Öffentliches Recht

Grundrechte

Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG)

Grundfall: Meinungsfreiheit als Meinungsäußerungsfreiheit

Grundfall: Meinungsfreiheit als Meinungsäußerungsfreiheit

19. Juni 2025

6 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Aktivistin A hat auf einem USB-Stick ein Dokument mit einem klimapolitischen Manifest gespeichert, welches sie im Internet veröffentlichen möchte. Bei einer Personenkontrolle entdeckt Polizist P den USB-Stick. P hält nichts von diesem digitalen Mumpitz und beschlagnahmt den Stick.

Diesen Fall lösen 0,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Grundfall: Meinungsfreiheit als Meinungsäußerungsfreiheit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Meinungsfreiheit als Meinungsäußerungsfreiheit schützt grundsätzlich jede Form der Meinungsäußerung und Meinungsverbreitung.

Ja!

Einerseits schützt die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) die Vorbereitung der Meinungsbildung durch Information und die eigentliche Bildung sowie das "Haben" einer Meinung. Andererseits schützt sie die Äußerung und Verbreitung der Meinung. Insbesondere die Meinungsfreiheit als Meinungsäußerungsfreiheit entfaltet die konstitutive Wirkung von Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG für die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Grund: Das Partizipieren am öffentlichen Diskurs durch Äußern und Verbreiten von Meinungen ist zentraler Bestandteil des Gewährleistungsumfangs. Nach der Rechtsprechung des BVerfG soll die Meinungsfreiheit den "geistigen Kampf der Meinungen" gewährleisten.
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2. Die Aufzählung in Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG, dass jeder "seine Meinung in Wort, Schrift und Bild" frei äußern darf, ist abschließend.

Nein, das ist nicht der Fall!

Bei der Aufzählung in Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG handelt es sich um eine beispielhafte Aufzählung der Kundgabemodalitäten, die nicht abschließend ist. Vielmehr erfordert der Sinn und Zweck der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG), dass auch moderne Modalitäten der Meinungskundgabe, wie beispielsweise im Internet, geschützt sind.

3. Die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) schützt den gesamten Prozess der Meinungsbildung und Meinungskundgabe.

Ja, in der Tat!

Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG schützt den gesamten Prozess der Meinungsbildung und Meinungskundgabe. Es sind daher sämtliche Modalitäten des Kommunikationsprozesses von der Kundgabe der Meinung bis zur Ankunft beim Empfänger geschützt. Der sich Äußernde darf dabei die Form und die Art und Weise seiner Äußerung frei wählen. Insbesondere darf er diejenigen Umstände wählen, die seiner Meinung die größte Wirkungskraft verleihen.

4. Sowohl das Dokument auf dem USB-Stick als auch das Hochladen ins Internet unterfallen dem sachlichen Schutzbereich der Meinungsfreiheit (Art. 5. Abs. 1 S. 1 GG).

Ja!

Die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) schützt das Bilden einer Meinung sowie die Äußerung und Verbreitung der Meinung. Als Meinungsäußerungsfreiheit schützt sie grundsätzlich jede Form und Art der Meinungskundgabe. Das Dokument auf dem USB enthält eine Meinung zur Klimapolitik und ist damit als Ausdruck der Bildung einer Meinung von der Meinungsfreiheit umfasst. Das Hochladen des Dokuments dient der Äußerung und Verbreitung der Meinung, also der Meinungsäußerungsfreiheit. Dabei ist es für den sachlichen Schutzbereich irrelevant, dass es sich um eine moderne Form der Meinungsäußerung handelt. Es kommt auch eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) in Betracht.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

CR7

CR7

20.7.2023, 15:11:19

Und Art. 14 GG? :D

dolo agitation

dolo agitation

12.6.2025, 10:28:33

Hey CR7, ich würde dir zustimmen. Wenn man Eigentum iSd Art. 14 GG als die Summe der einem Einzelnen vom Gesetzgeber zu einem bestimmten Zeitpunkt gewährten vermögenswerten Rechte iSv Ausschließlichkeitsrechten versteht, muss auch die (vorübergehende) Entziehung des USB-Sticks (ungeachtete der zivilrechtlichen Eigentumslage an diesem, wenn jedenfalls ein Besitzrecht besteht) von seinem Schutzbereich erfasst sein. Üblicherweise müsste ein Eingriff in Art. 14 GG, gerade wenn es sich nur um eine vorübergehende Entziehungen zur Überprüfung des Inhalts o.Ä. handelt, nur wesentlich einfacher zu rechtfertigen sein, als ein Eingriff in Art. 5 I GG. Im vorliegenden Fall gäbe es hingegen in keinem Fall Ansätze für eine Rechtfertigung.

QUIG

QuiGonTim

19.1.2025, 12:51:22

Wie würde man in einer Klausur die vorliegende Konkurrenz zum APR (möglicherweise auch zum eigenständigen IT-Grundrecht) auflösen?

aschoo

aschoo

19.5.2025, 13:08:37

Weil grundsätzlich keine Vorrang des einen GR gegenüber dem anderen angenommen werden kann und wegen der verschiedenen Schutzrichtungen der Grundrechte, würde ich beide nebeneinander schweben lassen (:


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