Anwartschaftsberechtigter (P)
2. April 2025
22 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

V verkauft an K unter Eigentumsvorbehalt einen Bagger und übergibt ihn sofort. K hat den Kaufpreis noch nicht bezahlt. X fährt den Bagger ohne Kenntnis des K zu ihrer eigenen Baustelle, um ihn dort zu benutzen.
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Einordnung des Falls
Anwartschaftsberechtigter (P)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. K hat gegen X einen Anspruch auf Herausgabe des Baggers, wenn die Voraussetzungen von § 985 BGB vorliegen.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. K ist Eigentümer des Baggers geworden, als V ihm diesen übergeben hat.
Nein, das trifft nicht zu!
3. K ist Inhaber eines Anwartschaftsrechts an dem Bagger.
Ja!
4. Der Inhaber eines Anwartschaftsrecht wird durch §§ 861, 1007 BGB geschützt. Spricht dies gegen eine analoge Anwendung des § 985 BGB, da es damit an einer planwidrigen Regelungslücke fehlen könnte?
Genau, so ist das!
5. K könnte als Anwartschaftsrechtsinhaber einen Herausgabeanspruch analog § 985 BGB gegen X haben. Ist diese Analogie unstrittig?
Nein, das ist nicht der Fall!
6. Die wohl h.M. billigt dem Inhaber eines Anwartschaftsrecht den Anspruch aus § 985 BGB analog zu. Spricht hierfür die Vergleichbarkeit des Anwartschaftsrecht mit dem Eigentum?
Ja, in der Tat!
7. Nach der wohl h.M. kann K lediglich den Anspruch des Eigentümers V gegenüber X geltend machen.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Saufen_Fetzt
18.10.2022, 07:43:58
Könnt ihr bei solchen Aufgaben bitte immer auch highlighten, welche Ansicht BGH ist?

Lukas_Mengestu
18.10.2022, 11:23:46
Hallo Saufen_Fetzt, vielen Dank für die Anregung. Auch wenn es letztlich nur auf die Kraft der Argumente ankommen sollte, verstehen wir natürlich das Bedürfnis, sich bei der Klausurlösung (und in der Praxis) an der Rechtsprechung des BGH zu orientieren. Zu diesem Streit hat der BGH allerdings bislang noch nicht Stellung beziehen müssen. Die überwiegende Ansicht in der Literatur gewährt dem
Anwartschaftsberechtigten aber wohl den
Vindikationsanspruch(vgl. BeckOK BGB/Fritzsche, 63. Ed. 1.8.2022, BGB § 985 RdNr. 7; MüKoBGB/Baldus, 8. Aufl. 2020, BGB § 985 RdNr. 7 mwN). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
simon175
12.1.2023, 20:41:39
Wie schlimm wäre es, wenn man bzgl des Eigentumsvorbehalts auf § 449 I verweisen würde?
Saufen_Fetzt
12.1.2023, 20:51:47
Direkt kopfüber Kreuzigung.

Nora Mommsen
13.1.2023, 11:54:41
Hallo simon175, es ist nie falsch zu erwähnen, dass schuldrechtlich ein Kauf unter Eigentumsvorbehalt erfolgt ist gem. § 449 Abs. 1 BGB, der sich der Gestalt auf die dingliche Seite auswirkt, dass die unbedingte Einigung fehlt. Wichtig ist aber deutlich den Unterschied zwischen schuldrechtlichem und dinglichen Geschäft herauszuarbeiten. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
<isa_hh>
22.5.2023, 17:38:08
Würde mir jemand bitte das Pro-Argument nochmal in anderen Worten erklären? Ich verstehe den Zusammenhang mit dem
Anwartschaftsberechtigten nicht genau. Danke im Voraus.
ehemalige:r Nutzer:in
31.5.2023, 18:29:16
Ich versuche es mal: Würde man die analoge Anwendung des § 985 zulassen, hätte sowohl der Eigentümer einen
Vindikationsanspruchals auch der
Anwartschaftsberechtigte. Der Eigentümer kann gem. § 985 direkt gegen den B
esitzer vorgehen, der ohne
Recht zum Besitzden Bagger b
esitzt. Gleichzeitig würde aber auch der
Anwartschaftsberechtigtewegen seines
Anwartschaftsrechts gem. § 985 analog vindizieren können. Der B
esitzer sähe sich dann zwei Vindikationsansprüchen gegenüber, kann aber nur einmal herausgeben. Dieses Argument gegen die analoge Anwendung wird von der Gegenseite aber damit relativiert, dass der Eigentümer regelmäßig Herausgabe an den
Anwartschaftsberechtigten verlangen wird. Außerdem gegen die analoge Anwendung spricht, dass der
Anwartschaftsberechtigteaufgrund seiner B
esitzposition bereits ausreichend aus §§ 861, 1007 gegen einen B
esitzentzug geschützt ist und es deshalb keiner Anspruchsgrundlage bzgl Herausgabe bedarf.
Vincent
4.12.2024, 15:18:40
Ist der Inhaber des
Anwartschaftsrechts denn darüber ausreichend geschützt? Schließlich spricht 861 lediglich von Fällen der verbotenen Eigenmacht und 1007 lediglich von der
Bösgläubigkeitdes neuen B
esitzers. Wie käme dieses Argument zu einem zufriedenstellenden Ergebnis, wenn beide Kriterien (verb. Eigenmacht +
Bösgläubigkeit) nicht erfüllt wären ?

G0d0fMischief
6.1.2025, 11:05:38
Wenn ich mich nicht falsch erinnere ist der BGH der Ansicht, dass es sich bei dem
Anwartschaftsrechtum ein beschränkt dingliches Recht handelt und NICHT um ein
wesensgleiches Minuszum Eigentum (so die h.L). Auch wenn der BGH zu diesem Problem noch nicht entschieden hat, würde ich daher annehmen, dass der BGH der Ansicht folgen würde, das Ansprüche des
Anwartschaftsberechtigten nach §§ 861,
1007 BGBgeltend zu machen sind. Es sei denn es ist möglich gem. § 985 BGB analog auch
beschränkt dingliche Rechteherauszufordern.
der D
8.2.2025, 08:09:32
Kann der
Anwartschaftsberechtigteneben dem 985 auch die 987 ff. geltend machen? Die Nutzungen sollten doch eigentlich dem
Anwartschaftsberechtigten zustehen? Zwischen ihm und dem Eigentümer besteht ja keine
Vindikationslageund diese können somit nicht herausverlangt werden. Hinsichtlich des
Schadensersatzes nach 987 könnte man einwenden, dass das
Anwartschaftsrechtjedenfalls ein „sonstiges Recht“ i.S.d. 823 ist, sodass dem
Anwartschaftsberechtigten auch hierüber im Zweifel ein
Schadensersatzanspruch zustehen würde?