Öffentliches Recht
Examensrelevante Rechtsprechung ÖR
Verwaltungsrecht BT: Versammlungsrecht
Corona: Milderes Mittel als Versammlungsverbot
Corona: Milderes Mittel als Versammlungsverbot
22. April 2025
7 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A meldet am 10.4. eine Versammlung für den 18.4. an. Dabei wollen 50 Personen gegen Corona-Beschränkungen demonstrieren. Die Behörde lehnt pauschal ab, da die Versammlung nach der BWCoronaVO verboten sei. A begehrt vor den Verwaltungsgerichten erfolglos eine Ausnahmegenehmigung.
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Einordnung des Falls
Corona: Milderes Mittel als Versammlungsverbot
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 11 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Statthafte Antragsart vor dem BVerfG ist ein Antrag des A auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 32 Abs. 1 BVerfGG).
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 32 Abs. 1 BVerfGG) ist unbegründet, wenn eine Verfassungsbeschwerde unzulässig oder offensichtlich unbegründet wäre.
Ja, in der Tat!
3. Bei offenem Ausgang der Verfassungsbeschwerde findet grundsätzlich keine summarische Prüfung statt, sondern eine Folgenabwägung (sog. Doppelhypothese).
Ja!
4. Ausnahmsweise prüft das BVerfG auch bei offenem Ausgang die Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerde, wenn die Entscheidung in der Hauptsache zu spät käme.
Genau, so ist das!
5. Im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren (§ 32 Abs. 1 BVerfGG) sind somit ausnahmsweise die Erfolgsaussichten der Hauptsache zu berücksichtigen.
Ja, in der Tat!
6. Die von A geplante Versammlung ist vom Schutzbereich der Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) erfasst.
Ja!
7. Die verwaltungsgerichtliche Versagung einer Ausnahme stellt einen Eingriff in die Versammlungsfreiheit dar.
Genau, so ist das!
8. Die verwaltungsgerichtliche Versagung einer Ausnahme ist bereits deshalb ungerechtfertigt, weil die BWCoronaVO die Ausübung der Versammlungsfreiheit einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt unterwirft.
Nein, das trifft nicht zu!
9. Die Erteilung einer Ausnahme vom Versammlungsverbot steht im Ermessen der Behörde (§ 3 Abs. 6 BWCoronaVO). Die Ermessensausübung muss der Versammlungsfreiheit des A hinreichend Rechnung tragen.
Ja!
10. Der pauschale Hinweis auf das Versammlungsverbot stellt eine fehlerhafte Ermessensausübung seitens der Behörde dar, da die Versammlungsfreiheit des A nicht hinreichend berücksichtigt wurde.
Genau, so ist das!
11. Ein starker Anstieg der Corona-Infektionszahlen befreit die Versammlungsbehörde von der Pflicht zur vollständigen Ermessensausübung.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Isabell
25.5.2020, 13:42:12
Geben die Gerichte eigentlich Vorgaben, wie die in ihrer Anzahl begrenzen Teilnehmer ausgesucht werden? Ich tue mich enorm schwer in der Begrenzung der Teilnehmerzahl ein milderes Mittel zu sehen.
gelöscht
6.6.2020, 08:22:45
Das kann ich mir kaum vorstellen. Bis auf die Frage, ob Infizierte an einer Versammlung teilnehmen, wären weitere Kriterien, jedenfalls unter den jetzigen Bedingungen, kaum von Belang. Um später auftretende Fragen gut nachvollziehen zu können, wäre neben der zahlenmäßigen Kenntnis auch noch die persönliche Identifizierung interessant. Jedenfalls lässt sich mit zahlenmäßiger Beschränkung ein potenzielles Risiko auf ein bestimmtes Maß reduzieren. 🤔
_
10.6.2020, 21:41:18
Das Gericht (jedenfalls VG Gießen) richtet sich nach der zu erwartenden Teilnehmerzahl. Ist nicht sicherzustellen, dass es bei der geringen, angekündigten Teilnehmerzahl bleibt, so ist die Versammlung höchstwahrscheinlich zu untersagen...

Kathi
13.1.2025, 09:35:19
Hi, warum ist bei diesem Fall der Rechtsschutz nach
§ 32 BVerfGGeinschlägig und nicht der nach §
123 VwGO? Ich glaube ich habe die Anwendungsbereiche des
§ 32 BVerfGGnoch nicht ganz verstanden.

ahimes
4.2.2025, 19:28:14
Hey @[Kathi](189118) ! Ja das geht mir genauso. Ich wüsste auch nicht exakt, wann ich an den Eilrechtsschutz des
§ 32 BVerfGGzu denken habe. Ich habe es in der Examensvorbereitung einfach zu selten irgendwo gesehen... Vlt. Könnte Jurafuchs uns nochmal helfen :)

Kathi
5.2.2025, 12:23:25
Ich hab’s mir selbst angeeignet: §§ 80,
123 VwGOsind der Eilrechtsschutz für die verwaltungs
rechtlichen Klagen, der
§ 32 BVerfGGgreift bei den staats
rechtlichen Klagen wie Organstreit o. Ä.

Charliefux
4.4.2025, 17:23:09
@[Kathi](189118) richtig. §
123 VwGOgilt im Verwaltungsverfahren und ist einschlägig nach § 123 V VwGO, sofern nicht §§ 80,
80a VwGOeinschlägig sind (dies ist bei einer Anfechtungsklage § 42 I 1 VwGO der Fall). §
123 VwGowäre also demnach in einer Verpflichtungssituation nach § 42 I 2 VwGO einschlägig. Diese Normen sind also ausschließlich bei den Verwaltungsgerichten einschlägig. A hat ja bereits erfolglos vor dem Verwaltungsgericht versucht eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten und den Rechtsweg ausgeschöpft. §
123 VwGOwürde ihm demnach nicht helfen, sein Ziel zu erreichen. A ist aber der Meinung, durch diese Versagung wird er in seinen Grundrechten (Art. 2 I, Art. 8 GG) verletzt. Aus diesem Grund erhebt er eine Verfassungsbeschwerde. Da Entscheidungen beim BVerfG oftmals eine lange Zeit auf sich warten lassen und die Demo bereits in ein paar Tagen stattfinden soll, begehrt er eine „frühzeitige Entscheidung“ durch eine Einstweilige Anordnung (§ 32 I BVerfGG) diese Norm ist ausschließlich beim BVerfG einschlägig und kann nicht im Verwaltungsprozess angewendet werden. Ich hoffe das hilft dir bei der Differenzierung.