Zivilrecht

BGB Allgemeiner Teil

Geschäftsfähigkeit

Mittel vom gesetzlichen Vertreter zu freier Verfügung überlassen, doch meist ergibt die Auslegung, dass selbst beim vorbehaltslosen Überlassen der Mittel der Minderjährige nicht vollkommen frei sein soll in der Verwendung der Mittel

Mittel vom gesetzlichen Vertreter zu freier Verfügung überlassen, doch meist ergibt die Auslegung, dass selbst beim vorbehaltslosen Überlassen der Mittel der Minderjährige nicht vollkommen frei sein soll in der Verwendung der Mittel

26. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der 13-jährige K hat gerade von seinen Eltern E sein monatliches Taschengeld (€25) erhalten. Die E überlassen es stets K, für was er dieses Geld ausgibt. K geht in die nächste Tankstelle und kauft sich dort von seinem Taschengeld ein Sixpack Bier.

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Einordnung des Falls

Mittel vom gesetzlichen Vertreter zu freier Verfügung überlassen, doch meist ergibt die Auslegung, dass selbst beim vorbehaltslosen Überlassen der Mittel der Minderjährige nicht vollkommen frei sein soll in der Verwendung der Mittel

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die E haben dem K das Taschengeld zu freier Verfügung überlassen (§ 110 BGB).

Ja, in der Tat!

Nach § 110 BGB kann die Mittelüberlassung an den Minderjährigen durch den gesetzlichen Vertreter entweder zweckgebunden oder zu freier Verfügung erfolgen. Beides kann ausdrücklich oder konkludent erklärt werden und ist durch Auslegung zu ermitteln. Hierbei kommt es auf den Empfängerhorizont des Minderjährigen an. Die E überlassen es dem K, wofür er sein Taschengeld ausgibt. Aus seiner Sicht wird es ihm zu freier Verfügung überlassen.
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2. Indem die E dem K das Taschengeld zu freier Verfügung überlassen haben, haben sie konkludent in den Kaufvertrag über das Bier eingewilligt.

Nein!

Das Verhalten der Eltern ist nicht nur dahingehend auszulegen, ob die Mittel zu freier Verfügung oder zweckgebunden überlassen wurden. Vielmehr ist auch durch Auslegung zu ermitteln, was „zu freier Verfügung“ im konkreten Fall für die Eltern bedeutet. Meist ist das Ergebnis, dass der Minderjährige mit den überlassenen Mitteln nicht Rechtsgeschäfte aller Art tätigen dürfen soll, sondern nur solche, die sich im Rahmen des Vernünftigen bewegen. Obwohl die E das Taschengeld zu freier Verfügung überlassen haben, ergibt eine erweiterte Auslegung, dass sie damit nicht gemeint haben, dass sich ihr 13-jähriger Sohn Alkohol kaufen darf. Dieses Ergebnis entspricht auch der Lehre vom beschränkten Generalkonsens, wonach eine unbeschränkte Generaleinwilligung durch die Eltern unzulässig ist, da sie den Minderjährigen zum "Quasi-Geschäftsfähigen" macht.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

QUIG

QuiGonTim

29.4.2022, 08:12:14

Der Kaufvertrag würde ja auch gegen ein gesetzliches Verbot aus dem Jugend

schutzgesetz

verstoßen und wäre dann nach

134 BGB

nichtig. Wie verhalten sich 134 und die Vorschriften zur beschränkten Geschäftsfähigkeit zueinander? Was ist zuerst zu prüfen?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

29.4.2022, 15:15:41

Hallo QuiGonTim, die beiden Unwirksamkeitsgründe stehen letztlich nebeneinander. Eine fixe Prüfungsreihenfolge gibt es insoweit nicht. Letztlich folgt daraus lediglich, dass in diesem Fall selbst mit EInwilligung der Eltern der Kaufvertrag nicht zustande gekommen wäre. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

AS

as.mzkw

2.10.2024, 14:53:06

Wie würde man das in der Klausur darstellen? In einem Hilfsgutachten oder mit den Worten „Zudem könnte der Vertrag gem. §

134 BGB

nichtig sein …“ ?


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