+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Kroatin P hat in Tschechien eine Ausbildung zur Fliesenlegerin absolviert. Anschließend zieht sie zurück nach Split und möchte dort als angestellte Fliesenlegerin arbeiten. Allerdings wird die tschechische Ausbildung nicht anerkannt. Die Tätigkeit wird ihr daher untersagt.

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Einordnung des Falls

Fall: Heimkehrer

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der sachliche und persönliche Anwendungsbereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit sind vorliegend eröffnet.

Ja, in der Tat!

Arbeitnehmer i.S.d. Art. 45 AEUV ist jede Unionsbürgerin, die während einer bestimmten Zeit weisungsgebunden Leistungen von einem wirtschaftlichen Wert für einen anderen erbringt und dafür als Gegenleistung eine Vergütung erhält. P geht im Rahmen ihrer Tätigkeit als angestellte Fliesenlegerin einer weisungsgebundenen Tätigkeit für einen anderen nach, für die eine Gegenleistung gezahlt wird und ist damit Arbeitnehmerin i.S.d Art. 45 AEUV. Der sachliche Anwendungsbereich ist somit eröffnet. Als Kroatin ist J auch Unionsbürgerin, sodass auch der persönliche Anwendungsbereich eröffnet ist.
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2. Die Eröffnung des Anwendungsbereichs der Arbeitnehmerfreizügigkeit setzt einen grenzüberschreitenden Bezug voraus.

Ja!

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist die Arbeitnehmerfreizügigkeit nur auf Sachverhalte anwendbar, die Relevanz für das Unionsrecht haben. Diese unionsrechtliche Relevanz entsteht dadurch, dass der Sachverhalt über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweist. Der Anwendungsbereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit bedarf also eines grenzüberschreitenden Sachverhalts. Rein innerstaatliche Sachverhalte sind dem Anwendungsbereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit entzogen. Ein grenzüberschreitender Sachverhalt ist jedenfalls dann gegeben, wenn sich ein Angehöriger eines Mitgliedstaats in einen anderen Mitgliedstaat begibt, um dort einer weisungsgebundenen Tätigkeit im Sinne des Art. 45 AEUV nachzugehen.

3. Es handelt sich vorliegend um einen rein innerstaatlichen Sachverhalt. Der Anwendungsbereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit ist daher nicht eröffnet.

Nein, das ist nicht der Fall!

Rein innerstaatlichen Sachverhalte fehlt der grenzüberschreitende Bezug. Art. 45 AEUV ist allerdings auf sog. Rückkehrerfälle anwendbar, in denen zwar nur das Verhältnis zwischen Mitgliedstaat und seinen Staatsbürgern betroffen ist, ein Arbeitnehmer aber bereits von seinen Freizügigkeitsrechte Gebrauch gemacht hat und verlangt, deshalb nicht benachteiligt zu werden. Grund dafür ist die effektive Wirksamkeit des Unionsrechts: Wenn einem Arbeitnehmer nach seiner Heimkehr berufliche Fähigkeiten nicht anerkannt werden, die er in einem anderen Mitgliedstaat erworben hat, reduziert dies die Wahrscheinlichkeit, dass er von der Arbeitnehmerfreizügigkeit Gebrauch macht. Die kroatische Staatsangehörige P hat in einem anderen Mitgliedstaat eine berufliche Qualifikation erlangt und damit von ihren Freizügigkeitsrechten Gebrauch gemacht. Diese muss von ihrem Heimatstaat bei der Rückkehr ebenso anerkannt werden wie bei einem EU-Ausländer. Ein grenzüberschreitender Bezug ist damit gegeben und der Anwendungsbereich eröffnet.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

F. Rosenberg 🦅

F. Rosenberg 🦅

9.7.2023, 14:24:09

Dass die in Tschechien erworbenen Fähigkeiten anerkannt werden müssen, ist keine Frage des Schutzbereichs. Der entsprechende Satz müsste bei der letzten Frage unter Subsumtion gestrichen werden.

jeci

jeci

17.7.2024, 15:40:21

P wird hier zwischenzeitlich zu J


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