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Säumnis der sich selbst vertretenden Rechtsanwältin in Corona-Zeiten
Säumnis der sich selbst vertretenden Rechtsanwältin in Corona-Zeiten
21. Mai 2025
8 Kommentare
4,7 ★ (25.338 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die autoimmunkranke Anwältin A klagt und vertritt sich selbst. Gegen sie ergeht ein Versäumnisurteil. A fehlt im Einspruchstermin (Februar 2021) „wegen Migräne und erhöhten COVID-19-Infektionsrisikos“. Das Landgericht verwirft deshalb den Einspruch.
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Einordnung des Falls
Säumnis der sich selbst vertretenden Rechtsanwältin in Corona-Zeiten
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 11 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Gegen A ist ein zweites Versäumnisurteil ergangen (§§ 330, 345 ZPO).
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen des zweiten Versäumnisurteils gegen A entsprechen jenen des ersten Versäumnisurteils gegen A (§§ 330, 345 ZPO).
Nein, das trifft nicht zu!
3. Gegen das zweite Versäumnisurteil stehen der A nun keine weiteren Rechtsbehelfe mehr zur Verfügung (§ 345 ZPO).
Nein!
4. Im Zeitpunkt des Einspruchstermins stand die Rechtspflege pandemiebedingt still (§ 245 ZPO). Schon deshalb war A nicht säumig.
Nein, das ist nicht der Fall!
5. A war im Einspruchstermin säumig (§§ 330, 345 ZPO).
Ja, in der Tat!
6. Das zweite Versäumnisurteil durfte nicht ergehen, wenn A ihre Säumnis nicht verschuldet hat (§ 337 S. 1 Hs. 2 ZPO). Anzulegen ist der für Rechtsanwälte geltende Verschuldensmaßstab.
Ja!
7. A hat nach dem ersten Versäumnisurteil einen Befangenheitsantrag gestellt, der erst Minuten vor dem Einspruchstermin verworfen wurde. Ist As Säumnis deshalb unverschuldet?
Nein, das ist nicht der Fall!
8. Die Migräne der A ist seit Jahren chronifiziert. Im laufenden Verfahren war A mehrfach wegen akuter Migräne verhindert. Erfolgte As krankheitsbedingte Säumnis (Migräne) trotzdem unverschuldet?
Nein, das trifft nicht zu!
9. Der A hätte aber persönlich rechtliches Gehör gewährt werden müssen. Die Bestellung eines Terminvertreters hätte Art. 103 Abs. 1 GG nicht genügt. Ist As Säumnis deshalb unverschuldet.
Nein!
10. Die 7-Tage-Inzidenz lag zum Einspruchstermin bei 100. Wegen ihrer Vorerkrankung hatte A - trotz Schutzkonzepts des Gerichts - erfolglos Verlegungsanträge gestellt. Hat A ihre Säumnis verschuldet?
Genau, so ist das!
11. Kann A mit Erfolg gegen das zweite Versäumnisurteil vorgehen?
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Felicia Eppeldauer
26.9.2022, 02:33:04
Man merkt das wenn man kein Jurist ist oder irgendwas mit Jura zutun hat, ist es echt nicht leicht und entweder man hört auf sein Bauchgefühl oder lässt sich von seiner Intuition leiten.

Lukas_Mengestu
26.9.2022, 19:32:16
Hallo Felicia, herzlich willkommen im Forum. Die Fälle in der aktuellen Rechtsprechung weisen in der Tat einen etwas höheren Schwierigkeitsgrad auf, da sie sich u.a. an Examenskandidaten und juristische Praktikerinnen richtet. Schau aber gerne auch einmal in unseren systematischen Kursen vorbei (zB im
Kaufrechtoder Arbeitsrecht). Dort ist der Einstieg noch etwas niedrigschwelliger. Ich wünsche DIr weiterhin viel Spaß mit Jurafuchs und freue mich natürlich auch weiterhin über Dein Feedback. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Yasmin
23.10.2022, 13:39:12
Bei der ersten Frage war die Erklärung bezüglich der Prüfung der Schlüssigkeit nicht ganz klar: Bei Erlass des ersten VU ist Schlüssigkeit zu prüfen, beim zweiten nach hm. nicht, sofern kein Vollstreckungsbescheid voranging, so dass noch keine Prüfung der Schlüssigkeit stattfand. Übrigens wäre generell eine dritte MultipleChoice Möglichkeit interessant, so dass auch eine von dem jeweiligen Urteil abweichende Meinung vertreten werden kann, obgleich die Urteilsbegründung bekannt ist. Manche Urteile beruhen ja gerade auf Kenntnis aller Umstände des Einzelfalls und zeigen eine Tendenz für folgende Urteile an, sollten aber im Interesse der Rechtsfindung nicht zu starr verallgemeinert werden, gerade wenn das Lernkonzept schon relativ anspruchsvoll ist.
Der Paragraf
6.11.2022, 12:08:02
Hallo Yasmin, da es hier um ein VU gegen den Kläger ging, war die Schlüssigkeit weder beim ersten, noch beim zweiten VU zu prüfen. Anders ist das beim VU gegen den Beklagten. LG
IsiRider
30.9.2023, 11:51:03
Wie hoch ist die Relevanz fürs erste Examen?
Timurso
30.10.2023, 15:48:04
Relativ gering. Deswegen hier auch mit "Assessorexamen" markiert.

Dolo Agate
7.2.2025, 10:11:38
Das ist wirklich eine sehr feine Lernapp, ich glaube noch besser kann sie werden, wenn man bei Gelegenheit Schaubilder einfügt, wie zB hier bei der Unterscheidung zwischen Rechtsmittel und Rechtsbehelfs. Liebe Grüße eure Dolo Agate

Christian Leupold-Wendling
9.3.2025, 15:15:08
Hallo Dolo Agate , vielen Dank für Deinen Vorschlag! Wir haben ihn notiert und werden in einer der nächsten Redaktionssitzungen prüfen, inwiefern wir hierzu unsere Lerninhalte entsprechend anpassen bzw. noch weitere Aufgaben mit aufnehmen können. Beste Grüße, Christian Leupold-Wendling, für das Jurafuchs-Team