Strafrecht
Examensrelevante Rechtsprechung SR
BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub, u.a.
„Geldzauberei“: Betrug oder Diebstahl? Unmittelbares Ansetzen?(OLG Hamm, Urt. v. 07.12.2023 - 4 ORs 111/23)
„Geldzauberei“: Betrug oder Diebstahl? Unmittelbares Ansetzen?(OLG Hamm, Urt. v. 07.12.2023 - 4 ORs 111/23)
31. Mai 2025
18 Kommentare
4,7 ★ (48.727 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T und O wollen einen Kaufvertrag abwickeln. T sagt O, er habe die hierfür mitgebrachten Geldscheine chemisch behandelt, um nicht mit dieser Menge Bargeld aufzufallen. T zeigt O schwarzes Papier. T tröpfelt Flüssigkeit auf ein Papier, das scheinbar zu €50 wird. In echt tauscht T das Papier gegen einen Geldschein.
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Einordnung des Falls
„Geldzauberei“: Betrug oder Diebstahl? Unmittelbares Ansetzen?(OLG Hamm, Urt. v. 07.12.2023 - 4 ORs 111/23)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 22 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T sagt zu O, er brauche €500, um das restliche Geld „umzuwandeln“. O gibt T das Geld, T verschwindet (wie geplant) damit. Könnte sich T wegen Diebstahl strafbar gemacht haben (§ 242 Abs. 1 StGB)?
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. O hat die €500 in bar bei dem Treffen dabei. Handelt es sich bei den Geldscheinen um für T fremde bewegliche Sachen i.S.d. § 242 Abs. 1 StGB?
Ja!
3. T hat den O durch eine Lüge dazu bewegt, ihm die €500 zu geben, um dann damit zu verschwinden. Könnte hierin eine Wegnahme durch T liegen?
Genau, so ist das!
4. Die Abgrenzung von (Sach-)Betrug und (Trick-)Diebstahl nimmst Du entweder beim Tatbestandsmerkmal „Wegnahme“ i.R.d. Diebstahl oder bei der „Vermögensverfügung“ i.R.d. Betruges vor.
Ja, in der Tat!
5. O gibt dem T seine €500 zur Umwandlung des eingefärbten Geldes. Ist eine Wegnahme durch T damit von vornherein ausgeschlossen?
Nein!
6. Nachdem O dem T seine Geldscheine gegeben hat, schlagen beide ein, verabschieden sich und T geht. Liegt hier lediglich eine Gewahrsamslockerung vor?
Nein, das ist nicht der Fall!
7. Da ein Diebstahl ausscheidet, muss Du prüfen, ob T sich wegen Betruges gegenüber und zulasten des O strafbar gemacht hat (§ 263 Abs. 1 StGB).
Ja, in der Tat!
8. Hat T den O über Tatsachen getäuscht, indem er O sagte, er könne das schwarze Papier in Geld umwandeln?
Ja!
9. Unterlag der O durch Ts Täuschung auch einem Irrtum?
Genau, so ist das!
10. Hat O infolge seines Irrtums über sein Vermögen verfügt, als er dem T seine Geldscheine im Wert von €500 gab?
Ja, in der Tat!
11. Ist bei O infolge seiner Vermögensverfügung (nach einer Gesamtsaldierung) ein Vermögensschaden eingetreten?
Ja!
12. Subjektiv handelte T aber eindeutig ohne Bereicherungsabsicht.
Nein, das ist nicht der Fall!
13. Angenommen, das Gericht kann nicht sicher feststellen, ob T das Geld weggenommen oder durch Os Vermögensverfügung erlangt hat – sicher ist aber, dass T eins von beiden getan hat. Kann das Gericht den T in diesem Fall nur freisprechen?
Nein!
14. Es kommt Ts Verurteilung nach den Grundsätzen der Wahlfeststellung in Betracht. Muss man zwischen der echten und der unechten Wahlfeststellung unterscheiden?
Genau, so ist das!
15. Hier liegt ein Fall der echten Wahlfeststellung vor. Muss das Gericht noch weitere Voraussetzungen des Instituts der Wahlfeststellung prüfen?
Ja, in der Tat!
16. Der Betrug schützt nach Ansicht des BGH andere Rechtsgüter als der Diebstahl. Spricht dies für die rechtsethische Gleichwertigkeit der beiden Delikte?
Nein!
17. Abwandlung: Im Originalfall wurde O misstrauisch und informierte frühzeitig die Polizei. Bei T und Os Treffen zur Geldübergabe redeten sie bis zum Eingreifen der Polizei über Alltägliches. Liegt unproblematisch eine Versuchsstrafbarkeit vor (§§ 263 Abs. 1, 22, 23 StGB)?
Nein, das ist nicht der Fall!
18. Für die Abgrenzung zwischen Vorbereitung und Versuch ist das Vorstellungsbild des Opfers maßgeblich.
Nein, das trifft nicht zu!
19. Der Versuchstäter muss unmittelbar zur Verwirklichung eines Tatbestandsmerkmals angesetzt haben. Reicht es dafür aus, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum „Jetzt-geht’s-los“ überschritten hat?
Nein!
20. T täuschte O schon im ersten Gespräch, das Geld sollte O aber erst in einem zweiten Treffen übergeben. Reicht die Täuschung im ersten Gespräch unproblematisch für Ts unmittelbares Ansetzen aus?
Nein, das ist nicht der Fall!
21. Wenn wir tatbestandlich von einem Betrug ausgehen, könnte das unmittelbare Ansetzen darin liegen, dass T den O schon dahingehend täuschte, er könne aus den schwarzen Scheinen Geld machen.
Ja, in der Tat!
22. Wenn wir tatbestandlich von einem Diebstahl ausgehen, wäre ein unmittelbares Ansetzen erst dann gegeben, wenn T zur Wegnahme unmittelbar angesetzt hätte. Ist dies hier der Fall?
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Nocebo
6.1.2025, 13:05:38
Ich habe es an anderer Stelle schon einmal kommentiert, aber die "objektive" Komponente des
unmittelbares Ansetzens ist ebenfalls aus Tätersicht zu beurteilen! Ansonsten könnte man bspw. einen untauglichen Versuch gar nicht erklären.

Linne_Karlotta_
7.4.2025, 14:59:53
@[Nocebo](222699) Hallo Nocebo, danke für Deine Anmerkung. Du hast Recht, dass unsere Definition in einigen Fällen zu kurz geraten ist. Wir haben sie in diesem Fall angepasst und werden uns auch die übrigen Fälle nach und nach anschauen. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team

Linne_Karlotta_
21.5.2025, 12:56:31
Hallo @[Nocebo](222699), an dieser Stelle nur einmal kurz das Update, dass wir nun alle Aufgaben entsprechend überarbeitet haben. Sollte Dir auffallen, dass uns hierbei doch etwas durch die Lappen gegangen ist, kommentiere das gerne an der jeweiligen Aufgabe. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team

Susan
7.1.2025, 10:22:06
finde die aufgabe sehr gut, insb die fragen sind super gestellt!!

Linne_Karlotta_
7.1.2025, 16:01:45
Hallo Susan, vielen Dank für dein Lob! Deine positive Rückmeldung motiviert uns, weiterhin unser Bestes zu geben. Beste Grüße, Linne_Karlotta_, für das Jurafuchs-Team

kithorx
7.1.2025, 17:26:10
Eine lehrreiche, aber sehr umfangreiche Einheit. An einigen Stellen haben mich die Sachverhaltseinzelheiten arg verwirrt, die Details hierzu würde ich mir besser dargestellt wünschen. Die Fragen müssen hinsichtlich Rechtschreibung und Grammatik überarbeitet werden, insbesondere ab etwa der Mitte der Einheit.

Linne_Karlotta_
7.1.2025, 18:07:24
Hey @[kithorx](196930), danke für dein Feedback. Es wäre super hilfreich, wenn Du Deine Kritik bezüglich der verwirrenden Sachverhaltsdarstellung noch etwas konkretisierst, damit wir da gezielter nachschärfen können. Die Rechtschreibung überprüfen wir noch einmal. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team
Doli
7.1.2025, 19:12:11
Die Rechtschreibfehler oder Punkte mitten im Satz (und darauffolgend neuer Halbsatz) wollte ich auch bemängeln. Zudem fehlt in der Überschrift die Angabe um welches OLG es sich handelt
Doli
7.1.2025, 19:09:54
Hi, bitte geht doch die Aufgabe noch mal durch. Manchmal haben Wörter falsche Endungen. Bei einer Aufgabe endet ein Satz mit einem Punkt und danach kommt noch ein (wiederholender) Halbsatz…

w.laura.l
31.3.2025, 17:36:50
Ich finde es et
was misslich, weiter hinten im Fall den Fokus so auf den Diebstahl zu legen, obwohl hier ein Betrug vorliegt. Ein Hinweis auf den Diebstahl ist sicher hilfreich, aber bei der Sachverhaltskonstellation sehe ich beim Betrug ganz klar den Schwerpunkt.

Lea Pilone
29.4.2025, 15:25:22
Liebe w.laura.l, danke für deinen Kommentar! Das OLG hat im Originalfall gar nicht geprüft, ob ein Betrug oder ein Diebstahl vorliegt, weil es eine Strafbarkeit des T gänzlich abgelehnt hat. Es hat daher lediglich einen Hinweis gegeben, wann in einer Konstellation wie hier ein Betrug oder ein Diebstahl vorliegt, hat dies jedoch nicht für den Fall entschieden. In unserer Fallbearbeitung haben wir den Sachverhalt so angepasst, dass eines der beiden Delikte eindeutig vorliegt (Betrug), so dass das Delikt klausurmäßig durchgeprüft werden kann. Da wir unsere Fälle jedoch unter allen rechtlich relevanten Aspekten diskutieren wollen und der Fall im Examen gut in einer der beiden Variationen vorkommen könnte, haben wir uns entschlossen, hier beide Delikte ausführlich zu beleuchten. Wir hoffen, du kannst diese Entscheidung etwas besser nachvollziehen. Liebe Grüße Das Jurafuchs-Team
Vanilla Latte
14.4.2025, 05:19:49

Lea Pilone
2.5.2025, 15:59:50
Liebe Vanilla Latte, die Wahl
feststellungund der Versuch betreffen zwei unterschiedliche Problemkreise. - Bei dem Versuch ist der tatbestandliche Erfolg nicht eingetreten und das
Erfolgsunrechtnicht verwirklicht. - Die Wahl
feststellungbetrifft das Problem, dass der **tatsächliche Geschehensablauf** nicht zu 100 % aufklärt werden kann, aber sicher feststeht, dass der Täter alternativ **einen von mehreren alternativ in Betracht kommenden Tatbeständen** verwirklicht hat. Das kommt in der Praxis häufiger vor als in den Klausuren im ersten Examen. In den Klausuren im ersten Examen steht der Sachverhalt fest, in der Praxis lassen sich jedoch oft die (objektiven und subjektiven) Einzelheiten eines Geschehensablaufs nicht vollständig aufklären. Eine Frage nach der Wahl
feststellungwürde sich im ersten Examen z.B. als Zusatzfrage eignen. - Die Problematik der Wahl
feststellungkann sich auch bei einer Versuchsstrafbarkeit stellen (also: liegt ein versuchter Betrug oder ein
versuchter Diebstahlvor?). Hier in dem Fall hat das OLG Hamm eine Versuchsstrafbarkeit bereits abgelehnt, weil kein
unmittelbares Ansetzenvorlag. Hätte der Täter jedoch unmittelbar angesetzt und könnte das Gericht trotzdem nicht aufklären, ob das Opfer nach der Vorstellung des Täters freiwillig über das Bar
geldverfügen sollte, oder ob der Täter durch einen Trick eine
Gewahrsamslockerungerreichen wollte, könnte das Gericht (sofern die weiteren Voraussetzungen für eine Wahl
feststellunggegeben sind) den Täter alternativ wegen versuchten (Trick-)Diebstahl oder wegen versuchten (Sach-)Betrug verurteilen. - Wahl
feststellungund Versuch betreffen also zwei unterschiedliche Probleme, insofern prüft mann, wenn eine Wahl
feststellungbei einem vollendeten Delikt nicht in Betracht kommt, nicht noch einen Versuch. Ich hoffe, ich konnte deine Frage beantworten, sonst melde dich gerne noch mal. Viele Grüße Lea für das Jurafuchs-Team