vor, wenn der Fahrzeugführer nicht fähig ist, eine längere Strecke so zu steuern, dass er den Anforderungen des Straßenverkehrs so gewachsen ist, wie es von einem durchschnittlichen Fahrzeugführer zu erwarten ist. T hat sein Fahrzeug trotz Fahruntüchtigkeit geführt.

4. Mangels „konkreter Gefährdung“ scheidet eine Strafbarkeit wegen Trunkenheit im Verkehr (§ 316 Abs. 1 StGB) aus.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Trunkenheit im Verkehr (§ 316 Abs. 1 StGB) ist ein abstraktes Gefährdungsdelikt, weshalb bereits schlichtes Handeln den Tatbestand erfüllt. Es wird mithin eine generell gefährliche Tätigkeit unter Strafe gestellt, ohne dass es auf einen bestimmten Gefahrerfolg ankäme. Dass hier keine konkrete Gefährdung eingetreten ist, steht der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes folglich nicht entgegen.

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JO

Jose

29.7.2021, 09:15:50

Wie macht man das bei diesen Delikten mit der Schuld? Auf welchen Zeitpunkt eird hinsichtlich der Strafbarkeit abgestellt?

JO

jomolino

25.10.2021, 17:17:37

Ganz normal wie bei anderen Delikten auch — zwischen Fahruntüchtigkeit und Schuldunfähigkeit liegt ja auch ein relativ großer Spielraum. Tritt Schuldunfähigkeit ein bleibt die Rauschtat nach 323a.


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