Öffentliches Recht

Völkerrecht

Friedenssicherung und Kriegsrecht

Eingriffsvoraussetzungen II: Negativer und positiver Friedensbegriff

Eingriffsvoraussetzungen II: Negativer und positiver Friedensbegriff

23. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Nach dem Sturz des Diktators Barre 1991 entsteht in Somalia ein Machtvakuum. Milizen kämpfen um die Vormacht. Die staatlichen Strukturen zerfallen gänzlich. Zur Befriedung interveniert eine Staatenkoalition, gestützt auf eine Sicherheitsrat-Resolution (Res. 794, 1992).

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Einordnung des Falls

Eingriffsvoraussetzungen II: Negativer und positiver Friedensbegriff

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Legitimierung der Intervention durch den Sicherheitsrats setzt voraus, dass der Sicherheitsrat eine Bedrohung oder einen Bruch des Friedens oder eine Angriffshandlung feststellt.

Ja!

Genau! Art. 39 UN-Charta eröffnet den Anwendungsbereich der Maßnahmen nach Kapitel VII nach der Feststellung einer Bedrohung des Friedens ("threat to the peace"), eines Bruchs des Friedens ("breach of the peace") oder einer Angriffshandlung ("act of aggression"). Die drei Tatbestandsvarianten eröffnen den Anwendungsbereich für nicht-militärische und militärische Maßnahmen gleichermaßen. Offizielle Definitionen der Tatbestandsvarianten existieren nicht. Diese Offenheit räumt dem Sicherheitsrat einen weiten Ermessensspielraum ein. Selten stellt der Sicherheitsrat daher angesichts der politischen Wirkkraft auf das Vorliegen einer Angriffshandlung ab.
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2. Fehlt es an zwischenstaatlicher Gewalt, so fehlt es auch an einer Friedensbedrohung nach Art. 39 UN-Charta.

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach dem sog. negativen Friedensbegriff besteht Frieden, solange und soweit zwischenstaatliche Gewalt abwesend ist. Rein interne Konflikte ohne internationalen Auswirkungen würden demnach nicht erfasst. Von dieser engen Definition des Friedensbegriffs rückte der UN-Sicherheitsrat ab. Entscheidend ist das Vorhandensein von Rahmenbedingungen für das friedliche Zusammenleben , sog. positiver Friedensbegriff. Eine Friedensbedrohung liegt damit vor, wenn diese Rahmenbedingungen schwerwiegend erodieren und das Leben einer Vielzahl von Menschen unmittelbar gefährdet ist. Einer internationalen Auswirkung bedarf es nicht.

3. Ein Bruch des Friedens in Abgrenzung zur Bedrohung des Friedens setzt die Anwendung zwischenstaatlicher Gewalt voraus.

Ja, in der Tat!

Genau! Während die Friedensbedrohung Gefahrenlagen im Vorfeld erfasst, setzt ein Friedensbruch die Anwendung zwischenstaatlicher Gewalt voraus. In Abgrenzung zur Angriffshandlung handelt es sich um eine weniger schwerwiegende Form der Gewaltanwendung.

4. Der Zerfall der staatlichen Ordnung in Somalia stellt eine Bedrohung des Friedens dar.

Ja!

Auf Basis des positiven Friedensbegriffs liegt eine Friedensbedrohung vor, wenn die Rahmenbedingungen für ein friedliches Zusammenleben schwerwiegend erodieren und das Leben einer Vielzahl von Menschen unmittelbar gefährdet ist. Einer internationalen Auswirkung bedarf es nicht.Ein interner Konflikt führte in Somalia zu einem Zerfall jeder staatlichen Ordnung, zu Milizenkriegen und immensem Leid der Bevölkerung, mithin einer Erosion der grundlegendsten Bedingungen für ein friedliches Zusammenleben. Resolution 794, 1992 des Sicherheitsrats, die die Friedensbedrohung in Somalia feststellte, qualifizierte erstmals einen internen Konflikt als Friedensbedrohung nach Art. 39 UN-Charta.
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