Verhinderungshandlung
6. Juli 2025
7 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
O hat bei T Schulden. Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, vergießt T in der Wohnung der O Benzin und zündet es an. Das Feuer breitet sich zunächst rasch aus, sodass der Holzrahmen Feuer fängt und etliche Möbel verbrennen. T beobachtet das Geschehen und ist der Ansicht, der bereits entstandene Schaden reiche aus, um O zum Einlenken zu bewegen. Deshalb eilt er ins Haus, um eventuell weiterschwelende Brände zu löschen. Dort stellt er fest, dass das Feuer bereits ohne sein Zutun erloschen ist.
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Einordnung des Falls
Verhinderungshandlung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat das Haus der O "in Brand gesetzt".
Ja!
2. Da das Feuer ohne Zutun des T erloschen ist, scheidet die Anwendung der tätigen Reue (§ 306e StGB) aus.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Da T ohne Reue das Feuer löschen wollte, scheidet eine Anwendung der tätigen Reue (§ 306e StGB) aus.
Nein, das trifft nicht zu!
4. T handelte freiwillig und ernsthaft bemüht (§ 306e Abs. 3 StGB).
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Daniel
7.8.2022, 06:51:50

Lukas_Mengestu
8.8.2022, 14:37:42
Hallo Daniel, du hast völlig recht, dass die tätige Reue zusätzlich voraussetzt, dass noch "kein erheblicher
Schaden" eingetreten ist. Dieser Prüfungspunkt lässt sich anhand des Sachverhalts nur bedingt beantworten. Bei Sachschäden zieht der BGH hierfür die Wertgrenze bei €2.500 (vgl. BGH NStZ 2003, 204 (206). Sofern diese Schwelle erreicht wurde, was anhand der beschriebenen Schäden durchaus naheliegt, so wäre die tätige Reue ausgeschlossen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
benjaminmeister
16.6.2025, 20:29:02
@[Lukas_Mengestu](136780) es wäre hilfreich, wenn die Aufgabe in der Hinsicht noch um Sachverhaltsangaben und eine weitere Frage ergänzt wird. Im Moment nimmt man nämlich unterbwusst mit, dass die tätige Reue gem. § 306e hier greifen würde. Außerdem bietet es sich hier wunderbar an noch zu thematisieren, dass die Möbel nicht Schutzobjekt der §§ 306 ff. sind und sowie ich Rengier, BT II, § 40 Rn. 102 verstehe, der erhebliche
Schadenam Schutzobjekt selbst eintreten muss. Da
Schadenbisher nur "der Holzrahmen" des Hauses ist, könnte man einen erheblichen
Schadendann nämlich verneinen oder man bejaht ihn, wenn man vertritt, dass der erhebliche
Schadenan den Möbeln ebenso berücksichtigt werden muss.
Tin
3.7.2023, 09:36:29
Hallo, kann man das zum Haus eilen wirklich schon als ernsthafte Bemühung ansehen?
Bilbo
30.9.2023, 14:35:03
Fand ich auch ein bisschen wyld, allerdings ist der Sachverhalt etwas dünn, da könnte man hier auf nichts anderes abstellen. Und T kann ja nicht unterschiedlich bestraft/begünstigt werden, je nachdem, wann er entdeckt, dass das Feuer erloschen ist. Wenn er angefangen hätte, Wasser ranzukarren und es dann erst merkt vs. dass er sich dem Haus nähert und es dann sieht. Beim zweiten gäbe es ja für ihn sonst keine Gelegenheit für ernsthaftere Bemühungen. Aber ja, verstehe deine Zweifel.
Lindasey
17.4.2025, 20:44:49
@[Tin](195209) sehe ich genauso! Der Täter hat ja überhaupt keine aktive Rettungshandlung vorgenommen. Und selbst, wenn man das zum Haus Eilen als potentielles ernsthaftes Bemühen zählen würde, so wäre doch zu dem Zeitpunkt überhaupt kein Raum mehr dafür, weil "der Brand" nach § 306e III StGB überhaupt nicht mehr besteht. Also ist der Täter doch quasi einfach "zu spät" oder nicht Jura-Fuchs-Team? Man würde ja auch keine Rücktritt vom beendeten Totschlag mehr bejahen, wenn der Täter seine Verhinderungshandlung erst nach dem Tod des Opfers startet.
CarlderGrosze
4.7.2024, 17:51:44
Hallo, kann §
306e StGBanalog auf Reueaktivitäten angewendet werden, die nicht auf die Löschung bezogen sind? Gibt es dazu einen Fall? Grüße