Strafrecht
Examensrelevante Rechtsprechung SR
Klassiker im Strafrecht
Der Pfeffertütenfall: Unmittelbares Ansetzen schon beim Auflauern?
Der Pfeffertütenfall: Unmittelbares Ansetzen schon beim Auflauern?
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T will den Geldboten O ausrauben. T weiß, dass O die Bahn nutzt, und wartet an der Haltestelle. Immer wenn eine Bahn kommt, lässt T den Motor anlaufen, um sofort fliehen zu können. T hat eine Tüte Pfeffer dabei, die er O ins Gesicht streuen will, um O dann den Geldkoffer zu entreißen. Nach der fünften Bahn merkt T, dass er O verpasst hat.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
In diesem Klassiker beschäftigt sich der BGH mit dem unmittelbaren Ansetzen beim Auflauern. Haben die Täter alle Schritte unternommen, die in ihrer Kontrolle lagen, um den geplanten Angriff durchzuführen, liegt ein unmittelbares Ansetzen auch dann vor, wenn das Opfer nicht erscheint und der Täter umsonst aufgelauert an.
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ist der Versuch eines Raubes/einer räuberischen Erpressung (§ 249 Abs. 1 StGB/ §§ 253, 255 StGB) strafbar?
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Hat T "Tatentschluss" bezüglich eines Raubes?
Ja, in der Tat!
3. Hat der BGH 1951 geurteilt, dass T durch das Auflauern am Bahnhof "unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt"?
Ja!
4. Führt ein Auflauern immer zu einem unmittelbaren Ansetzen?
Nein, das ist nicht der Fall!
5. Hat der BGH damals den Rücktritt (§ 24 StGB) bejaht, da der Täter nach Hause gefahren ist?
Nein, das trifft nicht zu!
Prüfungsschema
Wie prüfst Du die Strafbarkeit wegen Raubes (§ 249 StGB)?
- Tatbestandsmäßigkeit
- Objektiver Tatbestand
- Wegnahme einer fremden beweglichen Sache
- Qualifiziertes Nötigungsmittel (Gewalt gegen Person oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib/Leben)
- Zusammenhang zwischen Nötigungsmittel und Wegnahme (Finalzusammenhang, subj. und zeitlicher und örtlicher Zusammenhang, obj.)
- Subjektiver Tatbestand
- Vorsatz
- Zueignungsabsicht
- Objektive Rechtswidrigkeit der erstrebten Zueignung und entsprechender Vorsatz
- Objektiver Tatbestand
- Rechtswidrigkeit
- Schuld
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Florian
13.9.2024, 16:53:56
Würde sich heute eine andere Beurteilung ergeben? Ich finde, dass die Formulierungen "der BGH hat damals entschieden" dies sehr suggerieren. Andernfalls fände ich sie verwirrend. Danke für eure Antwort! :)
Florian
8.10.2024, 21:26:34
Anything new?
Blackiel
12.10.2024, 14:02:42
In den Begründungen unter der Aufgabe steht, dass der BGH damals unter Bezugnahme des § 22 StGB a.F. entschied. Damals gab es den Zusatz des "unmittelbaren" ansetzen noch nicht. Weder der BGH noch die h.L bestreiten die Voraussetzung des "unmittelbaren" Ansetzen aufgrund des heutigen eindeutigen Wortlautes der Norm. Über die Definition des unmittelbaren Ansetzen (Überschreitung der subjektiven Schwelle zum "Jetzt-gehts-los" und objektiv dürfen keine wesentlichen Zwischenakte nötig sein) herrscht auch Einigkeit. Lediglich die Auslegung im Einzelfall ist oftmals streitig. Da im vorliegenden Fall, der T dem O noch den Koffer mittels der Pfeffertüte entreißen hätte müssen, sind unstreitig noch wesentliche Zwischenakte nötig, weshalb heute der BGH mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den versuchten Raub verneinen würde. Vielmehr handelt es sich bloß um (noch) straflose Vorbereitungshandlungen.