Anwartschaftsberechtigter (P)

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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V verkauft an K unter Eigentumsvorbehalt einen Bagger und übergibt ihn sofort. K hat den Kaufpreis noch nicht bezahlt. X fährt den Bagger ohne Kenntnis des K zu ihrer eigenen Baustelle, um ihn dort zu benutzen.

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Einordnung des Falls

Anwartschaftsberechtigter (P)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K hat gegen X einen Anspruch auf Herausgabe des Baggers, wenn die Voraussetzungen von § 985 BGB vorliegen.

Genau, so ist das!

Der Herausgabeanspruch aus § 985 BGB setzt voraus: (1) Eigentum des Anspruchstellers, (2) Besitz des Anspruchsgegners, (3) fehlendes Recht zum Besitz des Anspruchsgegners (§ 986 BGB).
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2. K ist Eigentümer des Baggers geworden, als V ihm diesen übergeben hat.

Nein, das trifft nicht zu!

Eine Eigentumsübertragung nach § 929 S. 1 BGB setzt voraus: (1) Einigung, (2) Übergabe, (3) Einigsein im Zeitpunkt der Übergabe, (4) Verfügungsbefugnis. Wird ein Eigentumsvorbehalt vereinbart, steht die Übereignung unter der aufschiebenden Bedingung der Kaufpreiszahlung (§§ 929 S. 1, 158 Abs. 1 BGB) Ursprünglich war V Eigentümer des Baggers. Die Übereignung an K steht allerdings unter der aufschiebenden Bedingung der Kaufpreiszahlung (§§ 929 S. 1, 158 Abs. 1 BGB). K hat den Kaufpreis noch nicht bezahlt, die Bedingung ist nicht eingetreten. V hat sein Eigentum an dem Bagger noch nicht an K verloren.

3. K ist Inhaber eines Anwartschaftsrechts an dem Bagger.

Ja!

Ein Anwartschaftsrecht entsteht, wenn bei einem mehraktigen Rechtserwerb, so viele Voraussetzungen erfüllt sind, dass dem Erwerber eine gesicherte Rechtsposition zusteht. Bei der Übereignung beweglicher Sachen unter Eigentumsvorbehalt ist dies der Fall, weil alle Voraussetzungen von § 929 S. 1 BGB erfüllt sind und der Erwerber durch Kaufpreiszahlung den Eigentumserwerb herbeiführen kann. V und K haben sich über den Eigentumsübergang an dem Bagger geeinigt und er wurde übergeben. K kann wegen der aufschiebenden Bedingung durch Kaufpreiszahlung den Eigentumserwerb herbeiführen (§§ 929 S. 1, 158 Abs. 1 BGB). Er hat ein Anwartschaftsrecht erworben.

4. Gegen die analoge Anwendung des § 985 BGB wird eingewendet, dass es an einer planwidrigen Regelungslücke fehle.

Genau, so ist das!

Gegen die analoge Anwendung des § 985 BGB wird eingewendet, dass der Anwartschaftsrechtsinhaber durch §§ 861, 1007 BGB ausreichend vor unberechtigtem Besitzentzug geschützt sei und es deshalb schon an einer planwidrigen Regelungslücke fehle. Zudem wäre der Besitzer sonst zwei Vindikationsansprüchen ausgesetzt - gegen den Eigentümer und den Anwartschaftsberechtigten. Dagegen ist einzuwenden, dass der Vindikationsanspruch des Eigentümers sich regelmäßig ohnehin auf Herausgabe an den Anwartschaftsberechtigten richtet (§ 986 Abs. 1 S. 2 BGB). Lehnt man die planwidrige Regelungslücke ab, hat K keinen Anspruch gegen X auf Herausgabe des Baggers nach § 985 analog. Die analoge Anwendung von § 985 BGB ist in diesem Fall sehr umstritten. In der Klausur können mit den entsprechenden Argumenten beide Ansichten vertreten werden.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

SAUFE

Saufen_Fetzt

18.10.2022, 07:43:58

Könnt ihr bei solchen Aufgaben bitte immer auch highlighten, welche Ansicht BGH ist?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

18.10.2022, 11:23:46

Hallo Saufen_Fetzt, vielen Dank für die Anregung. Auch wenn es letztlich nur auf die Kraft der Argumente ankommen sollte, verstehen wir natürlich das Bedürfnis, sich bei der Klausurlösung (und in der Praxis) an der Rechtsprechung des BGH zu orientieren. Zu diesem Streit hat der BGH allerdings bislang noch nicht Stellung beziehen müssen. Die überwiegende Ansicht in der Literatur gewährt dem Anwartschaftsberechtigten aber wohl den Vindikationsanspruch (vgl. BeckOK BGB/Fritzsche, 63. Ed. 1.8.2022, BGB § 985 RdNr. 7; MüKoBGB/Baldus, 8. Aufl. 2020, BGB § 985 RdNr. 7 mwN). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

simon175

simon175

12.1.2023, 20:41:39

Wie schlimm wäre es, wenn man bzgl des Eigentumsvorbehalts auf § 449 I verweisen würde?

SAUFE

Saufen_Fetzt

12.1.2023, 20:51:47

Direkt kopfüber Kreuzigung.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

13.1.2023, 11:54:41

Hallo simon175, es ist nie falsch zu erwähnen, dass schuldrechtlich ein Kauf unter Eigentumsvorbehalt erfolgt ist gem. § 449 Abs. 1 BGB, der sich der Gestalt auf die dingliche Seite auswirkt, dass die unbedingte Einigung fehlt. Wichtig ist aber deutlich den Unterschied zwischen schuldrechtlichem und dinglichen Geschäft herauszuarbeiten. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

<I

<isa_hh>

22.5.2023, 17:38:08

Würde mir jemand bitte das Pro-Argument nochmal in anderen Worten erklären? Ich verstehe den Zusammenhang mit dem Anwartschaftsberechtigten nicht genau. Danke im Voraus.

ENU

ehemalige:r Nutzer:in

31.5.2023, 18:29:16

Ich versuche es mal: Würde man die analoge Anwendung des § 985 zulassen, hätte sowohl der Eigentümer einen Vindikationsanspruch als auch der Anwartschaftsberechtigte. Der Eigentümer kann gem. § 985 direkt gegen den Besitzer vorgehen, der ohne Recht zum Besitz den Bagger besitzt. Gleichzeitig würde aber auch der Anwartschaftsberechtigte wegen seines

Anwartschaftsrecht

s gem. § 985 analog vindizieren können. Der Besitzer sähe sich dann zwei Vindikationsansprüchen gegenüber, kann aber nur einmal herausgeben. Dieses Argument gegen die analoge Anwendung wird von der Gegenseite aber damit relativiert, dass der Eigentümer regelmäßig Herausgabe an den Anwartschaftsberechtigten verlangen wird. Außerdem gegen die analoge Anwendung spricht, dass der Anwartschaftsberechtigte aufgrund seiner Besitzposition bereits ausreichend aus §§ 861, 1007 gegen einen Besitzentzug geschützt ist und es deshalb keiner Anspruchsgrundlage bzgl Herausgabe bedarf.


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