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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Im Rahmen einer Talkshow fragt L in die Runde: "Sind Sie der Meinung, dass die EU als Wertegemeinschaft noch eine Zukunft hat?" Rundfunkintendant R sieht die Sendung und erteilt L eine Abmahnung, weil er die Frage blöd findet. R meint, Fragen seien von der Meinungsfreiheit nicht geschützt.

Einordnung des Falls

Echte Fragen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der sachliche Schutzbereich der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) schützt die Kundgabe einer Meinung.

Genau, so ist das!

Der sachliche Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG setzt eine Meinungsäußerung voraus. Unter einer Meinung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG versteht man jede Äußerung, die durch ein subjektives Element der Stellungnahme gekennzeichnet ist, ohne dass es auf die Qualität oder Richtigkeit der Äußerung ankommt. Ohne freien Meinungsdialog ist die Demokratie unter dem GG schlechthin undenkbar. Wegen dieser immensen Bedeutung der Meinungsfreiheit ist der Begriff der Meinung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG weit zu verstehen.

2. Fragen fehlt das Element der subjektiven Stellungnahme, weshalb sie aus dem sachlichen Schutzbereich der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) herausfallen.

Nein, das trifft nicht zu!

Im Unterschied zu Werturteilen und Tatsachenbehauptungen beinhalten Fragen keine Aussage. Sie lassen sich weder dem Werturteil noch der Tatsachenbehauptung zuordnen. Gleichwohl sind Fragen vom sachlichen Schutzbereich der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) erfasst. Die Meinungsfreiheit erschöpft sich nicht im Schutz einzelner Äußerungen, sondern will die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung insgesamt sichern. Fragen zielen regelmäßig darauf ab, als Teil des Kommunikationsprozesses eine Meinungsäußerung eines Dritten erst herbeizuführen. Fragen spielen deshalb eine unabdingbare Rolle im Meinungsbildungsprozess. Fehlte der Grundrechtsschutz für Fragen, wäre der Kommunikationsprozess unzureichend gesichert.

3. Der sachliche Schutzbereich der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) ist für die Frage des L eröffnet.

Ja!

Fragen sind darauf gerichtet, eine Meinungsäußerung eines Dritten erst herbeizuführen. Wegen ihrer konstitutiven Bedeutung für den Meinungsbildungsprozess genießen sie den Schutz der Meinungsfreiheit. L möchte durch seine Frage eine Diskussion um die Zukunft der EU als Wertegemeinschaft anstoßen. Zwar enthält die Frage selbst keine Wertung, jedoch ist sie darauf gerichtet, dass die Talkshowgäste eine Meinung äußern.

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QUIG

QuiGonTim

1.2.2022, 19:30:53

Im vorliegenden Fall ist die Frage zugleich ein Werturteil. Indem L sie stellt, gibt er kund, dass er sie für derart bedeutsam hält, dass sie vom der gefragten Person in einer Fernsehtalkshow beantwortet werden sollte. Dies ist eine subjektive Stellungnahme, also ein Werturteil.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

3.2.2022, 12:04:47

Hallo QuiGonTim, interessanter Ansatz. In der Tat enthält jede Frage bestimmte Annahmen und Wertungen. Dennoch hat das BVerfG nicht den Versuch unternommen "echte" Fragen zwanghaft den Begriffen Tatsachen oder Werturteil zuzuordnen. Vielmehr hat es explizit anerkannt, dass eine offene Frage, die der Verifizierung oder Klärung einer bestimmten Annahme dienen soll, eine dritte, eigenständige Kategorie bildet, die aber ebenfalls von Art. 5 Abs. 1 GG geschützt ist (sehr lesenswert, BVerG, Beschl. v. 9.10.1991 - 1 BvR 221/90 = NJW 1992, 1442). Davon zu unterscheiden sind rhetorische Fragen, also Aussagen, die lediglich in Frageform gekleidet sind und bei denen eine bestimmte Antwort vorweggenommen wird. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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