Zivilrecht

Bereicherungsrecht

Die Nichtleistungskondiktion

Fahrradgepäckträger II – Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nicht tauglich

Fahrradgepäckträger II – Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nicht tauglich

4. Dezember 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A stellt Gepäckträger her und liefert diese an C. B meint, dass A durch die Herstellung ihr (Bs) Patent verletzt. B spricht eine Verwarnung gegenüber As Kunde C aus. C bezieht daraufhin die Gepäckträger von anderen Anbietern, die im Besitz einer Lizenz der B sind. Eine Patentrechtsverletzung kann nicht festgestellt werden.

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Einordnung des Falls

Fahrradgepäckträger II – Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nicht tauglich

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Voraussetzungen einer Eingriffskondiktion könnten erfüllt sein (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB).

Ja, in der Tat!

Dem Bereicherungsgläubiger steht ein Herausgabeanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB (Eingriffskondiktion) zu, wenn vier Voraussetzungen gegeben sind: Der Anspruchsgegner (Bereicherungsschuldner) müsste (1) etwas erlangt haben. Dies müsste (2) in sonstiger Weise, also nicht durch Leistung erfolgt sein. Dies ist (3) auf Kosten des Bereicherungsgläubigers geschehen, wenn ein Eingriff in ein fremdes Recht vorliegt. Zuletzt muss der Bereicherungsschuldner den Bereicherungsgegenstand (4) ohne Rechtsgrund erlangt haben.
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2. B hat etwas in sonstiger Weise erlangt (§812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB).

Ja!

Bereicherungsgegenstand bei der Eingriffskondiktion ist jede vorteilhafte Rechtsposition. Der Bereicherungsschuldner erlangt den Bereicherungsgegenstand „in sonstiger Weise“, wenn er ihn nicht durch Leistung erlangt. Leistung ist die bewusste, zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. Dadurch, dass C die Gepäckträger bei einem anderen Anbieter erworben hat, hat B Lizenzgebühren erlangt. Diese Gebühren hat B auch nicht durch Leistung, also in sonstiger Weise erlangt.

3. Das Tatbestandsmerkmal „auf dessen Kosten“ ist erfüllt, wenn ein Eingriff in ein fremdes Recht vorliegt.

Genau, so ist das!

Eingriff bedeutet nach der herrschenden Zuweisungstheorie die Verletzung des Zuweisungsgehalts eines fremden Rechts. Es ist also auf die Rechtsposition, um die es bereicherungsrechtlich geht, abzustellen. Diese muss von der Rechtsordnung dem Gläubiger zur ausschließlichen Verfügung zugewiesen wird. In Betracht kommt ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Dieses (Rahmen-)Recht müsste also zunächst einen Zuweisungsgehalt aufweisen. Diesen müsste B dann verletzt haben.

4. Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb weist einen Zuweisungsgehalt auf, in den eingegriffen werden kann.

Nein, das trifft nicht zu!

BGH: Das Recht zur gewerblichen Betätigung ist zwar gesetzlich geschützt. Dem Gewerbetreibenden ist damit aber nicht ein bestimmter Tätigkeitsbereich mit festen Chancen und Erwerbserwartungen wie ein absolutes Recht zugewiesen. Vielmehr hat jeder Gewerbetreibende dasselbe Recht der gewinnbringenden Tätigkeit. Deshalb sind das Recht zur gewerblichen Tätigkeit, das Recht am Unternehmen und das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nicht als eine Rechtsposition mit einem Zuweisungsgehalt anzuerkennen.

5. Es liegt ein Eingriff in ein fremdes Recht vor.

Nein!

Eingriff bedeutet nach der herrschenden Zuweisungstheorie die Verletzung des Zuweisungsgehalts eines fremden Rechts. Ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb kommt nicht in Betracht. Es mangelt an dem Zuweisungsgehalt dieses Rechts. Ein Eingriff in ein weiteres Recht kommt nicht in Betracht.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

simon175

simon175

15.12.2022, 10:09:02

In wiefern hat B in diesem Falle etwas in sonstiger Weise erlangt? Liegt das an der Veränderung der Lieferkette der A?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

16.12.2022, 14:09:40

Hallo simon175, B hat durch die Verwarnung des C erreicht, dass dieser nur noch Verträge mit Händlern abschloss, die eine Lizenz von C hatten. An diesen Lizenzen verdient C Geld, sodass durch den Mehrverkauf auch mehr von den Lizenzen Gebrauch gemacht wurde. Darin liegt das erlangte etwas der C. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Juliaa

Juliaa

4.4.2023, 22:57:43

Stand hier auch erst auf dem Schlauch, vielleicht könnte man das als Erklärung hinzufügen :)

DIAA

Diaa

14.10.2023, 07:58:43

Ich auch!

ASA

asanzseg

1.11.2023, 17:11:30

Also was von C erlangt wird kann in der Frage ad hoc mit dem kurzen Aufgabentext nicht gelesen werden. Ein Hinweis etwa, „ von nun an erhält B die Lizenzgebühren durch den Vertreib des C“ würde eigentlich schon reichen.

SCH

Schrobl

20.9.2024, 18:35:51

Erhält er die Lizenzgebühren nicht durch Leistung seiner Lizenznehmer?


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