Löschversuche

16. April 2025

1 Kommentar

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T wirft seine gerauchte Zigarette achtlos in den trockenen Wald. Es entfacht sich sofort ein Feuer. T versucht sofort, es zu ersticken. Da der Wald so trocken ist, kann aber weder T, noch die von ihm gerufene Feuerwehr den Brand löschen. Der Wald brennt komplett nieder.

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Einordnung des Falls

Löschversuche

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem T die Zigarette achtlos in den Wald warf, hat er sich wegen fahrlässiger Brandstiftung (§ 306d Abs. 1 Alt. 1 StGB) strafbar gemacht.

Ja!

Gemäß § 306d Abs. 1 Alt. 1 StGB macht sich strafbar, wer eines der in § 306 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 genannten Tatobjekte fahrlässig in Brand setzt oder durch Brandlegung ganz oder teilweise zerstört. Du prüfst also zunächst, ob der Täter den objektiven Tatbestand des § 306 Abs. 1 StGB erfüllt hat. Anstelle des subjektiven Tatbestands prüfst Du nach den allgemeinen Regeln der Fahrlässigkeit weiter. Objektiv und subjektiv fahrlässig handelt, wer bei objektiver Vorhersehbarkeit des tatbestandlichen Erfolges die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den konkreten Umständen und nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist. T hat einen Wald, also eine größere, zusammenhängende, zum größten Teil mit Bäumen bestandene Bodenfläche unter Einschluss des Unterholzes und des Waldbodens in Brand gesetzt (§ 306 Abs. 1 StGB). Zudem hat er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen. T hätte vorhersehen können, dass sich der trockene Waldboden entzündet. Wie Du ein Fahrlässigkeitsdelikt prüfst, kannst Du mit diesem Schema wiederholen.
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2. Wenn T den Brand vor Eintritt eines erheblichen Schadens freiwillig gelöscht hätte, müsste das Gericht T freisprechen (§ 306e Abs. 2 StGB).

Genau, so ist das!

Grundsätzlich kann das Gericht bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 306e StGB (= tätige Reue) von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2 StGB). Anders bei der fahrlässigen Brandstiftung: Nach § 306d StGB hat die freiwillige Löschung des Brandes vor Eintritt eines erheblichen Schadens aber zwingend eine Strafbefreiung zur Folge (§ 306e Abs. 2 StGG). Dies ergibt sich aus dem Wortlaut, besonders im Abgleich zu § 306e Abs. 1 StGB.Die Möglichkeit der Strafbefreiung nach § 306e StGB ist ein „Ausgleich“ dafür, dass die §§ 306ff. StGB vergleichsweise früh vollendet sind und ein Rücktritt damit regelmäßig ausscheidet (vgl. § 24 Abs. 1 S. 1 StGB). Die tätige Reue soll dem Täter einen Anreiz geben, die negativen Folgen der Brandlegung möglichst gering zu halten. Du prüfst die tätige Reue nur dann, wenn die Tat vollendet ist. Ansonsten prüfst Du einen Rücktritt (§ 24 StGB).

3. Die tätige Reue (§ 306e Abs. 2 StGB) findet zu Ts Gunsten Anwendung, da er die Feuerwehr gerufen hat und selbst versucht hat, das Feuer zu löschen.

Nein, das trifft nicht zu!

Nach § 306d wird nicht bestraft, wer freiwillig den Brand löscht, bevor ein erheblicher Schaden entsteht (§ 306e Abs. 2 StGB). Erfolglose Löschversuche reichen nicht aus. Es reicht aber aus, dass der Täter sich der Hilfe Dritter bedient, um den Brand zu löschen. T konnte das Feuer nicht löschen. Auch der von T gerufenen Feuerwehr ist dies nicht gelungen. Wenn T das Feuer gelöscht hätte, käme es weiter auf die Beurteilung an, ob durch den Brand bereits ein erheblicher Schaden entstanden ist. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach den jeweils geschützten Rechtsgütern. Im Kontext von §§ 306a, 306b StGB ist eine rein wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht ausschlaggebend. Mit Blick auf § 306 StGB ist sie aber auch nicht ausgeschlossen. Niemand wird verlangen, dass Du die Grenzen eines erheblichen Schadens ohne Weiteres bestimmen kannst. Arbeite hier mit dem Sachverhalt. Das Ergebnis ist bei einer guten Argumentation nebensächlich. Hier hilft der Blick in den Kommentar: Fischer, Strafgesetzbuch, 72.A. 2025, § 306e RdNr. 3.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DO

Doli

18.1.2025, 21:31:46

wo würde man § 306e Abs. II (und § 24, 31, 314a III, also alle persönlichen Strafaufhebungsgründe) im Urteil prüfen? Bei der rechtlichen Würdigung oder bei der Strafzumessung?


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