Zivilrecht

Sonstige vertragliche Schuldverhältnisse

Darlehensvertrag, §§ 488ff. BGB

Außerordentliche Kündigung durch den Darlehensnehmer, § 490 Abs. 2

Außerordentliche Kündigung durch den Darlehensnehmer, § 490 Abs. 2

23. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Unternehmer U hat bei der B-Bank ein Darlehen über €200.000 aufgenommen (Laufzeit 15 Jahre, jährlich 1,5% Zinsen). Das Darlehen ist durch eine Grundschuld an der Immobilie des U besichert. Drei Jahre nach Auszahlung des Darlehens ist U aus finanziellen Gründen gezwungen, die Immobilie zu veräußern. U kündigt B.

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Einordnung des Falls

Außerordentliche Kündigung durch den Darlehensnehmer, § 490 Abs. 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. U hat ein bestehendes ordentliches Kündigungsrecht nach § 489 BGB.

Nein!

Ist ein bestimmter Zeitpunkt zur Rückzahlung des Darlehens vorgesehen, richten sich die Voraussetzungen für die ordentliche Kündigung des Darlehensnehmers nach §489 BGB. Bei einem gebundenem Sollzinssatz kann der Darlehensnehmer nur unter den Voraussetzungen des § 489 Abs. 1 BGB kündigen. Bei einem Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz kann der Darlehensnehmer jederzeit mit einer Frist von drei Monaten kündigen (§ 489 Abs. 2 BGB). U könnte nur unter den Voraussetzungen des § 489 Abs. 1 BGB ordentlich kündigen, da ein bestimmter Zeitpunkt zur Rückzahlung des Darlehens vorgesehen ist und ein gebundener Sollzinssatz von 1,5% vereinbart wurde. Da die Zinsbindung weder vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit abgelaufen ist noch zehn Jahre seit Empfang des Darlehens abgelaufen sind, steht ihm derzeit kein Kündidungsrecht nach § 489 BGB zu.
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2. U hat ein bestehendes außerordentliches Kündigungsrecht nach § 490 Abs. 2 BGB.

Genau, so ist das!

Der Darlehensnehmer kann nach § 490 Abs. 2 S. 1 BGB einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz und grundpfandrechtlicher Sicherung außerordentlich kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt nach § 490 Abs. 2 S. 2 BGB insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. U hat mit B einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz von 1,5% und einer grundpfandrechtlichen Sicherung vereinbart. Seit der Auszahlung des Darlehens sind mehr als sechs Monate vergangen. Da U aufgrund finanzieller Schwierigkeiten das besicherte Grundstück anderweitig verwerten will, gebieten seine Interessen eine außerordentliche Kündidung nach § 490 Abs. 2 BGB.

3. B hat einen Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihm aus der vorzeitigen Kündigung des U entsteht.

Ja, in der Tat!

Im Falle einer außerordentlichen Kündigung des Darlehensnehmers nach § 490 Abs. 2 BGB, steht dem Darlehensgeber ein gesetzlicher Anspruch auf Ersatz des Schadens zu, der ihm aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (sog. Vorfälligkeitsentschädigung). Dies können insbesondere Zinsmargen- und Zinsverschlechterungsschäden sein. B hat nach § 490 Abs. 2 S. 3 BGB einen Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihm aus der vorzeitigen Kündigung des U entsteht.

4. Eine Kündidung des U nach §§ 313, 314 BGB ist durch § 490 BGB ausgeschlossen.

Nein!

Das Recht zur außerordentlichen Kündigung ist in § 490 BGB nicht abschließend geregelt. In § 490 Abs. 3 BGB steht daher, dass die Vorschriften der §§ 313, 314 BGB unberührt bleiben. Nach § 314 BGB kann jede Vertragspartei außerordentlich kündigen, wenn ein sonstiger wichtiger Grund vorliegt. Nach § 313 Abs. 3 S. 2 BGB kommt auch eine fristlose Kündigung wegen Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht. U könnte bei Vorliegen eines anderen wichtigen Grundes oder bei Störung der Geschäftslage auch nach §§ 313,314 BGB kündigen, wie § 490 Abs. 3 BGB klarstellt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

FW

FW

9.11.2024, 13:45:12

Hi, der Begriff „beliehene Sache“ bedeutet hier wohl eher „gesicherten Sache“, jedoch hat der Gesetzgeber bewusst diese Formulierung gewählt, da es sonst doppelt gemoppelt wäre ( „zur Sicherung des Darlehens gesicherten Sache“?), oder? Klingt halt scheisse.

LELEE

Leo Lee

10.11.2024, 05:42:32

Hallo FW, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! In der Tat wird hier mit beliehener Sache diejenige Sache gemeint, an der die Sicherung bestellt wurde. Hier hat also der Gesetzgeber sich abweichend für eine andere Begrifflichkeit entschieden, was jedoch inhaltlich keinen Unterscheid machen dürfte. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-BGB 9. Auflage, K.P. Berger § 490 Rn. 45 sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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